Sachverhalt:
Die Vereinigung „foodwatch″ hat zu Beginn 2019 zusammen mit der Vereinigung „fragdenstaat“ das Projekt „Topf Secret“ ins Leben gerufen.
Website: https://www.foodwatch.org/de/informieren/topf-secret/
Auf dieser Website lassen sich über eine sehr einfach gestaltete Maske zu nahezu sämtlichen lebensmittelerzeugenden Betrieben und Gaststätten in der BRD Kontrollberichte der Lebensmittel-Überwachungsbehörden – mithin insbesondere Landratsämter und kreisfreie Gemeinden – anfordern. Insbesondere ermittelt die Website die zuständige Behörde selbst. Nach immenser deutschlandweiter medialer Aufmerksamkeit sowohl durch Printmedien als auch TV sind binnen kürzester Zeit enorm viele solche Anfragen bei den Behörden eingegangen. Umgangssprachlich ausgedrückt: Jeder Bürger wollte eben mal unkompliziert wissen, wie sein Lieblingsrestaurant, sein Lieblingsmetzger oder auch die Konkurrenz im Rahmen der Lebensmittelüberwachung abschneidet.
Rechtliches und Problemaufwurf:
Neben der teilweisen Überlastung der Behörden durch die vielen Anfragen haben sich folgende rechtliche Probleme gestellt: Rechtsgrundlage ist das VIG. Das VIG ist relativ kurz formuliert und erlaubt – vereinfacht ausgedrückt – recht großzügig, solche Kontrollberichte der Behörden ohne größere Einschränkungen abzufragen. Die praktischen Fragen, die sich dadurch den Behörden stellen, sind vielseitig und vielschichtig, insbesondere existierten datenschutzrechtliche Verbindungen.
Eine kleine Auswahl: Manche Anträge sind anonym: Dürfen diese bearbeitet werden? Was ist, wenn es den angefragten Betrieb nicht mehr gibt oder ein Betriebswechsel stattfand? Was ist ein „Kontrollbericht″ im Sinne des VIG? Wirkliche jede Kleinigkeit? Der angefragte Betrieb darf grundsätzlich den Namen des Anfragenden erfahren: Wie verhält sich dies zum Widerspruchsrecht im Sinne des Art. 21 DSGVO? Dürfen personenbezogene Daten in Kontrollberichten geschwärzt werden? Ob und ggf. wie wirkt sich der Umstand, dass die Website herausgegebene Kontrollberichte im Internet veröffentlicht, rechtlich auf den Informationsanspruch aus?
Aktuell: Gerichtlicher Rechtsschutz
Die ersten Entscheidungen (Beschlüsse) in den Eilverfahren gegen den Verwaltungsakt, der eine Bejahung der Veröffentlichung zum Inhalt hatte, erließen die Verwaltungsgerichte Würzburg und Regensburg. Nahezu immer wurde die aufschiebende Wirkung angeordnet, das heißt, die Betriebe obsiegten. Begründung war insbesondere, dass mit der Veröffentlichung ein großer Rechtseingriff erfolgt, sodass ein Hauptsacheverfahren abzuwarten sei. Relevant war auch die Frage, ob die Anfragen vorliegend rechtsmissbräuchlich sind, weil man damit den § 40 Abs. 1a des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs (LFGB) umgeht, der eine Information der Öffentlichkeit über lebensmittelrechtliche Missstände nur unter wesentlich strengeren Voraussetzungen erlaubt als das VIG.
Zuletzt hat nun das Verwaltungsgericht Ansbach im Juni 2019 durch Urteil in der Hauptsache eine Veröffentlichung untersagt. Spannend macht es nun das Verwaltungsgericht München, das Eilanträge gegen Veröffentlichungen mit Beschluss vom 8. Juli 2019 abgelehnt hat und damit der Verbraucherinformation den Vorrang einräumt.
Damit bestehen divergierende Ansichten der Bayerischen Verwaltungsgerichte.
Eine Entscheidung des VGH München – sei es in einem Beschwerdeverfahren oder in einer Hauptsache – steht aus.
Dr. Timm Waldmann, Regensburg
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