I. Aktuelles aus der Gesetzgebung
Nicht amtsangemessene Besoldung Hessen: Es wird wohl auf Karlsruhe gewartet
II. Aktuelles aus der Rechtsprechung
III. Aktuelles aus dem Tarifgeschehen
Tarifverhandlungen ver.di/KAV Hessen e. V. zur Eingruppierung handwerklicher Tätigkeiten.
IV. Vorschau auf die HBR-Lieferungen in den nächsten Monaten
Im Newsletter 7/2021 (Dezember 2021) und 1/2022 (Februar 2022) hatten wir ausführlich über die Entscheidung des HessVGH v. 30.11.2021 über die fehlende Amtsangemessenheit hessischer Besoldung insbesondere (aber nicht nur) in den unteren Besoldungsgruppen, zum Teil seit dem Jahr 2013, berichtet. Da Bundesrecht tangiert ist, sah sich der HessVGH zu einer abschließenden Entscheidung nicht befugt und legte die Sache dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in Karlsruhe zur Entscheidung vor. Bereits Ende 2021 wurde seitens des DGB Hessen-Thüringen, des dbb & tarifunion und der tangierten Einzelgewerkschaften gefordert, dass die Landesregierung die Entscheidung akzeptieren solle und einen darauf basierenden Gesetzentwurf zur rückwirkenden Anpassung der Besoldung vorlegen solle. Danach sieht es auch aktuell (Mai 2022) nicht aus. Verschiedenen Presseveröffentlichungen ist zu entnehmen, dass weder die Landesregierung noch die Regierungsfraktionen von CDU und Bündnis90/Die Gründen die Absicht haben, einen Gesetzentwurf vorzulegen und damit das Karlsruher Verfahren zu erledigen. Auch Anfang 2022 hatten die beteiligten Gewerkschaften dies immer wieder gefordert und auch die Aktionen unterstrichen. Damit ist wohl davon auszugehen, dass sich das Verfahren insgesamt noch längere Zeit hinzieht. Ob sich an der Situation mit der Vereidigung der neuen Landesregierung Anfang Juni 2022 etwas ändert, bleibt abzuwarten.
In Rechtsprechung und Kommentierung nicht eindeutig geklärt war bislang die Frage, wie sich z. B. eine nach der Wahl in den Personalrat angetretene Beurlaubung, z. B. wegen Elternzeit, auf das Mandat auswirkt. Führt es zum Verlust des Mandates oder bleibt man Mitglied des Personalrats? Diese Frage ist jetzt durch eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) auf der Grundlage des Personalvertretungsrechts für Mecklenburg-Vorpommern entschieden.
Ausgangslage war der Fall einer Frau, die im Mai 2013 im Rahmen der Wahlen Mitglied des Personalrats wurde. In der Zeit von September 2014 bis Juli 2015, also für die Dauer von 11 Monaten nahm sie Elternzeit ohne zulässige Teilzeitbeschäftigung nach dem Bundeselterngeld- und Elternteilzeitgesetz. Die Dienststellenseite war der Auffassung, dass durch die 11monatige Beurlaubung die Mitgliedschaft im Personalrat erloschen war. Sowohl das VG Greifswald als auch das OVG MV folgten dieser Auffassung. Nicht jedoch das BVerwG. Es entschied im Ergebnis, dass „eine sechs Monate übersteigende Elternzeit, die ein Personalratsmitglied nach der Wahl antritt, … nicht zum Verlust der Mitgliedschaft im Personalrat“ führt (S. 4, Rn. 6 des amtlichen Entscheidungsumdruckes). Das die Betroffene zum Zeitpunkt der Wahl im Mai 2013 wahlberechtigt und damit auch wählbar war (§§ 11, 12 PersVG MV), war im vorliegenden Verfahren unstreitig. Die Elternzeit begann erst im September 2014. Allerdings bestimmt § 22 Abs. 1 Nr. 5 PersVG MV, dass die Mitgliedschaft im Personalrat durch „Verlust der Wählbarkeit“ erlischt. Diesen Tatbestand sieht das BVerwG aber nicht als erfüllt an. Es geht davon aus, dass sich diese Regelung auf Tatbestände bezieht, die nach dem Wahltag eingreifen. Dazu sollen z. B. die Fälle gehören, in denen nach dem Wahltag durch Richterspruch die Fähigkeit durch Wahlen Ämter zu erlangen entzogen wird, jemand zum Dienststellenleiter bestellt wird, die Befugnis erhält selbständige Entscheidungen in Personalangelegenheiten zu treffen oder eine Abordnung von mehr als 3 Monaten erfolgt. § 11 Abs. 1 Satz 3 PersVG MV regelt demgegenüber nur die Voraussetzungen, die am Wahltag vorliegen müssen. Im Mai 2013 bestand aber noch keine Beurlaubung. § 22 Abs. 1 Nr. 5 PersVG MV übernehme aber die Bestimmungen über die Wählbarkeit unmittelbar und ohne Modifikation. Daraus ergäbe sich dann aber kein Wegfall des Mandates.
