Liebe Leserinnen, liebe Leser,
heute darf ich Ihnen eine Entscheidung des LAG Schleswig-Holstein1 vom 27.09.2022, Az. 1 Sa 39 öD/22 vorstellen. Das Gericht hatte darüber zu entscheiden, ob ein Mitarbeiter auch in seiner Freizeit erreichbar sein muss, um von eventuellen Änderungen des Dienstplans Kenntnis zu erhalten.
Der Entscheidung lag unter anderem folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Arbeitgeberin und spätere Beklagte führt in verschiedenen Kreisen in Schleswig-Holstein den Rettungsdienst durch. Der Kläger selber ist bei der Arbeitgeberin seit dem 01.01.2003 als Notfallsanitäter in Vollzeit beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der TVöD-VKA kraft Bezugnahmeklausel Anwendung. Die Mitarbeiter der Beklagten können über das Internet den aktuellen Ist-Dienstplan einsehen. Am 07.04.2021 um 13.20 Uhr änderte die Beklagte den Dienstplan des Klägers. Dieser befand sich zu dieser Zeit nicht im Dienst. Versuche, den Kläger telefonisch zu erreichen, schlugen fehl. Die Beklagte übersandte dem Kläger daher um 13.27 Uhr eine SMS und wies insoweit auf den geänderten Dienstbeginn am 08.04.2021 hin. Am 08.04.2021 zeigte der Kläger um 7.30 Uhr und damit 1,5 Stunden nach dem offiziellen Dienstbeginn telefonisch seine Bereitschaft zur Arbeitsleistung an. Er wurde von der Beklagten, die zwischenzeitlich einen Mitarbeiter aus der Rufbereitschaft herangezogen hatte, nicht weiter eingesetzt. Die Beklagte erteilte dem Kläger eine Ermahnung, bewertete den Tag als unentschuldigtes Fehlen und zog dem Kläger elf Stunden von dem Unterkonto 2 seines Arbeitszeitkontos ab.
Hiergegen erhob der Kläger Klage beim zuständigen Arbeitsgericht Elmshorn. Das LAG Schleswig-Holstein gab der Klage in allen Punkten statt.
Das sind die wesentlichen Entscheidungsgründe des Gerichts:
Möchte der Arbeitgeber den laufenden Dienstplan ändern, so stehe ihm hierfür das in § 106 GewO normierte Direktionsrecht zur Verfügung. Dieses werde als Leistungsbestimmungsrecht im Sinne des § 315 BGB durch eine sogenannte „Gestaltungserklärung“ ausgeübt.2
Bei der Gestaltungserklärung handele es sich um eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die damit mit ihrem Zugang wirksam werde (§ 130 Abs. 1 Satz 1 BGB).
Hinweis! Vollendet ist der Zugang einer Erklärung immer erst dann, wenn die Kenntnisnahme durch den Empfänger möglich und nach der Verkehrsanschauung zu erwarten ist. Hierfür muss diese in den Bereich des Empfängers gelangt sein. Wobei hierzu auch die von ihm bereitgehaltenen Einrichtungen, wie Briefkasten, Postfach, E-Mail-Postfach oder Anrufbeantworter gehören.
Damit gilt für Sie! Dienstplanänderungen sollten dem Arbeitnehmer immer sorgsam und damit am Besten während der Arbeitszeit mitgeteilt werden. Ist dies nicht möglich, müssen Sie im Vorfeld dafür sorgen, dass Ihr Mitarbeiter auch über die geplante Arbeitszeitänderung tatsächlich in Kenntnis gesetzt wird.
Mit diesen Hinweisen verbleibe ich für heute mit herzlichen Grüßen
Ihr Boris Hoffmann
1 LAG Schleswig-Holstein 27.09.2022 – 1 Sa 39 öD/22 -, juris.
2 BAG 16.04.2015 – 6 AZR 242/14 -, ZTR 2015, 439.
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