Liebe Leserinnen, liebe Leser,
hiermit darf ich Ihnen die wesentlichen Entscheidungsgründe einer Entscheidung des BAG vom 14.10.20202 zur Frage eines Anspruchs auf Annahmeverzugsvergütung bzw. auf Schadensersatz nebst eines Beschlusses vom 16.09.20203 zum Anspruch der Schwerbehindertenvertretung auf Vorlage der wesentlichen Bewerbungsunterlagen sowie ein Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 14.01.20214 zur Mitwirkungsobliegenheit des Arbeitgebers bei der Urlaubsgewährung vorstellen.
Was passiert, wenn der schwerbehinderte Arbeitnehmer aufgrund einer Erkrankung, die ihm im Rahmen des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts übertragene Arbeitsleistung, nicht mehr erbringen kann? Mit dieser Frage hat sich unlängst das BAG beschäftigt.
Kann der Arbeitnehmer die vom Arbeitgeber im Rahmen des Direktionsrechts nach § 106 Satz 1 GewO näher konkretisierte Arbeitsleistung aufgrund einer Erkrankung nicht mehr erbringen, so kann der Arbeitgeber in diesen Fällen nicht nach §§ 615 Satz 1, 293 ff. BGB in Annahmeverzug geraten. Denn der Arbeitnehmer hat keinen Anspruch darauf, nach seinen individuellen Wünschen beschäftigt zu werden. Kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zwar eine andere vertragsgemäße Tätigkeit im Rahmen des Direktionsrechts übertragen, macht dieser jedoch von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch, scheiden Ansprüche auf Annahmeverzugslohn aus.
Allerdings kann der schwerbehinderte Arbeitnehmer in diesen Fällen gegen den Arbeitgeber unter Umständen nach § 164 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB IX Schadensersatzansprüche geltend machen. Dies setzt allerdings im Hinblick auf die allgemein zu beachtende Darlegungs- und Beweislast voraus, dass der Arbeitnehmer konkrete Beschäftigungsmöglichkeiten aufzeigt, die seinem infolge der Behinderung eingeschränkten Leistungsvermögen und seinen Fähigkeiten und Kenntnissen entsprechen. Behauptet der Arbeitgeber sodann, dass kein entsprechender Arbeitsplatz vorhanden ist und auch nicht durch Versetzung oder Umsetzung freigemacht werden kann, muss der Arbeitnehmer konkret nachweisen, dass gleichwohl ein entsprechender Arbeitsplatz zur Verfügung steht.
Mit der Frage, welche Bewerbungsunterlagen der Schwerbehindertenvertretung im Rahmen eines Auswahlverfahrens vorzulegen sind, hat sich das BAG am 16.10.2020 beschäftigt. Das BAG hat insoweit wie folgt beschlossen:
„Nach § 178 Abs. 23 Satz 4 SGB IX hat die Schwerbehindertenvertretung bei Bewerbungen schwerbehinderter Menschen unter anderem das Recht auf Einsicht in die entscheidungsrelevanten Teile der Bewerbungsunterlagen. Dieses Recht erstreckt sich auch auf die entscheidungsrelevanten Teile der Bewerbungsunterlagen der nicht behinderten Bewerber, da nur so eine Vergleichsmöglichkeit für die Schwerbehindertenvertretung besteht. Dieses Recht steht der Schwerbehindertenvertretung auch dann zu, wenn der Arbeitgeber bei einer internen Stellenbesetzung auf eine Ausschreibung der Stelle verzichtet hat und von sich aus einen schwerbehinderten Arbeitnehmer als Bewerber in seine Auswahlentscheidung einbezogen hat.“
An dieser Stelle möchte ich es kurz machen. Zwar müsse der Arbeitgeber nach der Rechtsprechung des BAG zwar grundsätzlich hinreichend darauf hinwirken, dass der Arbeitnehmer seinen Urlaub auch tatsächlich im Urlaubsjahr nehmen könne. Dies gelte grundsätzlich auch für den Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen, allerdings nicht pauschal. Solange der Arbeitgeber nämlich nicht wisse, dass der Arbeitnehmer ein schwerbehinderter Mensch ist, müsse er auch einen entsprechenden Zusatzurlaub nicht anbieten. Damit hat das LAG einer prophylaktischen Hinweispflicht des Arbeitgebers zu Recht eine Absage erteilt.
Damit verbleibe ich für heute mit Hoffnung auf eine alsbald entspanntere Zeit.
Mit herzlichen Grüßen
Ihr
Boris Hoffmann
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