Keine generelle Trennung von Amt und Mandat mehr; HBesG & HPVG geändert: Wegfall der Stellenobergrenzen im kommunalen Bereich
HessVGH korrigiert eigene Rechtsprechung innerhalb von 8 Monaten
VG Frankfurt a. M.: Auch in Zeiten der Corona-Krise ist die Fürsorgepflicht mit der dienstrechtlichen Treuepflicht in einen angemessenen Ausgleich zu bringen
„TV Covid“ vereinbart
Manchmal lohnt es sich, Gesetzentwürfe, die scheinbar keinen Bezug zu personalrechtlichen Regelungen haben, bis zu Ende zu lesen. So auch im Fall des am 6.5.2020 vom Landtag verabschiedeten „Gesetz zur Verbesserung der politischen Teilhabe von ausländischen Einwohnerinnen und Einwohnern an der Kommunalpolitik sowie zur Änderung kommunal- und wahlrechtlicher Vorschriften“.
a) Differenziertere Regelung beim Verbot von Amt und Mandat
Bislang galt, dass „haupt- und nebenberufliche Angestellte“ einer kommunalen Gebietskörperschaft nicht auch gleichzeitig Mitglied der entsprechenden Vertretungskörperschaft sein konnten (Inkompatibilitätsregelung = Trennung von Amt und Mandat; § 37 Nr. 1 HGO a. F.). Das wird nun differenzierter betrachtet. Nach der Neufassung des § 37 Nr. 1 HGO können nunmehr Beschäftigte bis einschl. der Entgeltgruppe (EG) 9a der Entgeltordnung zum TVöD auch Mitglied der entsprechenden Vertretungskörperschaft sein. Beschäftigte in der EG 9b oder höher hingegen unverändert nicht. Der bisherige Begriff des „Angestellten“ wurde richtigerweise durch den Begriff des „Arbeitnehmer“ ersetzt. Der hessische Gesetzgeber zieht damit auch die Konsequenzen aus einer entsprechenden Entscheidung des BVerwG v. 10.6.2017 (Az. 10 C 2.16). Gleiches gilt im Übrigen jetzt auch für den Bereich der Landkreise (§ 27 HLKO). Geblieben ist die Unvereinbarkeit von Amt und Mandat allerdings für hauptamtliche Beamtinnen und Beamte sowohl im Bereich der Städte und Gemeinden, als auch im Bereich der Landkreise. Sie können unverändert nicht gleichzeitig ein Mandat in der Gemeinde ausüben, bei der sie beschäftigt sind.
b) Wegfall der Stellenobergrenzen im kommunalen Bereich
Durch Art. 6b Nr. 1 des Gesetzes wird § 27 HBesG geändert. Im Kern regelt der neue § 27 Abs. 4 HBesG den Wegfall der (jahrzehntelang) geltenden Stellenobergrenzen im kommunalen Bereich. Zwar muss ein „Abstandsgebot“ von zwei Besoldungsgruppen zur Besoldung der Bürgermeisterin bzw. des Bürgermeisters eingehalten werden, ansonsten bleibt es jedoch jeder kommunalen Gebietskörperschaft überlassen, nach Maßgabe eigener Entscheidung Planstellen auszuweisen. Es ist damit zu rechnen, dass zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Regelung zum 1.1.2021 dann auch die kommunale Stellenobergrenzenverordnung geändert wird.
c) Besoldung und Versorgung können extern berechnet und zahlbar gemacht werden
Weitere Änderungen betreffen die Möglichkeit, dass ebenfalls für den kommunalen Bereich die Möglichkeit geschaffen wird, die Festsetzung, Berechnung und Anordnung der Zahlung von Besoldung nicht selbst zu erledigen, sondern „auf eine der Aufsicht des Landes unterstehende juristische Person des öffentlichen Rechts zu übertragen“ (§ 68 Abs. 2 Satz 3 -neu- HBesG). Bislang liegt dies einzig in der Zuständigkeit der obersten Dienstbehörde. Eine Übertragung ist aktuell nur auf eine andere Dienststelle möglich (§ 68 Abs. 2 HBesG). Gleiches gilt dann auch für die Berechnung der Versorgungszahlungen. Die Befugnis zur Festsetzung der Versorgungsbezüge, die Bestimmung der Zahlungsempfänger und die Entscheidung über die Anerkennung von ruhegehaltfähigen Dienstzeiten können künftig auf eine der Aufsicht des Landes unterstehende juristische Person des öffentlichen Rechts übertragen werden (Art. 6a und Art. 6b Nr. 1 des Gesetzes; § 64 Abs. 1 Satz 2 HBeamtVG). Bislang entscheidet auch darüber die jeweilige oberste Dienstbehörde oder eine „andere Stelle“.
