Eingruppierung im öffentlichen Dienst

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Außendienstmitarbeiter im kommunalen Ordnungs- und Sicherheitsdienst

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

heute darf ich Ihnen im Rahmen dieses Blogs von einer aktuellen Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes Mecklenburg-Vorpommern vom 16.5.2023, Az. 5 Sa 160/221 berichten. Das Gericht hatte sich mit der Eingruppierung eines Außendienstmitarbeiters im kommunalen Ordnungs- und Sicherdienst zu beschäftigen. Insoweit musste sich die streitbefangene Kammer unter anderem mit den tariflichen Begriffen des „Arbeitsvorganges“ und der „selbstständigen Leistung“ auseinandersetzen.

Der Entscheidung lag im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde:

Der spätere Kläger ließ sich in der Zeit von Juni 2007 bis Juni 2009 als Fachkraft für Schutz und Sicherheit ausbilden. Am 01.12.2009 nahm er bei der späteren beklagten Stadt mit rund 30.000 Einwohnern eine Tätigkeit im allgemeinen Verwaltungsdienst als Außendienstmitarbeiter auf. Kraft dynamischer Bezugnahmeklausel bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach den Regelungen des TVöD-VKA in der jeweils geltenden Fassung. Mit Schreiben vom 02.03.2010 bestätigte der Landkreis als Kreisordnungsbehörde gemäß § 103 Abs. 3 SOG MV die Bestellung des Klägers zum Vollzugsbeamten mit örtlicher Zuständigkeit für das Gebiet der beklagten Stadt. Die Zuständigkeit des Klägers erstreckt sich auf eine Vielzahl von Rechtsgebieten (z. B. Sicherheits- und Ordnungsgesetz MV, Gewerbeordnung, Gaststättengesetz, Straßenverkehrsgesetz …). Die Tätigkeit des Klägers war mit einer umfangreichen Tätigkeitsbeschreibung hinterlegt. Bei der Beklagten sind regelmäßig neun Außendienstmitarbeiter*innen im kommunalen Ordnungs- und Sicherheitsdienst tätig. Bei den Streifengängen sind die Mitarbeiter*innen jeweils zu zweit unterwegs. Sie nutzen im Wechsel einen dienstlichen PKW.

Die mit Schreiben vom 16.11.2020 geltend gemachte Forderung, den Kläger anstatt in der Entgeltgruppe 6 in die Entgeltgruppe 9a einzugruppieren, lehnte die Stadt ab. Daraufhin erhob der Mitarbeiter Klage beim Arbeitsgericht Rostock. Die Klage bleib in beiden Instanzen erfolglos.

Das sind die wesentlichen Entscheidungsgründe:

1. Bezugspunkt der tariflichen Bewertung sei der Arbeitsvorgang (§ 12 Abs. 2 Satz 2 TVöD). Maßgebend für die Bestimmung des Arbeitsvorgangs sei nach Satz 1 der Protokollerklärung zu § 12 Abs. 2 TVöD das Arbeitsergebnis.

Das Gericht erkannte im Ergebnis zwei Arbeitsvorgänge, wobei die Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung im gesamten Stadtgebiet ein einheitlicher Arbeitsvorgang mit einem Zeitumfang von 95 % sei, da eine Unterscheidung nach einzelnen Rechtsgebieten oder Gesetzesgrundlagen nicht möglich sei. Zudem seien während eines Streifengangs stets sämtliche Vorschriften, deren Einhaltung der Kläger zu kontrollieren habe, im Blick zu behalten.2

Hinweis für Sie! Ausgangspunkt der Bewertung der Tätigkeit eines Außendienstmitarbeiters im Bereich der Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung ist im Hinblick auf das tarifrechtliche Hälftelungsprinzip im Sinne des § 12 Abs. 2 Satz 2 TVöD regelmäßig ein großer Arbeitsvorgang.

2. Eine selbstständige Leistung im Tarifsinn nach Anlage 1 Teil A Abschnitt I Nr. 3 EG 9a TVöD sei dann anzunehmen, wenn eine Gedankenarbeit erbracht wird, die im Rahmen der für die Entgeltgruppe vorausgesetzten Fachkenntnisse hinsichtlich des einzuschlagenden Weges, insbesondere hinsichtlich des zu findenden Ergebnisses, eine eigene Beurteilung und eine eigene Entschließung erfordert.

Hinweis für Sie! Damit ist nach der Rechtsprechung kennzeichnend für selbstständige Leistungen ein wie auch immer gearteter Ermessens-, Entscheidungs-, Gestaltungs- oder Beurteilungsspielraum bei der Erarbeitung eines Arbeitsergebnisses. Es werden Abwägungsprozesse verlangt, in deren Rahmen Anforderungen an das Überlegungsvermögen gestellt werden.3

Im Ergebnis stellte das Gericht fest, dass der Kläger keine Entscheidungen zu treffen habe, die auf Grundlage der vorausgesetzten gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse eine Abwägung zwischen verschiedenen Möglichkeiten mit einer eigenständigen Begründung für die jeweilige Vorgehensweise erfordern, da die endgültige Bewertung und Sanktionierung dem Innendienst obliege.

Fazit für Sie:

Soweit Sie die Tätigkeit von Mitarbeitenden im Außendienst im kommunalen Ordnungs- und Sicherheitsdienst bewerten müssen, sollten Sie insbesondere beachten, dass es an selbstständigen Leistungen im Sinne des TVöD fehlen kann, wenn die vor Ort infrage kommenden Maßnahmen nach Art und Umfang beschränkt sind und ansonsten Sachverhaltsfeststellungen zu treffen sind, auf deren Grundlage Beschäftigte im Innendienst die entsprechenden Bescheide erlassen.

Mit diesen Hinweisen verabschiede ich mich für heute von Ihnen.


Herzliche Grüße

Ihr

Boris Hoffmann


1 LAG Mecklenburg-Vorpommern 16.05.2023 – 5 Sa 160/22 – ZTR 2023, 465.
2 BAG 16.10.2019 – 4 AZR 284/18 – ZTR 2020, 207.
3 LAG Hamm 10.08.2022 – 3 Sa 1592/21 – ZTR 2023, 97.

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