I. Sonderverhandlungen zu den SuE-Regelungen
Weil die speziellen SuE-Regelungen im TVöD unabhängig von allen anderen Bestimmungen kündbar waren und die Gewerkschaften von dieser Kündigungsoption zum 31.12.2021 Gebrauch gemacht hatten, fanden—zwischen den allgemeinen Tarifrunden—Sonderverhandlungen statt. Auch der jetzt gefundene SuE-Kompromiss hat wieder eine eigene Mindestlaufzeit. Sie geht diesmal bis zum 31.12.2026. Nicht davon umfasst ist die S-Entgelttabelle. Über sie wird wieder in der allgemeinen Tarifrunde zum TVöD Ende 2022/Anfang 2023 verhandelt.
II. Wesentliche Punkte
Die Einigung liegt—wie üblich—zunächst nur in Eckpunkten vor. Die Details müssen noch in den Redaktionsverhandlungen vereinbart und in einem Tariftext umgesetzt werden.
1. Zwei zusätzliche freie Tage
- Alle Beschäftigten, die nach den SuE-Regelungen eingruppiert sind (Entgeltordnung zum TVöD Teil B Abschnitt XXIV), erhalten eine Arbeitsbefreiung an zwei Arbeitstagen pro Kalenderjahr unter Fortzahlung des Entgelts nach § 21 TVöD (sog. Regenerationstage).
- Geltung rückwirkend ab 1.1.2022.
- Die Einzelheiten stehen noch nicht fest. In den Redaktionsverhandlungen wird z.B. zu klären sein, wie mit unterjährigen Ein- und Austritten umzugehen ist und ob Regenerationstage, die bis zum 31.12. eines Jahres nicht genommen werden, verfallen oder ins nächste Kalenderjahr übertragen werden.
2. Neue SuE-Zulage
- Beschäftigte, die in die Entgeltgruppen S 2 bis S 11a eingruppiert sind, erhalten eine monatliche SuE-Zulage in Höhe von 130 €.
- Beschäftigte, die in die Entgeltgruppen S 11b, S 12, S 14 und S 15 Fallgruppe 6 eingruppiert sind, erhalten eine monatliche SuE-Zulage in Höhe von 180 €.
- Die Zulage kann auf Wunsch des Beschäftigten teilweise in Zeit umgewandelt werden, wodurch sich bis zu zwei weitere freie Arbeitstage im Kalenderjahr ergeben können.
- Auch hier gilt es, die Ausformulierung der Regelung abzuwarten, insbesondere was die Umsetzung der Umwandlung in Zeit angeht.
- Tarifpolitisch bedeutsam ist, dass hier erstmals im Bereich der VKA für die Beschäftigten eine Wahlmöglichkeit zwischen einer neu eingeführten Geldleistung und einer Arbeitsbefreiung besteht. Machen Beschäftigte davon Gebrauch, ergibt sich zusammen mit den beiden Regenerationstagen eine nicht unerhebliche Arbeitszeitreduzierung
3. Neue Zulage für Praxisanleiterinnen
- Beschäftigte, der Entgeltgruppen S 8a, S 8b, S 9 und S 11a, die als Praxisanleiterinnen in der Ausbildung von Erzieherinnen, Kinderpflegerinnen, Sozialassistentinnen oder Heilerziehungspflegerinnen mit einem zeitlichen Anteil von mindestens 15 % an ihrer Gesamttätigkeit tätig sind, erhalten eine Zulage in Höhe von 70 € monatlich.
4. Ergänzung der Tätigkeitsmerkmale für einzelne Beschäftigtengruppen
- Für Kinderpflegerinnen, Sozialassistentinnen, Erzieherinnen, Sozialpädagoginnen und Heilpädagoginnen wurden die Tätigkeitsmerkmale, nach denen sich ihre Eingruppierung richtet, ergänzt.
- Für Kita-Leiterinnen wurde die Ermittlung der maßgeblichen Durchschnittsbelegung neu geregelt.
III. Fazit
Der Abschlusses hat ein relativ hohes Volumen, was nicht nur der besonderen Situation im Sozial- und Erziehungsdienst, sondern auch der steigenden Inflation geschuldet sein dürfte. Die VKA beziffert allein die Kosten der SuE-Zulagen mit 3,7 % jährlich. Hinzukommen die beiden Regenerationstage, die schätzungsweise weitere 0,7 % ausmachen. Die Inflationssorgen werden auch künftige Tarifverhandlungen in anderen Bereichen prägen.
Arbeitgeber müssen vor der Umsetzung erst die Ausformulierung der Texte abwarten, die realistischerweise zwei bis drei Monate—beginnend mit dem Ende der vereinbarten sog. Erklärungsfrist am 17.6.2022—in Anspruch nehmen wird.
SuE-Fakten
Im Bereich der VKA arbeiten 330.000 Menschen im Sozial- und Erziehungsdienst, und zwarin der
- Kinderbetreuung und -erziehung 245.000 Beschäftigte (Kinderpflegerinnen, Erzieherinnen, Leitungskräfte),
- Sozialarbeit 55.000 Beschäftigte (Sozialarbeiterinnen, Sozialpädagoginnen, Heilpädagoginnen),
- Behindertenhilfe 30.000 Beschäftigte (Betreuerinnen, Gruppenleiterinnen, Heilerzieherinnen, Handwerksmeisterinnen).
- Rund 93 % der Beschäftigten sind Frauen.
Neben den kommunalen Trägern gibt es kirchliche, gemeinnützige und private Anbieter.
Hendrik Hase, Rechtsanwalt