Abbruch eines Stellenbesetzungsverfahrens

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Auswahlentscheidung durch ein politisches Gremium

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

in meinem heutigen Blog möchte ich Ihnen eine Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg vom 7.7.2022, Az. 26 Sa 91/221 vorstellen. Das Gericht hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob der beklagte Landkreis das Auswahlverfahren zur Besetzung der Leitung des Rechnungsprüfungsamtes zu Recht abgebrochen hat.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der später beklagte Landkreis schrieb auf Basis eines Kreistagsbeschlusses vom 3.12.2019 die Stelle der Leitung des Rechnungsprüfungsamtes zunächst ausschließlich als Beamtenstelle (Besoldungsgruppe A 14) aus. Die spätere Klägerin hat sich neben anderen Mitbewerberinnen auf die Stelle beworben. Der Landkreis hat das Stellenbesetzungsverfahren mit der Begründung abgebrochen, dass keine der Bewerberinnen die in der Ausschreibung geforderte Anforderung erfülle, nämlich eine Laufbahnbefähigung für den höheren allgemeinen Verwaltungsdienst. Der Landkreis schrieb anschließend die Stelle am 29.4.2020 erneut aus. Hierbei öffnete er das Bewerberfeld auch für Arbeitnehmer bzw. Tarifbeschäftigte. Am 19.8.2020, nach der Durchführung von Auswahlgesprächen, teilte der Landkreis der Klägerin schriftlich mit, dass die Auswahlentscheidung nicht zu Ihren Gunsten ausgefallen ist. Der Kreistag des Beklagten hat die Besetzung der Stelle mit Frau C am 26.10.2020 mit Wirkung zum 1.1.2021 beschlossen.

Die Klägerin begehrte sodann beim Arbeitsgericht Potsdam u. a. die Fortführung des ursprünglichen Auswahlverfahrens. Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen.

Das sind die wesentlichen Entscheidungsgründe:

  1. Eine Fortsetzung des Auswahlverfahrens komme nicht in Betracht, da der Beklagte das Auswahlverfahren zu Recht abgebrochen habe. Denn breche der öffentliche Arbeitgeber ein Stellenbesetzungsverfahren aus einem sachlich nachvollziehbaren Grund ab, gingen damit die Bewerbungsverfahrensansprüche der Bewerber und damit ihre Verfahrensrechte nach Art. 33 Abs. 2 GG unter.

    Hinweis! Damit sind Sie nicht verpflichtet, ein einmal eingeleitetes Stellenbesetzungsverfahren auch zu Ende zu führen. Sie müssen somit den ausgeschriebenen Dienstposten bzw. die ausgeschriebene Stelle nicht mit einem der Auswahlbewerber besetzen. Vielmehr können Sie von einer ursprünglich geplanten Einstellung oder Beförderung/Höhergruppierung später wieder absehen, soweit Sie das Auswahlverfahren wegen Vorliegens eines sachlichen Grundes abbrechen könne. Ein sachlicher Grund kann etwa dann vorliegen, wenn die Stellenausschreibung wesentliche Fehler enthält.2

  2. Der Landkreis sei berechtigt gewesen, das Verfahren abzubrechen, da keiner der Bewerberinnen das konstitutive Anforderungsprofil der Laufbahnbefähigung erfüllt habe. Damit liege ein hinreichender sachlicher Grund vor.

  3. Zwar müsse der maßgebliche sachliche Grund für den Abbruch des Auswahlverfahrens regelmäßig schriftlich dokumentiert werden. Etwas anderes ergebe sich jedoch dann, wenn sich dieser entweder evident aus dem Vorgang selbst ergebe oder soweit ein politisches Gremium – wie hier der Kreistag – über die Auswahl zu entscheiden habe.3

    Damit musste hier der sachliche Grund nicht schriftlich dokumentiert werden, da sich dieser aufgedrängt habe – keine der Bewerberinnen habe die beamtenrechtlichen Voraussetzungen für die Besetzung der Stelle erfüllt – und zudem über die Auswahl der Kreistag zu entscheiden hatte.

Fazit: Sie können Stellenbesetzungs- und Auswahlverfahren später wieder abbrechen, wenn hierfür ein sachlicher Grund vorliegt. Um eventuellen Klagen vorzubeugen, empfehle ich Ihnen dann allerdings immer die tragenden Gründe auch schriftlich zu dokumentieren. Dann sind Sie auf jeden Fall auf der rechtssicheren Seite.


Mit diesen Hinweisen verbleibe ich für heute mit

herzlichen Grüßen

Ihr

Boris Hoffmann


1 LAG Berlin-Brandenburg 7.7.2022 - 26 Sa 91/22, juris.

2 BAG 24.3.2009 – 9 AZR 277/08, ZTR 2009, 502.

3 So auch OVG NRW 9.11.2001 – 1 B 1146/01, juris.

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