BVerwG v. 26.1.2022 – 5 P 12.20 –
Anmerkungen:
Wegen der gleichlautenden gesetzlichen Grundlagen ist die Entscheidung auf hessisches Recht übertragbar:
PersVG MV |
HPVG |
§ 11 Abs. 1 Satz 3: „3Beschäftigte, die am Wahltag bereits länger als sechs Monate unter Wegfall der Bezüge beurlaubt sind, sind nicht wahlberechtigt.“ |
§ 9 Abs. 1 Satz 3: „3Beschäftigte, die am Wahltag seit mehr als sechs Monaten unter Wegfall der Bezüge beurlaubt sind, sind nicht wahlberechtigt.“ |
§ 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 (1) 1Die Mitgliedschaft im Personalrat erlischt durch |
§ 26 Die Mitgliedschaft im Personalrat erlischt durch |
Auch die Regelungen zur Wählbarkeit (§ 12 PersVG MV / § 10 HPVG) sind weitestgehend identisch. Insbesondere sind nur Wahlberechtigte auch wählbar. Schon in der bisherigen Kommentierung wurde die Auffassung vertreten, dass eine nach dem Wahltag erfolgte Beurlaubung z. B. wegen Elternzeit nicht zum Verlust des Mandates führt (Dobler in HBR I § 26 HPVG Rn. 60).
Aus der vorliegenden Entscheidung ist aber auch zu schließen, dass eine Beurlaubung z. B. in Form der Elternzeit, die am Wahltag bereits den Zeitraum von 6 Monaten überschritten hat, zum Verlust der Wahlberechtigung führt (S. 7, Rn. 8). Hierzu werden in Rechtsprechung und Kommentarliteratur aber unverändert unterschiedliche Auffassungen vertreten (Burkholz in HBR I § 9 HPVG Rn. 54).
Die Teilhabe der vom Dienst ganz freigestellten Mandatsträger wie z. B. Vertrauensperson der Schwerbehinderten oder Personalratsmitglieder an der normalen beruflichen Entwicklung (Beförderung/Höhergruppierung) wird bislang so gelöst, dass die für die Auswahl erforderliche aktuelle dienstliche Beurteilung in Form einer fiktiven Fortschreibung der letzten dienstlichen Beurteilung vor der Freistellung vorgenommen wird. Es gibt aber Fälle, da stößt dies an Grenzen, wie in dem vom HessVGH jetzt entschiedenen Fall. Die Antragstellerin, Beamtin in A 11 und seit dem 21.12.2005, mithin seit rund 17 Jahren als Vertrauensperson der Schwerbehinderten ganz vom Dienst freigestellt, bewarb sich um eine ausgeschriebene Stelle nach A 12. Ihre letzte Regelbeurteilung datierte vom 2.12.2004 und bezog sich auf einen Beurteilungszeitraum von April 1997 bis September 2004. Danach erfolgten „fiktive Fortschreibungen“ dieser Beurteilung wegen der ganzen Freistellung. So auch jetzt wieder aus Anlass der Bewerbung auf die A 12er Stelle. Es gab auch andere Bewerbungen. Im Zuge des Auswahlverfahrens fanden Auswahlgespräche statt. Auf dieser Basis sollte ein Mitbewerber die Stelle erhalten und ernannt werden. Hiergegen ging die Beamtin vor. Sie legte sowohl gegen die aktuelle dienstliche Beurteilung als auch gegen die Auswahlentscheidung Widerspruch ein. Letztlich mit (halbem) Erfolg.
Das Gericht bemängelte, dass die im Wege der erneuten „fiktiven Fortschreibung“ erstellte Beurteilung „an dem Beurteilungsfehler einer nicht vorhandenen belastbaren Tatsachengrundlage für die … getroffenen Wertungen“ leidet (Rn. 40). Insbesondere wurde der lange Zeitraum der fiktiven Fortschreibung kritisiert. Nach über einem Jahrzehnt sind belastbare Aussagen nicht mehr möglich (Rn. 47). Im vorliegenden Fall sind es rd. 15 ½ Jahre. Das sei zu lang. Auch eine Entscheidung auf der Grundlage von Auswahlgesprächen sei nicht möglich. Das Problem kann nur so gelöst werden, so der HessVGH, indem die Dienststelle der Antragstellerin die Möglichkeit einräumt, zeitlich begrenzt die eigentliche dienstliche Tätigkeit wieder aufzunehmen und auf dieser Grundlage dann auch eine dienstliche Beurteilung vorzunehmen. Der zeitliche Umfang der Wiederaufnahme der dienstlichen Tätigkeit „…. sollte einen Zeitraum von 6 Monaten nicht unterschreiten und im Umfang von mindestens 50 % der Arbeitskraft eines vollzeitbeschäftigten Beamten ausgeübt werden“.
Mit dieser Entscheidung hat die Beamtin mithin die begehrte Stelle noch nicht erhalten, sondern nur die Möglichkeit, ihre frühere dienstliche Tätigkeit wieder aufzunehmen und sich dann auf dieser Grundlage aktuell und neu beurteilen zu lassen. Zu welchem Ergebnis dies alles führt, bleibt letztlich offen bzw. abzuwarten.
HessVGH v. 30.3.2022 – 1 B 513/20 –
Wir verweisen auf unsere Berichterstattung im HBR-Newsletter 1/2022 (Februar 2022). Die Verhandlungen werden nunmehr am 18.7. und 19.7.2022 fortgesetzt. Wir werden danach berichten.
Juni 2022:
420. Aktualisierung Gesamtausgabe =
114. Aktualisierung Teilausgabe I
§§ 62, 112 HPVG, KSchG
Juli 2022:
421. Aktualisierung Gesamtausgabe=
Tarifrecht
Tarifverträge
422. Aktualisierung Gesamtausgabe =
210. Aktualisierung Teilausgabe IV
§§ 58, 59 HBG, Anhänge
August 2022:
423. Aktualisierung Gesamtausgabe =
115. Aktualisierung Teilausgabe I
§ 111 HPVG
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