Liebe Leserin, liebe Leser,
gleichzeitig stehen diese Länder auch im wirtschaftlichen Vergleich recht gut da. Es könnte daher die Vermutung aufkommen, wirtschaftlicher Erfolg sei eine Voraussetzung für erfolgreiche Gleichstellung.
Dem stehen aber wissenschaftliche Untersuchungen zur geschichtlichen Entwicklung der gesellschaftlichen Stellung der Frau aus neuster Zeit entgegen. Denn es kam nicht erst das eine – wirtschaftlicher Erfolg – und dann das andere – Gleichstellung –, sondern wirtschaftlicher Erfolg und Gleichstellung von Frauen mit Männern haben sich in den skandinavischen Ländern gegenseitig bedingt und gefördert. Dabei wurden die Grundlagen dazu schon sehr früh gelegt, d.h. zur Zeit der Wikinger/innen und im Mittelalter (siehe auch GiP 2/2020 S. 5 f.).
Die Quellen über die gesellschaftliche Stellung der Wikingerfrauen sind zwar rar, aber Untersuchungen insbesondere an den Zähnen haben ergeben, dass weibliche Skelette weniger oder gar keine Schäden durch Mangelernährung gegenüber den männlichen aufweisen als im übrigen Europa dieser Zeit. Daraus folgert die Wissenschaft, dass Wikingerfrauen den gleichen Zugang zu Nahrung und Pflege hatten wie Männer. Das lag vermutlich daran, dass sie einen gleichwertigen Beitrag zum Familienunterhalt leisteten und damit genauso angesehen waren wie Männer.
Obwohl für die Wissenschaft und Forschung hierzu noch vieles im Dunklen liegt, hat sich letztlich die Erkenntnis herausgebildet, dass Frauen für Viehzucht zuständig waren und Männer für Ackerbau. Beides hatte den gleichen Nutzen und wirtschaftlichen Wert und genoss daher das gleiche Ansehen. Diese den körperlichen Unterschieden geschuldete Verteilung der Aufgaben setzte sich auch in anderen Bereichen wie Schmiede- und Webarbeiten fort, ohne dass höheres oder geringeres Ansehen damit verbunden war.
Frauen hatten dadurch schon sehr früh eine relativ günstige soziale Stellung und konnten sich entsprechen entwickeln. Diese Stellung, die sie aus dem europäischen Vergleich heraushob, konnten die skandinavischen Frauen bis zur Industrialisierung und darüber hinaus bewahren. Das Ergebnis sehen wir in diesen Ländern bis heute. Gleichstellung und wirtschaftliche Entwicklung sind eine erfolgreiche Symbiose eingegangen.
Für uns ist die Erkenntnis wichtig, dass nicht eine gute wirtschaftliche Lage zu einer erfolgreichen Gleichstellungskultur geführt hat, sondern sich beide zum gemeinsamen Erfolg verbündet haben. Diese Erkenntnis finden wir auch bestätigt, wenn wir die gegenwärtige Wirtschaftsentwicklung von Ländern mit unterschiedlicher Gleichstellungskultur miteinander vergleichen. Ja, es trifft sogar auf einzelne Unternehmen zu. Letztlich führt Gleichstellung nicht nur dazu, dass es Frauen besser geht, sondern dass es allen besser geht.
Noch einmal an alle Männer: Vor Gleichberechtigung und Gleichstellung müssen Sie keine Angst haben. Seien Sie einfach harte Wikingerkerle mit starken Frauen an Ihrer Seite!
Mit dieser Aufmunterung verabschiede ich mich in eine längere Sommerpause. Wir lesen uns hier wieder am 31. August.
Bis dahin wünsche ich Ihnen eine gute, Corona-freie Zeit und einen schönen Sommer, vermutlich eher zu Hause oder in deutschen Landen als auf großen Reisen. Bleiben Sie gesund, gleichstellungsorientiert und Wikinger/innen-stark!
Ich grüße Sie herzlich
Ihre Kristin Rose-Möhring
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