d) Vertretung des Dienststellenleiters gegenüber der Personalvertretung angepasst
Personalvertretungsrechtlich nachvollzogen wird die Änderung bezogen auf die Städte, die den Sonderstatus eingeräumt bekommen. In § 8 Abs. 2 Satz 1 HPVG heißt es jetzt nicht mehr „kreisangehörigen Gemeinden mit mehr als 50.000 Einwohnern“, sondern „Sonderstatus-Städten nach § 4a Abs. 2 der Hessischen Gemeindeordnung“. Die Änderung steht im Zusammenhang mit der Änderung bzw. Neufassung des § 4a Abs. 2 Satz 3 HGO, mit der u. a. Städte mit mehr als 50.000 Einwohnern auf Antrag zur kreisfreien Stadt erklärt werden können (Art. 9 des Gesetzes). Ist dies der Fall, kann sich die Bürgermeisterin bzw. der Bürgermeister einer solchen Stadt von Gesetzes wegen regelmäßig „durch den Leiter des für Personalangelegenheiten zuständigen Amtes“ gegenüber der Personalvertretung vertreten lassen.
Die Änderungen sind grundsätzlich am 16.5.2020 In Kraft getreten (Art. 29 Abs. 1 des Gesetzes a. a. O., S. 328). Ausgenommen ist u. a. Art. 6b Nr. 1 (Wegfall der Stellenobergrenzen im kommunalen Bereich). Diese Änderung soll am 1.1.2021 in Kraft treten (Art. 29 Abs. 2 des Gesetzes a. a. O., S. 328).
LT.-Drucks, 20/2445 v. 12.3.2020
GVBl. 2020, S. 318 ff.
So schnell kann es gehen. In einem Eilverfahren zu einem Konkurrentenstreitverfahren hatte der HessVGH mit Beschluss v. 11.7.2019 (Az.: 1 B 2402/18) entschieden, dass einem Antragsteller, der zum Zeitpunkt der Bewerbung um eine höherwertige Planstelle noch dem Beförderungsverbot gem. § 21 Abs. 1 Satz 3 HBG (= Wartezeit nach der letzten Beförderung) unterlag, wegen dieses Beförderungsverbotes kein Anordnungsanspruch zur Verfügung steht. Im Streit stand die Besetzung einer Planstelle mit der Wertigkeit nach A 15 HBesG, der Antragsteller befand sich noch in der Besoldungsgruppe A 13 HBesG. Das Gericht argumentierte, dass grundsätzlich die Ämter regelmäßig zu durchlaufen sind. Da der Antragsteller aber noch in A 13 HBesG sei, könne er ohnehin nicht unmittelbar nach A 15 HBesG befördert werden. Nach der Beförderung in A 13 HBG bestehe eine 2jährige Wartezeit. Da er zuletzt erst zum 1.10.2018 befördert worden sei, könne die nächste Beförderung erst Ende September 2020 erfolgen. Eine Ausnahmegenehmigung der Landespersonalkommission läge nicht vor.
An dieser Auffassung hält das Gericht (zu Recht) nicht mehr fest. In einer Entscheidung vom 31.3.2020 (Az.: 1 B 1751/19) wird diese Auffassung revidiert. Das Beförderungsverbot stellt kein Hindernis für eine entsprechende Auswahl für einen höherwertigen Dienstposten dar. „Die laufbahnrechtlichen Beförderungsverbote sind … nicht integraler Bestandteil der Bestenauslese im Sinne negativer Eignungsvoraussetzungen, deren Vorliegen im Zeitpunkt der zu treffenden Auswahlentscheidung bereits die Auswahl des betroffenen Bewerbers verbietet“, so das Gericht zu seiner Begründung.
HessVGH v. 11.7.2019, Az.: 1 B 2402/18
HessVGH v. 31.3.2020, Az.: 1 B 1751/19
Kein Erfolg war dem Antrag einer Beamtin (Lehrerin) im Rahmen einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO beschieden, die vor dem VG Frankfurt a. M. erreichen wollte, dass sie nicht zum Präsenzunterricht herangezogen wird. Es ging also nicht um das stufenweise Wiederanfahren des Regelbetriebs, sondern um den Präsenzunterricht für bestimmte Grundschüler. Sie war der Auffassung, dass das Hygienekonzept nicht den Anforderungen des § 5 ArbschG i. V. m. § 3 ArbStättV in Bezug auf die konkrete Situation an ihrer Schule gerecht wird, die Schutzmaßnahmen nicht ausreichend sind und die Lehrerinnen und Lehrer nicht ausreichend unterwiesen (geschult/informiert) worden seien. Die Antragstellerin stellte zu Recht, wie das Gericht feststellte, darauf ab, dass die (eigentlich) arbeitsrechtlichen Schutzregelungen (ArbSchG) auch in das Dienstrecht transformiert sind. Die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht stellt insoweit keine geringeren Anforderungen auf als die arbeitsrechtlichen Regelungen.
