Schadensersatz wegen Nichtberücksichtigung der Bewerbung

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Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung vom 01.12.2020 – 9 AZR 192/201 die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (nochmals) bestätigt, wonach sich ein Arbeitgeber schadensersatzpflichtig machen könne, wenn er eine zu besetzende Stelle zu Unrecht an einen Konkurrenten vergibt.

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

ich möchte diesen Blog nutzen, um Ihnen eine der doch eher seltenen Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts zum sogenannten Bewerbungsverfahrensanspruch bzw. in concreto zur Verletzung desselben vorzustellen.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Beklagte beschäftigte ihren Mitarbeiter auf der Grundlage eines befristeten Arbeitsvertrags vom 9. März 2015 bis zum 8. März 2017 als Arbeitsvermittler mit Beratungsaufgaben in der Agentur für Arbeit in F. Die Arbeitgeberin schrieb im Jahr 2017 u. a. zwei Stellen intern aus, wobei sich die Ausschreibungen ausschließlich an unbefristet beschäftigte Mitarbeiter richteten. Dementsprechend wurden die beiden Bewerbungen des späteren Klägers zurückgewiesen. Beide Stellen wurden schließlich mit zwei Mitbewerbern besetzt. Der Kläger forderte die Beklagte gleichwohl erfolglos auf, ihm eine der ausgeschriebenen Stellen zu übertragen. Mit seiner beim zuständigen Arbeitsgericht eingereichten Klage begehrte der Kläger von der Beklagten Schadensersatz, da seine Bewerbung im Hinblick auf das in § 4 Abs. 2 TzBfG enthaltene Diskriminierungsverbot zu Unrecht nicht im Auswahlverfahren berücksichtigt worden und hierdurch sein Bewerbungsverfahrensanspruch verletzt worden sei.

Sowohl das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz als auch abschließend das Bundesarbeitsgericht wiesen das Begehren des Klägers als unbegründet ab.

Das sind die wesentlichen Entscheidungsgründe:

Das Bundesarbeitsgericht warf der Arbeitgeberin zwar vor, dass sie, obwohl sie an Art. 33 Abs. 2 GG gebunden war, den Kläger unter Verstoß gegen das in § 4 Abs. 2 Satz 1 TzBfG geregelte Verbot, befristet beschäftigte Arbeitnehmer zu benachteiligen, aus dem Kreis der Stellenbewerber ausschloss. Allerdings habe der Kläger es schuldhaft versäumt, hiergegen im Rechtsweg gerichtlich vorzugehen.

Zwar könne ein übergangener Bewerber Schadensersatz wegen der Nichtberücksichtigung seiner Bewerbung verlangen, wenn ein Arbeitgeber, der bei seiner Auswahlentscheidung an die Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG gebunden ist, eine zu besetzende Stelle zu Unrecht an einen Konkurrenten vergebe, die bei ordnungsgemäßer Auswahl ihm hätte übertragen werden müssen. Der Schadensersatzanspruch folge - unabhängig vom Amtshaftungsanspruch (§ 839 Abs. 1 Satz 1 BGBArt. 34 Satz 1 GG) - aus § 280 Abs. 1 BGB sowie § 823 Abs. 2 BGB iVm. Art. 33 Abs. 2 GG als Schutzgesetz. Er richtet sich gemäß § 249 Abs. 1, § 251 Abs. 1 BGB auf Geldersatz .Die Schadensersatzpflicht des öffentlichen Arbeitgebers sei jedoch nach dem Rechtsgedanken des § 839 Abs. 3 BGB eingeschränkt. Demnach greife die in § 839 Abs. 1 BGB normierte Ersatzpflicht nicht ein, wenn es der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen habe, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts geht damit Hand in Hand mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Umso unverständlicher erscheint es mir, dass diese in der Praxis immer noch nicht ausreichend bekannt zu sein scheint. Denn anderenfalls ist es nicht nachvollziehbar, dass Bewerber immer noch auf ihren primären Rechtsschutz verzichten und gleich den sekundären Rechtsschutz (erfolglos) suchen.

Von daher gilt! Immer zuerst Konkurrentenklage erheben und erst in einem zweiten Schritt auf Schadensersatz klagen.


So, das war es mal wieder. Machen Sie es gut und bis bald.

Mit herzlichen Grüßen

Ihr

Boris Hoffmann


1 BAG 01.12.2020 – 9 AZR 192/20, ZTR 2021, 289.
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