Arbeitgeber und Beschäftigte haben nun bis zum 15.3.2022 Zeit, sich auf die neue Lage einzustellen. Diesen Vorlauf brauchen sie aber auch, denn die neuen Vorgaben haben es in sich. Wir geben erste Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Die einrichtungsbezogene Impflicht gegen COVID-19 gilt für Personen, die in
tätig sind. Sie knüpft dabei nicht an ein „Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis“, sondern an die „Tätigkeit“ in den Einrichtungen an.
Das bedeutet, dass sie nicht nur Beschäftigte oder Auszubildende des Einrichtungsbetreibers, sondern auch zahlreiche Dritte betrifft.
Der betroffene Personenkreis ist vom Gesetzgeber überraschend weit gefasst. Für die Auslegung, wer alles darunterfällt, sind die Erläuterungen in der Begründung des Gesetzesentwurfes vom 6.12.2021 (Bundestags-Drucksache 20/188, S. 38) wichtig:
„Erfasst werden nicht nur zeitlich ganz vorübergehend (nicht nur jeweils wenige Minuten, sondern über einen längeren Zeitraum) in den Einrichtungen und Unternehmen tätige Personen. Die Art der Beschäftigung (Arbeitsvertrag, Leiharbeitsverhältnis, Praktikum, Beamtenverhältnis etc.) ist ohne Bedeutung. Bei den erfassten Personen handelt es sich beispielsweise um medizinisches bzw. Pflege- und Betreuungspersonal einschließlich zusätzlicher Betreuungskräfte nach § 53b SGB XI, aber auch andere dort tätige Personen wie zum Beispiel Hausmeister oder Transport-, Küchen- oder Reinigungspersonal. Erfasst sind auch Auszubildende, Personen, welche ihren Freiwilligendienst (nach dem BFDG oder JFDG) ableisten, ehrenamtlich Tätige, Praktikanten sowie Zeitarbeitskräfte.“
Durch die Einbeziehung Dritter ergeben sich für die Einrichtungsbetreiber erhebliche Herausforderungen. Identifiziert werden muss eine Vielzahl von Personen. So ist z.B. bei allen Mitarbeitern externer Dienstleister, die Aufgaben in der Einrichtung wahrnehmen, zu prüfen, ob für sie die Impfpflicht gilt. Wenn dies der Fall ist, muss die Administration der Impfpflicht auch diesen Personen gegenüber sichergestellt werden. Auch muss der Einrichtungs- oder Unternehmensleitung ein Wechsel dieser Personen spätestens ab dem 16.3.2022 vorab gemeldet werden.
Personen, die in den fraglichen Einrichtungen tätig sind, müssen der Leitung der Einrichtung oder des Unternehmens bis zum 15.3.2022 einen der folgenden Nachweise vorlegen (§ 20a Abs. 2 S. 1 IfSG):
Ein Impfnachweis i.S.v. § 2 Nr. 3 SchAunahmV bescheinigt, dass eine „vollständige Schutzimpfung“ vorliegt. Welche Impfstoffe und wie viele Impfdosen dafür erforderlich sind, bestimmt sich nach den jeweiligen Angaben des Paul-Ehrlich-Instituts im Internet unter der Adresse www.pei.de/impfstoffe/covid-19. Danach gelten derzeit auch diejenigen als „vollständig geimpft“, welche die von der STIKO empfohlene Auffrischungsimpfung (sog. Booster-Impfung) noch nicht erhalten haben (Stand: 13.12.2021). Dies wird sich künftig voraussichtlich ändern. Näheres ist allerdings noch nicht bekannt. Für den Status „geimpft“ müssen seit der letzten erforderlichen Einzeldosis mindestens 14 Tage vergangen sein.
Ein Genesenennachweis i.S.v. § 2 Nr. 5 SchAunahmV dokumentiert, dass eine mittels eines PCR-Tests nachgewiesene Infektion mit dem Coronavirus vorgelegen hat. Es genügt das Testergebnis, das von einem Labor, Arzt, Testzentrum oder sonstigen Leistungserbringer ausgefertigt wurde und den Namen der getesteten Person sowie das Datum, die Methode und das Ergebnis des Tests enthält. Für den Status „genesen“ muss der letzte positive PCR-Test mindestens 28 Tage und maximal 6 Monate zurückliegen.
Zum ärztlichen Zeugnis über eine medizinische Kontraindikation wurden bisher keine näheren Regelungen getroffen. Der Grund für die Kontraindikation ist nicht anzugeben.