Allerdings, so das Gericht, entbinden eine allgemeine Gefährdungslage bzw. sogar „aufgabenspezifische Gefahren“ nicht von der Treuepflicht und damit der Verpflichtung zur Dienstleistung. Das Gericht setzt sich in einer rund zehnseitigen Entscheidungsbegründung ausführlich mit den jeweiligen Verordnungen zur Bekämpfung des Corona-Virus, den ergriffenen Schutzmaßnahmen, den auch sonst bestehenden Gesundheitsgefahren der Dienstleistung in Schulen sowie den beamtenrechtlichen Pflichten auseinander.
VG Frankfurt a. M. Beschluss v. 5.5.2020, Az.: 9 L 1127/20.F
Wie bereits im Newsletter Nr. 3/2020 vom April 2020 angekündigt, hat die VKA mit der Gewerkschaft ver.di, der GdP, der IG BAU sowie der GEW einerseits und der dbb tarifunion andererseits den Tarifvertrag zur Regelung der Kurzarbeit im Bereich der kommunalen Arbeitgeberverbände TV-COVID abgeschlossen. Er wurde jetzt redaktionell ausverhandelt, ist am 1.4.2020 in Kraft getreten und gilt (derzeit) bis zum 31.12.2020. An Geltungsbereich, Zielsetzung und Regelungsinhalt hat sich im Verhältnis zu unserer Darstellung im April 2020 kaum geändert:
Zentraler Regelungsinhalt ist die erhöhte Zahlung von Kurzarbeitergeld im Bereich der VKA. Vor der Inanspruchnahme von Kurzarbeit sollen Guthaben von Arbeitszeitkonten abgebaut werden (Vorrangregelung).
Der sachliche Geltungsbereich erstreckt sich auf den Bereich der VKA. Praktisch erfasst sind damit z. B. der Bereich der kommunalen Theater und Bühnen, der Schwimmbäder, Museen etc. Abweichend von der ursprünglichen Absicht sind keine Teilbereiche der kommunalen Dienstleistungen ausgenommen. Ausgenommen sind allerdings die Beschäftigten bei den Verkehrsflughäfen und anderen erfassten Unternehmen der Luftverkehrsbranche, wenn dort bis zum 15.5.2020 eine Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit abgeschlossen wurde. Für andere Bereiche gilt der Tarifvertrag ebenfalls dann nicht, wenn eine betriebliche Vereinbarung am 1.4.2020 bestand, die eine Aufstockung des Nettomonatsentgeltes auf mindestens 80 % vorsah bzw. vorsieht.
In personeller Hinsicht nicht erfasst sind Auszubildende, Praktikantinnen, Praktikanten und vergleichbare Personenkreise, Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis während des Kurzarbeiterzeitraumes endet, Beschäftigte, die Elterngeld in Anspruch nehmen, geringfügig Beschäftigte und solche in der Freistellungsphase des Blockmodells der Altersteilzeit.
Arbeitgeber und Betriebsrat bzw. Personalrat verständigen sich auf die Einführung von Kurzarbeit. Die Einführung ist mit einer Frist von 7 Tagen anzukündigen. Kurzarbeit kann nur für Dienststellen, Betriebe und Teile davon eingeführt werden, nicht jedoch für Einzelpersonen. Die maximale Dauer beträgt bis zu 9 Monate, maximal jedoch bis zum 31.12.2020.
383. Aktualisierung Gesamtausgabe =
103. Aktualisierung Teilausgabe I
Personalvertretungsrecht
Überarbeitung der Kommentierungen zu:
384. Aktualisierung Gesamtausgabe =
191. Aktualisierung Teilausgabe IV =
29. Aktualisierung BeamtStG
Beamtenstatusgesetz
385. Aktualisierung Gesamtausgabe =
192. Aktualisierung Teilausgabe IV
386. Aktualisierung Gesamtausgabe =
193. Aktualisierung Teilausgabe IV
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