I. Aktuelles aus der Gesetzgebung
II. Aktuelles aus der Rechtsprechung
VG Wiesbaden: Berücksichtigung von gesundheitlichen Belangen bei einer Versetzung/Schutzbereich des § 64 HPVG
III. Aktuelles aus dem Tarifgeschehen
Tarifverträge veröffentlicht
IV. Vorschau auf die HBR Lieferungen in den nächsten Monaten
Mitte Juli 2022 hat das Hessische Ministerium des Innern und für Sport den Entwurf für ein neues, novelliertes HPVG versandt. Es basiert auf einer entsprechenden Beschlussfassung des Kabinetts. Damit soll die bereits im Koalitionsvertrag von CDU & Bündnis90/Die Grünen verankerte Absicht, in Abstimmung mit den Gewerkschaften eine Novelle zu erarbeiten, umgesetzt werden. Die Gewerkschaften haben nun Zeit für eine Stellungnahme bis zum 16.9.2022. Danach erfolgt dann üblicherweise der zweite „Durchgang“ im Kabinett und die anschließende Zuleitung an den Landtag. Vor dem Hintergrund dieser Zeitläufe ist mit einem Inkrafttreten vermutlich frühestens Anfang/Mitte 2023 zu rechnen. Danach muss dann noch die Veröffentlichung einer neuen Wahlordnung zum HPVG erfolgen. Aus Platzgründen können wir an dieser Stelle nicht auf alle Details eingehen, von daher nachstehend lediglich einige Schwerpunkte:
A. Das HPVG wird im Interesse der Anwenderfreundlichkeit umfassend neu strukturiert sowie sprachlich und redaktionell überarbeitet. Es wird neu veröffentlicht und ersetzt damit die 1988er Fassung mit allen danach erfolgten Änderungen. Dies beinhaltet:
eine übersichtlichere Gliederung des Gesetzes und Einfügung von Paragrafenüberschriften; bislang hatten nur wenige Paragrafen eine amtliche Überschrift,
das Vorziehen grundsätzlicher Regelungen an den Anfang des Gesetzes (z. B. Grundsätze der Zusammenarbeit, Stellung der Gewerkschaften, Behinderungs-, Benachteiligungs- und Begünstigungsverbot, Schweigepflicht),
die sprachliche Modernisierung und Rechtsbereinigung sowie die geschlechterneutrale Formulierung des Gesetzes,
eine Neugliederung der Regelungen betr. die Einigungsstelle sowie der Beteiligungstatbestände.
Einige redaktionelle/sachliche Korrekturen werden vorgenommen. So entfällt z. B. die Sonderregelung für die Frankfurter Städelschule, weil diese mittlerweile Teil der hessischen Hochschullandschaft ist. Im Bereich der Sondervorschriften für die Universitätskliniken werden Passagen gestrichen, die durch Zeitablauf erledigt sind.
B. Der Kreis der Wahlberechtigten wird zeitgemäß angepasst und die Wahlvorschriften werden entsprechend fortentwickelt. Dazu zählen insbesondere
die Streichung des Mindestalters für das aktive Wahlrecht zum Personalrat (bisher 18. Lebensjahr),
die Streichung des Mindestalters für das passive Wahlrecht zur Jugend- und Auszubildendenvertretung (bisher 16. Lebensjahr),
die Verlängerung des für das aktive Wahlrecht unschädlichen Zeitraums einer Beurlaubung von sechs Monaten auf ein Jahr und die Ausdehnung auf alle Arten von Beurlaubungen sowie die entsprechende Übertragung auf das passive Wahlrecht und das Erlöschen der Mitgliedschaft im Personalrat,
der Ausschluss des Wahlrechts für die Freistellungsphase der Altersteilzeit sowie Erlöschen der Mitgliedschaft im Personalrat mit Eintritt in die Freistellungsphase. Dies entspricht der Rechtsprechung,
der Ausschluss des Verlusts des Wahlrechts bei Abordnung und Zuweisung, wenn die Rückkehr an die Dienststelle innerhalb eines Jahres feststeht,
die Klarstellung, dass die nächsten regelmäßigen Personalratswahlen – und erstmalige Wahlen nach dem neuen HPVG – im Mai 2024 stattfinden. Damit wird auch die Streitfrage geklärt, ob die nach den von Mai 2020 auf den Mai 2021 wegen der Corona-Pandemie verschobenen regelmäßigen Personalratswahlen folgenden Wahlen im Mai 2024 oder im Mai 2025 stattzufinden haben – es wird der Mai 2024 sein,
die Festlegung eines Stichtags für Beginn und Ende der Amtszeit der regelmäßig gewählten Personalräte (1. Juni) und die übergangsweise Wahrnehmung der Geschäfte durch den bisherigen Personalrat bis zur Neukonstituierung,
die Regelung der wesentlichen Aufgaben des Wahlvorstands im Gesetz,
eine Soll-Regelung zur Benennung von Ersatzmitgliedern des Wahlvorstands, die Zulassung eines vereinfachten Wahlverfahrens bei der Jugend- und Auszubildendenvertretung.