Personen, die heute „vollständig geimpft“ sind, müssen den Impfnachweis jetzt, spätestens aber bis zum Stichtag 15.3.2022 der Einrichtungs- oder Unternehmensleitung vorlegen (§ 20a Abs. 2 S. 1 IfSG).
Personen, die heute ungeimpft sind, sind vom Gesetzgeber aufgefordert, sich impfen zu lassen, sofern keine medizinische Kontraindikation gegeben ist. Um den Stichtag 15.3.2022 einzuhalten, ist bei den derzeit zugelassenen Impfstoffen mit einem Vorlauf von mindestens 5 bis 8 Wochen zu rechnen (3 bis 6 Wochen Abstand zwischen den Einzeldosen, 2 Wochen Abstand nach der letzten Dosis).
Wenn Personen die geforderten Nachweise bis zum Stichtag 15.3.2022 nicht vorlegen, hat die Einrichtungs- oder Unternehmensleitung das Gesundheitsamt darüber zu benachrichtigen (§ 20a Abs. 2 S. 2 IfSG). Ein automatisches gesetzliches Beschäftigungs- bzw. Tätigkeitsverbot ist nicht vorgesehen. Das Gesundheitsamt kann dieses jedoch anordnen.
Das Vorgehen dafür dürfte in der Regel wie folgt sein: Nach der Information durch die Einrichtungs- oder Unternehmensleitung fordert das Gesundheitsamt die betreffende Person auf, einen Impfnachweis, einen Genesenennachweis oder ein ärztliches Zeugnis über eine medizinische Kontraindikation binnen einer bestimmten Frist vorzulegen (§ 20a Abs. 5 S. 1 IfSG). Kommt die Person dem nicht nach, kann das Gesundheitsamt ein Tätigkeitsverbot aussprechen (§ 20a Abs. 5 S. 3 IfSG).
Im Fall eines solchen angeordneten Beschäftigungs- bzw. Tätigkeitsverbot sind die arbeitsrechtlichen Folgen nach den allgemeinen Regeln zu bestimmen. Ist aufgrund eines Beschäftigungs- bzw. Tätigkeitsverbots die Erbringung der Arbeitsleistung nicht möglich, verlieren Arbeitnehmer ihren Entgeltanspruch. Ob auch eine Kündigung des Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses möglich wäre, ist eine Frage des Einzelfalls. Da es hierzu im IfSG keine spezielle Regelung gibt, gelten auch insoweit die allgemeinen Grundsätze.
Personen, die ihre Tätigkeit ab dem 16.3.2022 aufnehmen, dürfen nur beschäftigt bzw. tätig werden, wenn sie die geforderten Nachweise vorlegen. Andernfalls gilt für sie ein automatisches gesetzliches Beschäftigungs- bzw. Tätigkeitsverbot (§ 20a Abs. 3 S. 1, 4 und 5 IfSG).
Auch in diesem Fall regelt das IfSG nicht die arbeitsrechtlichen Folgen des Beschäftigungs- bzw. Tätigkeitsverbots. Diese sind wiederum nach den allgemeinen Grundsätzen zu bestimmen.
Verliert ein Impfnachweis, ein Genesenennachweis oder ein ärztliches Zeugnis über eine medizinische Kontraindikation ab dem 16.3.2022 durch Zeitablauf seine Gültigkeit, müssen Personen, für welche die Impf- und Nachweispflicht gilt, der Einrichtungs- bzw. Unternehmensleitung innerhalb eines Monats einen neuen Nachweis vorlegen.
Die geforderten Nachweise müssen von der Einrichtungs- oder Unternehmensleitung kontrolliert werden, es sei denn, dass die oberste Landesgesundheitsbehörde etwas anderes bestimmt (§ 20a Abs. 2 IfSG).
Sie hat unverzüglich das Gesundheitsamt zu benachrichtigen und die Daten der betreffenden Personen zu übermitteln (§ 20a Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 S. 2 IfSG).
Die Nichterfüllung folgender Pflichten stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldbuße bis zu 2.500 € geahndet werden kann:
Was sollten die nächsten Schritte für die Betreiber von Einrichtungen und Unternehmen sein? Im Mittelpunkt sollten jetzt drei Aufgaben stehen: (1) Die Erfassung aller unter die Impfpflicht fallenden Personen, (2) die umfassende Information der eigenen Beschäftigten und Auszubildenden sowie der der Geschäftspartner, (3) die Vorbereitung der Administration der Nachweise und etwaiger Meldungen an das Gesundheitsamt.
Hendrik Hase, Rechtsanwalt
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