Eine Grundschullehrerin klagte, weil sie nach Ansicht ihres Dienstherrn die versorgungsrechtliche Mindestdienstzeit von fünf Jahren nicht erfüllte. Der Dienstherr der Klägerin argumentierte, sie habe zwar bei Erlass der Entlassungsverfügung mehr als fünf Jahre im Beamtenverhältnis zum Dienstherrn gestanden, aber während dieser Zeit überwiegend in Teilzeit gearbeitet. Unter anteiliger Berücksichtigung ihrer Teilzeitbeschäftigung habe sie eine ruhegehaltsfähige Dienstzeit von vier Jahren und 98,42 Tagen abgeleistet.
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bestätigte in zweiter Instanz, dass auch Teilzeitbeamtinnen und -beamte nach fünf Jahren Dienstzeit Anspruch auf Ruhegehalt haben können. Die Zeiten, die bei der Bestimmung des Zeitpunkts berücksichtigt werden, ab dem ein Anspruch auf Altersversorgung besteht, würden bei einem Teilzeitbeschäftigten so berechnet, als hätte dieser ein Vollzeitstelle innegehabt und arbeitsfreie Zeiträume insoweit in vollem Umfang berücksichtigt. Maßgeblich sei allein die Zeitspanne des Dienstverhältnisses. Diese, nach nationalem Recht zumindest mögliche Auslegung sei jedenfalls deshalb geboten, weil allein sie europarechtskonform sei. Nach der Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit ist es untersagt, Teilzeitbeschäftigte in ihren Beschäftigungsbedingungen gegenüber vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten nur deswegen schlechter zu behandeln, weil sie teilzeitbeschäftigt sind, es sei denn die unterschiedliche Behandlung ist aus sachlichen Gründen gerechtfertigt.
Nach Auffassung des VGH entspricht eine nur anteilige Berücksichtigung der Zeiten einer Teilzeitbeschäftigung einer unterschiedlichen (schlechteren) Behandlung der Teilzeitbeschäftigten, da sie im Gegensatz zu Vollzeitbeschäftigten nach einer fünfjährigen Dienstzeit im Beamtenverhältnis eines öffentlich-rechtlichen Dienstherrn vom Zugang zum beamtenrechtlichen Versorgungssystem ausgeschlossen wären. Ihnen würde das Ruhegehalt nicht nur entsprechend des Zeitanteils ihrer Teilzeitbeschäftigung gekürzt, sondern vollständig versagt. Teilzeitbeschäftigte würden damit nicht nur in quantitativer, sondern in qualitativer Hinsicht im Vergleich zu Vollbeschäftigten benachteiligt. Diese unterschiedliche Behandlung sei auch nicht aus objektiven Gründen gerechtfertigt.
Insbesondere rechtfertigte der pro-rata-temporis-Grundsatz die schlechtere Behandlung nicht. Zwar könne die Berechnung der Altersversorgung gemäß der pro-rata-temporis-Regel, also zeitanteilig, erfolgen. Jedoch gelte der pro-rata-temporis-Grundsatz nicht für die Bestimmung des Zeitpunkts, ab dem ein Anspruch auf Altersversorgung besteht, da dieser ausschließlich von den berücksichtigungsfähigen Zeiten abhänge, die der Arbeitnehmer erworben hat. Diese Zeiten entsprächen der tatsächlichen Dauer des Beschäftigungsverhältnisses und nicht dem Umfang der während des Beschäftigungsverhältnisses geleisteten Arbeit.
Auch der geringere Umfang der Dienstleistung stelle keinen Rechtfertigungsgrund für die Ungleichbehandlung dar. Gemäß den Prinzipien der Dienstzeitabhängigkeit und der Alimentation sowie dem Leistungsprinzip müsse zwar die Höhe der Ruhegehaltsbezüge die Zahl der Dienstjahre bzw. die Länge der aktiven Dienstzeit widerspiegeln, um ein Ungleichgewicht zwischen Alimentierung und Dienstleistung zu vermeiden. Diese Grundsätze würden durch die unionsrechtskonforme Auslegung jedoch nicht verletzt, da sie zunächst nur das gleichberechtigte Entstehen eines Anspruchs auf Ruhegehalt dem Grunde nach für einen Teilzeitbeamten sicherstelle, wie er einem hinsichtlich der Dienstzeit vergleichbaren Vollzeitbeamten bereits zukommt, ohne dass die konkrete Höhe der Ruhegehaltsbezüge hierbei eine Rolle spielen würde. Die gerichtlich vorgenommene Auslegung führe schließlich auch nicht zu einer Privilegierung von Teilzeitbeschäftigten gegenüber Vollzeitbeschäftigten. Auch wenn Teilzeitbeschäftigte in der Folge einen entsprechenden Mindestversorgungsanspruch erwerben, obwohl sie entsprechend ihrer verminderten regelmäßigen Arbeitszeit für den Dienstherrn nur zeitlich gemindert eingesetzt werden können, gelte doch für beide Gruppen von Beamten gleichermaßen, dass sie innerhalb eines gleichen Zeitraums von fünf Jahren im Beamtenverhältnis zu einem öffentlich rechtlichen Dienstherrn beschäftigt sind und ihm in dieser Zeit (nur mit unterschiedlichen Arbeitszeitanteilen) mit ihren Leistungen zur Verfügung stehen.
Mit diesem Urteil hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung entschieden. In dem konkreten Fall bedeutet die gerichtliche Entscheidung für die Klägerin die Gewährung eines Ruhegehalts anstatt der Entlassung aus dem bestehenden Beamtenverhältnis auf Lebenszeit ohne Versorgung.
Petra Gawronski
Rechtsanwältin
meyerhuber rechtsanwälte partnerschaft mbb
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