Zum Begünstigungsverbot freigestellter Personalratsmitglieder auch bei der Höhergruppierung

Jetzt bewerten!

Auch freigestellte Mitglieder der Personalvertretungsorgane können nicht so einfach wegen ihres Status begünstigt werden. So steht es ausdrücklich in den Personalvertretungsgesetzen des Bundes und der Länder. In der Praxis sieht es trotzdem immer wieder mal anders aus. Was das bedeuten kann, zeige ich Ihnen in diesem Blog.

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

immer wieder werden mir aus der Praxis Fragen gestellt, wie sich denn die berufliche Kariere eines freigestellten Personalratsmitglieds im Vergleich zu den weiteren Mitarbeitern entwickeln muss.

Hierzu passt eine Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg vom 23.10.2019 – 17 Sa 2297/181, welche aufhorchen lässt.

Der Entscheidung lag folgender doch recht typischer Sachverhalt zugrunde:

Der spätere Kläger erwarb im Jahr 1978 den Abschluss der polytechnischen Oberschule und absolvierte anschließend eine Berufsausbildung zum Kraftfahrzeugschlosser mit der Spezialisierung Berufskraftfahrer. Er war seit dem 06.01.1981 bei der späteren Beklagten, welche Leistungen in der Abfallwirtschaft erbringt, als Berufskraftfahrer tätig. Aufgrund Bezugnahmeklausel findet auf das Arbeitsverhältnis der TVöD-VKA in der jeweils geltenden Fassung und damit auch die entsprechenden Eingruppierungsvorschriften Anwendung. Seit 1990 ist der Kläger als Personalratsmitglied freigestellt. Zudem ist er seit dem Jahr 2004 Vorsitzender des Personalrats Abfallwirtschaft und seit 2007 Vorsitzender des bestehenden Gesamtpersonalrats. Ursprünglich war der Kläger wie alle anderen Berufskraftfahrer auch in Entgeltgruppe 6 eingruppiert. Mit Arbeitsvertrag vom 13.02.2012 erfolgte eine Höhergruppierung des Klägers nach Entgeltgruppe 14. Hierbei wurde der berufliche Werdegang des Klägers mit zwei seiner Kollegen verglichen, die jeweils einen Hochschulabschluss erworben hatten.

Die spätere Beklagte machte nach ca. 5 ½ Jahren mit Schreiben vom 20.06.2017 die Höhergruppierung des Klägers rückgängig. Sie berief sich hierbei auf eine ungerechtfertigte Nachzeichnung des beruflichen Werdegangs des freigestellten Personalratsmitglieds. Die hiergegen erhobene Klage blieb in beiden Instanzen erfolglos.

Das Gericht begründet seine Entscheidung wie folgt und aus meiner Sicht völlig richtig:

Allgemein anerkannt und gesetzlich verbrieft ist die Tatsache, dass Mitglieder des Personalrats ihre Ämter sowohl unentgeltlich als auch ehrenamtlich führen (vgl. § 42 Abs. 1 PersVG Berlin sowie die entsprechenden Normen der Personalvertretungsgesetze des Bundes und der Länder). Zudem dürfen Personalratsmitglieder nach § 107 BPersVG, die Norm gilt in den Ländern unmittelbar, wegen ihrer Personalratstätigkeit weder benachteiligt noch begünstigt werden. Zudem dürfen freigestellte Personalratsmitglieder im Rahmen ihrer beruflichen Entwicklung keine Nachteile erleiden. Denn nur so ist eine hinreichende Unabhängigkeit des jeweiligen Personalratsmitglieds gewährleistet. Damit ist die berufliche Entwicklung freigestellter Personalratsmitglieder entsprechend der allgemeinen Entwicklung vergleichbarer Mitarbeiter nachzuzeichnen.

Da der berufliche Vergleich des Klägers mit zwei Hochschulabsolventen nicht gestattet war, es war völlig unrealistisch, dass dieser als Berufskraftfahrer die Entgeltgruppe 14 jemals hätte erreichen können, verstieß die Nachzeichnung des beruflichen Werdegangs des Klägers gegen § 107 BPersVG und war damit für diesen mit weitreichenden Folgen unwirksam. Denn damit fiel dieser in die Entgeltgruppe 6 zurück.

Besonders wichtig!

Auch im Rahmen der fiktiven Nachzeichnung ist es damit nicht möglich, besonderer Berufs- und Bildungsabschlüsse, welche Voraussetzung für die entsprechende Eingruppierung sind, einfach zu ersetzen. Damit muss auch das freigestellte Personalratsmitglied den Nachweis einer entsprechenden Qualifikation erbringen. Ohne Nachweis keine Höhergruppierung.

Hinweis für Sie!

Ich darf Sie wirklich bitten, bei der Nachzeichnung des beruflichen Werdegangs freigestellter Personalratsmitglieder mit einer hinreichenden Sorgfalt vorzugehen. Denn Sie sollten auch die Außenwirkung Ihres Handelns nicht vergessen. Insbesondere kann eine einseitige Bevorzugung freigestellter Personalratsmitglieder durchaus zu Unzufriedenheiten und Spannungen in der Belegschaft führen. Dies sollte doch tunlichst vermieden werden. Im Übrigen ist es nicht ausgeschlossen, dass die unzulässige „Überzahlung“ von Mitarbeitern den Straftatbestand der Untreue erfüllt. Von daher leben Sie besser, wenn die Nachzeichnung des beruflichen Werdegangs freigestellter Personalratsmitglieder entsprechend der gesetzlichen Vorgaben erfolgt.

Aus dem heute sonnigen Glessen wünsche ich Ihnen trotz der Umstände eine schöne vorweihnachtliche Zeit.


Ihr

Boris Hoffmann


1 LAG Berlin-Brandenburg 23.10.2019 – 17 Sa 2297/18, ZTR 2020, 108.


Vgl. zu dieser Thematik vertiefend und weiterführend Lorenzen u. a., BPersVG – Kommentar, § 107 Rn. 1 ff.

Weitere Artikel zu folgenden Schlagworten:
Mein Kommentar
Sie sind nicht eingeloggt
Bitte benachrichtigen Sie mich bei neuen Kommentaren.
Ihr Kommentar erscheint unter Verwendung Ihres Namens. Weitere Einzelheiten zur Speicherung und Nutzung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.
0 Kommentare zu diesem Beitrag
banner-arbeits-und-tarifrecht-2.png

Wählen Sie unter 14 kostenlosen Newslettern!

Mit den rehm Newslettern zu vielen Fachbereichen sind Sie immer auf dem Laufenden.

Login
 
Wie können wir Ihnen weiterhelfen?
Kostenlose Hotline: 0800-2183-333
Kontaktformular

Gerne können Sie auch unser Kontaktformular benutzen und wir melden uns bei Ihnen.

Kontaktformular
Beste Antworten. Mit den kostenlosen rehm Newslettern.
Jetzt aus zahlreichen Themen wählen und gratis abonnieren  

Kundenservice

  • Montag bis Donnerstag 8:00-16:00 Uhr
  • Freitag 8:00-14:00 Uhr
  • Sie können uns auch über unser Kontaktformular Ihre Fragen und Anregungen mitteilen.

Verlag und Marken

Unsere Themen und Produkte

 

Service

Rechtliches

Partner der



Zahlungsarten 

Rechnung Bankeinzug   MastercardVisa

PayPal Giropay Sofortüberweisung