Tarifeinigung in der Tarifrunde für den öffentlichen Dienst 2023 - Einigung vom 22.4.2023, Erklärungsfrist läuft bis 17.5.2023

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Die Tarifvertragsparteien (Bund/VKA und ver.di/dbb beamtenbund und tarifunion) haben am 22.4.2023 eine Einigung erzielt. Die Tabellenentgelte sollen zum 1.3.2024 erhöht werden. Zudem wurden Inflationsausgleichszahlungen von insgesamt 3.000 Euro vereinbart. Der Beitrag gibt einen ersten Überblick über die Einigung.

Forderungen der Gewerkschaften

Am 11.10.2022 haben die Gewerkschaften ihre Forderungen für die Tarifrunde für die mehr als 2,6 Millionen Beschäftigten von Bund und Kommunen bekannt gegeben. Das Forderungspaket legte den Fokus vor dem Hintergrund der gestiegenen Verbraucherpreise auf die Erhöhung der Entgelte. Das Kernelement war die Forderung nach einer Mindesterhöhung der Tabellenentgelte um 500 Euro. Dieser Mindestbetrag hätte bis in die Entgeltgruppe 14 gewirkt und die Entgelttabelle durch die einheitliche und nicht linear wirkende Erhöhung bis in diesen Bereich hinein gestaucht. Die Forderung nach einer Erhöhung der Entgelte um 10,5 Prozent hätte neben dem Mindestbetrag nur für einen kleineren Teil der Tabellenentgelte gesondert gewirkt (in den Entgeltgruppen 10 und 11 ab Stufe 5, über alle Stufen hinweg erst in der Entgeltgruppe 15). Gerade hinsichtlich der Mindestbetragsforderung lagen die Tarifvertragsparteien deutlich auseinander.

Schlichtungsverfahren

Die Gewerkschaften erklärten am Ende der dritten Verhandlungsrunde das Scheitern der Verhandlungen, obwohl sich die Arbeitgeberseite letztlich die Vereinbarung eines Mindestbetrags vorstellen konnte1. Die Arbeitgeberseite rief als Reaktion auf das Scheitern der Verhandlungen die Schlichtung an. Das Schlichtungsverfahren führte am 14.4.2023 zu einer mehrheitlich getroffenen Einigungsempfehlung, deren Hauptbestandteil die Empfehlung war, einen Inflationsausgleich von insgesamt 3.000 Euro zu vereinbaren, sowie Entgelterhöhungen ab dem 1.3.2024 um einen Sockel von 200 Euro und die lineare Erhöhung der um diesen Sockel erhöhten Tabellenentgelte um 5,5 Prozent.

Einigung vom 22.4.2023

Die Tarifverhandlungen konnten in der vierten Verhandlungsrunde am 22.4.2023 abgeschlossen werden. Die Einigung zwischen Bund und der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) auf der einen und ver.di und dbb beamtenbund und tarifunion auf der anderen Seite orientiert sich stark an der Einigungsempfehlung der Schlichtungskommission. So blieben die Regelungen zum Inflationsausgleich und zur Änderung der Tabellenentgelte unverändert. Ab dem 1.3.2024 werden die Tabellenentgelte um 200 Euro und anschließend um 5,5 Prozent erhöht. Soweit bei dieser Erhöhung (Sockel plus linear) nicht der Betrag von 340 Euro erreicht wird, soll der betreffende Erhöhungsbetrag gleichwohl 340 Euro betragen. Durch diese Entgelterhöhung steigen die Tabellenentgelte der Anlage A zum TVöD um zwischen 8,45 Prozent (Entgeltgruppe 15, Stufe 6) und 16,87 Prozent (Entgeltgruppe 1, Stufe 2). Die Ausbildungsentgelte nach dem TVAöD, die Praktikantenentgelte nach dem TVPöD sowie die Studienentgelte nach dem TVSöD und TVHöD werden ab 1.3.2024 um einheitlich 150 Euro erhöht.

