Liebe Leserinnen, liebe Leser,
heute möchte ich Ihnen eine Entscheidung zur Frage der personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmung im Zusammenhang mit der Covid-19-Arbeitszeitverordnung vorstellen. Es handelt sich zwar lediglich um eine erstinstanzliche Entscheidung des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 23.11.2020 – PL 11 K 2474/20, NZA-RR 2021, 157, allerdings mit aus meiner Sicht weitreichender Bedeutung gerade in der aktuell doch sehr angespannten Situation.
Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Verwaltung des Universitätsklinikums U. teilte dem zuständigen Personalrat mit Schreiben vom 13.03.2020 mit, dass es im Hinblick auf die aktuelle Covid-19-Pandemie notwendig sei, insbesondere in sämtlichen Bereichen der Intensivmedizin auf eine 12-Stunden-Schicht umzustellen, um der steigenden Zahl von Notfällen, die an Corona erkrankt seien, „Herr“ zu werden. In diesem Zusammenhang verwies das Klinikum darauf, dass die Arbeitszeitumstellung auf ein 12-Stunden-Schichtsystem nicht der Mitbestimmung durch den Personalrat unterliege. Vielmehr sei die beabsichtige Umstellung des Schichtsystems durch den einschlägigen Tarifvertrag in Verbindung mit dem Arbeitszeitgesetz geregelt. Dementsprechend bliebe kein Raum mehr für eine Beteiligung der Personalvertretung. Obwohl der Personalrat darauf hinwies, dass die Maßnahme gleichwohl der Mitbestimmung unterliege, setzte das Universitätsklinikum das angekündigte Arbeitszeitmodell ohne ausdrückliche Zustimmung des Personalrates um.
Die der Entscheidung zugrundeliegenden wesentlichen Entscheidungsgründe:
Das Verwaltungsgericht Sigmaringen gab dem Personalrat im Rahmen des durch diesen angestrengten Beschlussverfahrens Recht. Denn die Einführung einer 12-Stunden-Schicht sei eben nicht durch den in § 74 Abs. 2 HS. 1 LPVG BW (die Personalvertretungsgesetze des Bundes und der Länder enthalten vergleichbare Regelungen) normierten Gesetzes- bzw. Tarifvorrang der Mitbestimmung durch den Personalrat entzogen. Vielmehr greife der Mitbestimmungstatbestand des § 74 Abs. 2 LPVG BW, wonach insbesondere die Einführung und Änderung wesentlicher Arbeitszeitmodelle der Mitbestimmung der Personalvertretung unterliege. Eine entsprechende Maßnahme sei nur dann nicht mitbestimmungspflichtig, wenn durch Gesetz oder Tarifvertrag der Sachverhalt einer abschließenden Regelung zugeführt worden sei und damit keines weiteren Ausführungsaktes bedürfe.
Eine entsprechende Regelung sei allerdings nach der Rechtsauffassung des Gerichts, die ich im Übrigen teile, nicht in der Covid-19-Arbeitszeitverordnung zu sehen, da diese gerade auf eine Umsetzung durch den Arbeitgeber im Rahmen des ihm zustehenden Direktionsrechtes (§§ 6 Abs. 2 in Verbindung mit § 106 Satz 1 GewO) angewiesen sei.
Hinweis! Sie müssen bitte immer daran denken, dass auch die bloße Rechtsanwendung der Mitbestimmung unterliegen kann. Das hat uns ja die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes gerade zur Mitbestimmung der Personalvertretungsorgane zu den tarifvertraglichen Eingruppierungsregelungen aufgezeigt (siehe hierzu etwa BAG 29.01.2020 – 4 ABR 8/18, ZTR 2020, 410).
So ich hoffe, Sie sind nun wieder ein Stückchen „schlauer“. Bleiben Sie bitte weiterhin gesund!
Mit herzlichen Grüßen
Ihr Boris Hoffmann
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