Arbeitsrechtlich stellen sich hier folgende Fragen:
In welchem Verhältnis stehen sich überschneidende Urlaubswünsche mehrerer Mitarbeiter zueinander?
Nach welchen Kriterien muss sich der Arbeitgeber zwischen ihnen entscheiden?
Hat der Betriebs- oder Personalrat dabei mitzubestimmen?
Die Urlaubswünsche der Mitarbeiter sind zunächst gleichrangig.
Kann sie der Arbeitgeber aus betrieblichen Gründen nicht zur selben Zeit befriedigen, gibt ihm § 7 Abs. 1 S. 1 BUrlG die Möglichkeit, auszuwählen und die Erfüllung eines Urlaubswunsches zu verweigern, wenn ein anderer „unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdient“.
§ 7 Abs. 1 S. 1 BUrlG verschafft dem Arbeitgeber damit ein sog. Leistungsverweigerungsrecht. Ist streitig, ob es eingreift, hat der Arbeitgeber dessen Voraussetzungen darzulegen und zu beweisen. Er muss dann also vortragen, dass mehrere Urlaubswünsche für dieselbe Zeit angemeldet wurden, aus betrieblichen Gründen nicht alle befriedigt werden können und einzelne sozial vorrangig sind.
Der Begriff der „sozialen Kriterien“ i. S. d. § 7 Abs. 1 S. 1 BUrlG ist weit zu verstehen. Letztlich ist stets eine Einzelfallentscheidung zu treffen.
Im ersten Schritt sind die sozialen Gesichtspunkte zu identifizieren, die bei den konkreten Beschäftigten, eine Rolle spielen. Im zweiten Schritt müssen diese gegeneinander abgewogen werden. Der Arbeitgeber hat bei beiden Schritten einen erheblichen Spielraum.
Die Handhabung in der Personalpraxis ist nicht einheitlich. Manche Arbeitgeber versuchen, viele Umstände zu berücksichtigen, andere beschränken sich auf wenige anerkannte Fallgestaltungen. Zu letzteren gehören:
Mitarbeiter mit betreuungsbedürftigen Kindern, dieein hohes Interesse daran haben, ihren Urlaub während der Schulferien zu nehmen.
Mitarbeiter, die gerade von einer schweren Krankheit genesen sind oder dienstlich besonders in Anspruch genommen wurden und anschließend ein besonderes Erholungsbedürfnis haben können.
Mitarbeiter, die bisher stets mit Rücksicht auf andere zu besonders gefragten Urlaubszeiten arbeiten mussten (z. B. zwischen Weihnachten und Silvester) unddaher verlangen können, dies einmal anders zu handhaben.
Weitere Beispiele finden sich bei Breier/Dassau, § 26 TVöD Rz 543 ff. Zur – seltenen – gerichtlichen Durchsetzung von Urlaubsansprüchen Jansen/Nachtwey in Sponer/Steinherr, § 26 TVöD Rz 91 ff.
Sollen in der Dienststelle oder im Betrieb generelle Regeln zum Umgang mit kollidierenden Urlaubswünschen geschaffen werden, handelt es sich um die Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze, bei denen der Personal- oder Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG bzw. § 80 Abs. 1 Nr. 6 BPersVG sowie den entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften ein Mitbestimmungsrecht hat.
Konflikte um den Urlaub zu bestimmten Zeiten lassen sich bis zu einem gewissen Maße dadurch reduzieren, dass der Arbeitgeber die Abstimmung an die Beschäftigten delegiert, damit diese die Fragen „unter Kollegen“ klären und ggf. Kompromisse finden können.
Dieser Weg funktioniert allerdings nicht immer. Für den Fall sollten Arbeitgeber – wie es das Bundesurlaubsgesetz vorgibt – nach sozialen Kriterien entscheiden und dabei aber auch die Belange derjenigen Mitarbeiter im Auge haben, deren Urlaubswünsche hiernach zurücktreten müssen.
Aus der „undankbaren Rolle“ als Entscheider beim mitunter sensiblen Urlaubsthema hilft ihnen nur Transparenz und Fingerspitzengefühl.
Hendrik Hase, Rechtsanwalt
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