Liebe Leserin, lieber Leser,
während der Schwangerschaft und während der Mutterschutzzeiten sind Arbeitnehmerinnen und ihr Arbeitsplatz und damit ihre Existenzgrundlage vor Kündigungen besonders geschützt. Damit sollen die Gesundheit der Arbeitnehmerinnen und deren Kinder vor seelischen Zusatzbelastungen durch einen Kündigungsprozess geschützt werden.
Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MuSchG ist die Kündigung gegenüber einer Arbeitnehmerin während ihrer Schwangerschaft unzulässig. Voraussetzung ist, dass die Schwangerschaft dem Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Kündigung bekannt oder sie ihm innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt worden ist. § 17 Abs. 2 Satz 1 MuSchG bestimmt, dass die für den Arbeitsschutz zuständige oberste Landesbehörde oder die von ihr bestellte Stelle in besonderen Fällen, die nicht mit dem Zustand der Frau in der Schwangerschaft im Zusammenhang stehen, ausnahmsweise die Kündigung für zulässig erklären kann. § 17 Abs. 1 MuSchG enthält ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) und eine Kündigung unter Verstoß gegen dieses Verbot ist nichtig.
Der Sonderkündigungsschutz besteht auf jeden Fall während des Arbeitsverhältnisses. Der Wortlaut ist jedoch nicht ganz eindeutig und es gab unterschiedliche Meinungen, ob der Sonderkündigungsschutz auch nach Abschluss eines Arbeitsverhältnisses aber vor tatsächlichem Arbeitsbeginn besteht. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden, dass der Sonderkündigungsschutz gegenüber einer schwangeren Arbeitnehmerin gemäß § 17 Abs.1 Satz 1 Nr.1 MuSchG auch für eine Kündigung vor der vereinbarten Aufnahme der Tätigkeit gilt.
Eine Frau schloss mit einer Rechtsanwaltskanzlei einen Arbeitsvertrag über eine Tätigkeit als Rechtsanwaltsfachangestellte. Das Arbeitsverhältnis sollte am 1. Februar 2018 beginnen.
Mit Schreiben vom 18. Januar 2018 informierte die Schwangere den Arbeitgeber, dass bei ihr eine Schwangerschaft festgestellt und aufgrund einer chronischen Vorerkrankung mit sofortiger Wirkung ein Beschäftigungsverbot attestiert worden sei. Der Arbeitgeber kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis.
Die schwangere Arbeitnehmerin ist der Auffassung, die Kündigung sei aufgrund des Kündigungsverbots gem. § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr.1 MuSchG unwirksam, auch wenn die Kündigung vor Beginn des Arbeitsverhältnisses ausgesprochen worden sei.
Das BAG bestätigte die Auffassung der beiden vorinstanzlichen Gerichte und erklärte die Kündigung wegen Verstoßes gegen § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr.1 MuSchG in Verbindung mit § 134 BGB für unwirksam. Gemäß § 17 Abs.1 Satz 1 Nr.1 MuSchG ist die Kündigung gegenüber einer Frau während ihrer Schwangerschaft unzulässig, wenn dem Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Kündigung die Schwangerschaft bekannt oder sie ihm innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt worden ist.
Entgegen der Auffassung des Arbeitgebers gelte das Kündigungsverbot aus § 17 Abs. 1 Satz1 Nr.1 MuSchG auch für eine Kündigung vor der vereinbarten Tätigkeitsaufnahme. Der mit dem Kündigungsverbot bezweckte Gesundheits- und Existenzschutz sei nur dann gewährleistet, wenn die Kündigung eines Arbeitsvertrages unabhängig davon unzulässig ist, ob die Tätigkeit erst zu einem späteren Zeitpunkt aufgenommen werden soll. Dieses rechtlich schützenswerte Bedürfnis bestehe auch bei einer vor der vereinbarten Tätigkeitsaufnahme bekannt gegebenen Schwangerschaft.
Es ist deshalb Arbeitgebern zu raten, in Zweifelsfällen ggf. vorsorglich auch eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses auszusprechen, für die zuvor die Zustimmung eingeholt wurde.
Herzliche (arbeitsrechtliche) Grüße,
Ihr Dr. Erik Schmid
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