„Um Kettenbefristungen zu vermeiden, begrenzen wir mit Sachgrund befristete Arbeitsverträge beim selben Arbeitgeber auf sechs Jahre. Nur in eng begrenzten Ausnahmen ist ein Überschreiten dieser Höchstdauer möglich.“ (S. 70)
Eines der politischen Vorhaben im Arbeitsrecht ist die Beschränkung der Möglichkeit von sog. Kettenbefristungen, also des Aneinanderreihens von befristeten Arbeitsverträgen mit Sachgrund. Im Koalitionsvertrag sind dazu zwei Eckpunkte vereinbart, nämlich zum einen die Einführung einer Höchstdauer von sechs Jahren und zum anderen die Schaffung einer eng begrenzten Ausnahme für die Überschreitung dieser Höchstdauer. Die Details müssen noch innerhalb der Koalition verhandelt werden. Einen Gesetzesentwurf des BMAS gibt es bisher nicht, auch ein Zeitplan zur Umsetzung ist noch nicht veröffentlicht. Es dürfte jedoch sicher sein, dass die geplante Beschränkung kommt – genauso wie die ebenfalls im Koalitionsvertrag vereinbarte Anhebung des gesetzlichen Mindestlohnes auf 12 Euro, die ab 1. Oktober 2022 in Kraft treten soll.
Derzeit gilt es noch die Rechtsprechung zur Zulässigkeit von sog. Kettenbefristungen zu beachten, welche die Grenzen deutlich weiter zieht, als die Ampel-Koalition plant.
Das BAG geht davon aus, dass sog. Kettenbefristungen ab einer bestimmten Gesamtdauer oder einer bestimmten Anzahl rechtsmissbräuchlich sein können. Es orientiert sich dabei an folgenden Schwellenwerten:
Hier ist im Streitfall vor dem Arbeitsgericht noch keine Missbrauchskontrolle durchzuführen:
Fall 1: Die Gesamtdauer der Befristungen beträgt nicht mehr als 8 Jahre.
Fall 2: Die Gesamtzahl der Befristungen beträgt nicht mehr als 12.
Fall 3: Die Gesamtdauer der Befristungen beträgt nicht mehr 6 Jahre und die Gesamtzahl der Befristungen beträgt nicht mehr als 9.
Hier findet im Streitfall vor dem Arbeitsgericht eine Missbrauchskontrolle statt:
Es ist dabei am Beschäftigten, im Prozess Umstände vorzutragen, die für eine rechtsmissbräuchliche Nutzung der Sachgrundbefristung durch den Arbeitgeber sprechen.
Hier ist ein Rechtsmissbrauch indiziert:
Der Arbeitgeber muss besondere Umstände vortragen, die gegen eine rechtsmissbräuchliche Nutzung der Sachgrundbefristung sprechen.
Bei diesen Schwellenwerten werden jeweils nur Befristungen berücksichtigt, die nicht länger als zwei Jahre auseinander liegen.
Die Rechtsprechung zu sog. Kettenbefristungen ist ausführlich kommentiert von Martens in Sponer/Steinherr, § 14 TzBfG Rz 71.
Laut einer aktuellen Antwort der Bundesregierung auf die kleine Anfrage einer Abgeordneten sind Befristungen gerade bei Neueinstellungen sehr verbreitet. Danach wurden im Jahr 2020 40,3 % der Neueinstellungen befristet vorgenommen (Bundestags-Drucks. 20/1097, S. 55).
Die künftige gesetzliche Regelung zu sog. Kettenbefristungen wird die Möglichkeiten von Arbeitgebern im Vergleich zur derzeitigen Rechtslage deutlich einschränken.
Möglich bleiben werden Befristungen bis zu einer Höchstdauer von sechs Jahren.
Die Details der neuen Regelungen sind abzuwarten.
Arbeitgeber, die mit mehrfachen Befristungen arbeiten, sollten die Entwicklung im Auge behalten.
Hendrik Hase,
Rechtsanwalt
Gerne können Sie auch unser Kontaktformular benutzen und wir melden uns bei Ihnen.
Kontaktformular