Liebe Leserin, lieber Leser,
der Betriebsrat ist nach § 99 BetrVG vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten und dem Betriebsrat sind die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben. Und dabei stellt sich die Frage, welche Informationen der Arbeitgeber dem Betriebsrat erteilen muss. „Ich weiß etwas, was Du nicht weißt…“. Das LAG Berlin-Brandenburg hat im Beschluss vom 04.05.2023 – 26 TaBV 920/22 hierzu Stellung genommen.
Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat bei einer personellen Einzelmaßnahme im Sinne des § 99 BetrVG über die genauen Personalien, den Zeitpunkt der Maßnahme und alle persönlichen Tatsachen über den Bewerber bzw. betroffenen Arbeitnehmer zu unterrichten. Es handelt sich dabei um Informationen, die den Betriebsrat nach § 99 Abs. 2 BetrVG zur Verweigerung der Zustimmung berechtigen könnten. Ausreichend sind damit Angaben des Arbeitgebers, die den Betriebsrat in die Lage versetzt, die Berechtigung der vorgesehenen personellen Einzelmaßnahme und das Eingreifen von Zustimmungsverweigerungsgründen zu prüfen. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet und ggf. nicht berechtigt, dem Betriebsrat Informationen zu erteilen, die für die personelle Einzelmaßnahme nicht erforderlich sind oder die dem Arbeitgeber selbst nicht zur Verfügung stehen.
Arbeitgeber (Berufsförderungswerk) und Betriebsrat streiten über die Verpflichtung zur Aufhebung einer Versetzung eines vorbestraften Arbeitnehmers. Der Arbeitnehmer hat mehrere Straftaten (Untreue, Urkundenfälschung, Fahren ohne Fahrerlaubnis) begangen. Der Betriebsrat ist der Ansicht, dass die Straftaten den Betriebsfrieden stören könnten. Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat schriftlich zu der geplanten Versetzung informiert, aber keine Angaben zu den Vorstrafen gemacht. Der Betriebsrat forderte eine Liste aller Verurteilungen und einen Auszug aus dem Führungszeugnis. Der Arbeitgeber erteilte die Informationen nicht. Der Betriebsrat verweigerte seine Zustimmung.
Das LAG hat festgestellt, dass die Zustimmung des Betriebsrats als erteilt gilt. Die Voraussetzungen für die Zustimmungsfiktion nach § 99 Abs. 3 S. 2 BetrVG lägen vor. Der Arbeitgeber habe den Betriebsrat ausreichend informiert. Der Betriebsrat hat seine Zustimmungsverweigerung zu spät, nach Ablauf der Wochenfrist, mitgeteilt. Das LAG führt weiter aus zur Frage, was der Arbeitgeber dem Betriebsrat im Rahmen einer personellen Einzelmaßnahme nach § 99 BetrVG mitzuteilen hat. Bei Vorstrafen könne eine Parallele zum Fragerecht beim Einstellungsvorgang gezogen werden. Der Arbeitgeber ist nur zur Angabe bekannter Vorstrafen verpflichtet, wenn sich aus ihnen Rückschlüsse auf die fachliche Eignung oder eine mögliche Gefährdung des Betriebsfriedens ziehen lassen. Das sei in diesem Fall nicht gegeben gewesen. Die Vorstrafen des Arbeitnehmers haben damit keinen Bezug zur Tätigkeit des Arbeitnehmers.
Ich sehe was, was Du nichts siehst und mit herzlichen (arbeitsrechtlichen) Grüßen
Ihr Dr. Erik Schmid
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