Für Krankenhäuser, Pflege- und Betreuungseinrichtungen wird die bereits in § 17 Absatz 4.1 TVöD-K existierende Regelung zur Stufenvorweggewährung weiterentwickelt. Durch den Wortlaut der Norm wird zukünftig deutlich, dass die Stufenvorweggewährung und die Gewährung eines höheren Entgelts sowohl für einzelne Beschäftigte als auch für Gruppen von Beschäftigten möglich sind. Die Regelung des § 17 Absatz 4.1 Satz 2 TVöD-K, durch die Beschäftigten in der Endstufe ein um bis zu 20 Prozent der Stufe 2 ihrer jeweiligen Entgeltgruppe höheres Entgelt gezahlt werden kann, soll nun auch für Beschäftigte in der Stufe 5 gelten. Die so angepasste Regelung soll auf den § 17 TVöD-B, also den Bereich der Pflege- und Betreuungseinrichtungen, übertragen werden. Für den Bereich der Krankenhäuser und Pflege- und Betreuungseinrichtungen soll eine Öffnungsklausel eingeführt werden, auf deren Basis durch Betriebs- oder Dienstvereinbarung Zulagen bzw. Zuschläge zum Beispiel für Dienste zu ungünstigen Zeiten gewährt werden können. Für den Krankenhausbereich wurden zudem zwei Verhandlungszusagen gemacht. So werden die Tarifvertragsparteien nach Abschluss der Tarifrunde 2023 Tarifverhandlungen zur Regelung der Praxisanleitung und zur Ausbildung von Kranken- und Altenpflegehelferinnen und -helfern aufnehmen. In einer dritten Verhandlungszusage wurde vereinbart, dass nach Abschluss der Tarifrunde 2023 für die Beschäftigten im Rettungsdienst Tarifverhandlungen hinsichtlich der Maximalsumme von Vollarbeits- und Bereitschaftszeit (aktuell: 48 Stunden) sowie hinsichtlich der täglichen Höchstarbeitszeit (aktuell: 12 Stunden) aufgenommen werden. Bei der täglichen Höchstarbeitszeit fordert die VKA hier die Ermöglichung von 24-Stunden-Schichten, die insbesondere bei der Tätigkeit in weniger frequentierten Wachen attraktiv ist. Das Arbeitgeberangebot vom 23.2.2023 enthielt Regelungen für den Bereich der Sparkassen und für den Bereich der Versorgungsbetriebe. Die insgesamt drei Regelungen für diese beiden Bereiche waren nicht Bestandteil der Einigungsempfehlung und fanden auch nicht Eingang in die Tarifeinigung vom 22.4.2023. Schließlich wurde über die Einigungsempfehlung der Schlichter hinausgehend die Regelung zur befristeten Übernahme von Auszubildenden gemäß § 16a TVAöD bis zum 31.12.2024 verlängert. Nicht verlängert wurden jedoch die Regelungen zur Altersteilzeit gemäß dem Tarifvertrag zur Regelung flexibler Arbeitszeiten für ältere Beschäftigte (gültig für den Bund) und dem Tarifvertrag zu flexiblen Arbeitszeitregelungen für ältere Beschäftigte (TV FlexAZ, gültig für den Bereich der VKA). Die genannten Tarifverträge gelten nur noch für Beschäftigte, die bis zum 31.12.2022 die jeweiligen tariflichen Voraussetzungen erfüllten und deren Altersteilzeitarbeitsverhältnis oder deren flexible Altersarbeitszeit vor dem 1.1.2023 begonnen haben.

Die Tarifeinigung hat eine Mindestlaufzeit von 24 Monaten, vom 1.1.2023 bis mindestens zum 31.12.2024.

Die Erklärungsfrist lief bis zum 17.5.2023. Die Bundestarifkommissionen der Gewerkschaften haben dem Tarifergebnis zugestimmt. Im Anschluss starteten so genannten Redaktionsverhandlungen, in denen die Änderungstarifverträge und Änderungsvereinbarungen erarbeitet werden. Erfahrungsgemäß wird dies mehrere Monate in Anspruch nehmen.

Am 22.4.2023 wurde bereits der „Tarifvertrag über Sonderzahlungen zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise (TV Inflationsausgleich) vom 22.4.2023“ abgeschlossen. Dieser Tarifvertrag trat mit Wirkung vom 18. Mai 2023 in Kraft, da die Tarifeinigung zwischen den Tarifvertragsparteien vom 22.4.2023 bis zum Ablauf des 17.5.2023 von keiner Tarifvertragspartei widerrufen wurde. Zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise soll mit dem Entgelt für den Monat Juni 2023 eine Sonderzahlung in Höhe von 1.240,00 Euro erfolgen. In den Monaten Juli 2023 bis Februar 2024 erfolgen monatliche Sonderzahlungen in Höhe von jeweils 220 Euro. Mit dieser Kombination aus Einmalbetrag und monatlichen Zahlungen wird der sich aus § 3 Nr. 11c EStG ergebende Rahmen von 3.000 Euro, die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise gewährt werden und dann steuerfrei sind, vollständig ausgenutzt.

 

Der Autor Dr. Wolfgang Spree ist Geschäftsführer der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA), die die wesentlichen Tarifverträge für den kommunalen Bereich verantwortet. Er ist unmittelbar an den Tarifrunden des öffentlichen Dienstes maßgeblich beteiligt. Er gestaltet die großen Tarifrunden in Verhandlungsgemeinschaft mit dem Bund mit; ebenso die eigenständigen Verhandlungen der VKA, z.B. im Sozial- und Erziehungsdienst, für die Krankenhäuser und Versorgungsbetriebe.


1 Pressemitteilung der VKA vom 30. März 2023 (Quelle: https://www.vka.de/pressemitteilungen/2023-03-30-tarifverhandlungen-fuer-den-oeffentlichen-dienst-gescheitert-1923, zuletzt abgerufen am 23. April 2023).

 

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