C. Die Rechtsstellung und die Arbeitsbedingungen des Personalrats werden verbessert durch
das Zulassen elektronischer Kommunikation zwischen Dienststelle und Personalrat, Personalrat und Beschäftigten (Nutzung der üblichen Informations- und Kommunikationssysteme) sowie innerhalb des Personalrats (Teilnahme an Sitzungen per Video- und Telefonkonferenz),
die Klarstellung, dass zum Geschäftsbedarf des Personalrats auch Informations- und Kommunikationstechnik im zur sachgerechten Wahrnehmung seiner Aufgaben erforderlichen Umfang gehört,
die Aufnahme einer allgemeinen Regelung zur Einhaltung des Datenschutzes durch die Personalvertretungen (neuer, eigener Paragraf),
den Ausschluss von Zuweisung und Personalgestellung von Personalratsmitgliedern gegen ihren Willen,
die Erweiterung der allgemeinen Aufgaben des Personalrats um
die Förderung der Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf sowie
die Anregung von Maßnahmen, die dem Umweltschutz in der Dienststelle dienen,
die ausdrückliche Regelung, dass die Dienststelle die mit dem Personalrat abgestimmten Maßnahmen durchführt und der Personalrat nicht durch einseitige Handlungen in den Dienstbetrieb eingreifen darf.
D. Die Informations- und Teilhaberechte des Personalrats werden fortentwickelt und verbessert durch
eine Soll-Regelung zur möglichst frühzeitigen Unterrichtung des Personalrats im Rahmen der Monatsgespräche über beabsichtigte Maßnahmen zur Verwaltungsmodernisierung und zur Digitalisierung sowie über beabsichtigte Organisationsentscheidungen, die beteiligungspflichtige Maßnahmen zur Folge haben,
ein Mitbestimmungsrecht über Grundsätze des behördlichen oder betrieblichen Gesundheits- und Eingliederungsmanagements,
ein Mitbestimmungsrecht bei Ablehnung eines Antrags nach §§ 64a und 64b HBG (Familienpflegezeit und Pflegezeit),
ein Mitbestimmungsrecht bei Stufenzuordnung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die nicht in das Ermessen des Arbeitgebers gestellt ist. Ein vergleichbares Recht wird jedoch im Bereich der personellen Maßnahmen bei Beamtinnen und Beamten nicht vorgesehen,
ein Mitbestimmungsrecht bei Personalgestellung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern,
ein Mitbestimmungsrecht bei Einführung von Kurzarbeit,
ein Mitbestimmungsrecht bei Arbeitsformen außerhalb der Dienststelle/Mobilem Arbeiten.
Die Hessische Landesregierung hat eine Verordnung zur Verlängerung der Übertragung nicht genommenen Erholungsurlaubs erlassen. Üblicherweise ist es so, dass Urlaub, der nicht innerhalb von 9 Monaten nach dem Ende des Urlaubsjahres angetreten wurde, verfällt (§ 9 Abs. 2 Satz 2 HUrlVO). Urlaubsjahr ist das Kalenderjahr (§ 2 Abs. 1 HUrlVO). Nun wurde entschieden, dass Erholungsurlaub aus dem Jahre 2021, „der aus dienstlichen Gründen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie nicht gewährt werden konnte, mit Ablauf des 31.3.2023“ verfällt. Ohne diese Regelung hätte also dieser Urlaub aus dem Jahre 2021 spätestens am 30.9.2022 angetreten (nicht genommen) sein müssen. Andernfalls wäre er verfallen. Diese Frist wird durch die Verordnung um 6 Monate verlängert. Der Resturlaub des Jahres 2021, der wegen der Corona-Pandemie nicht genommen werden konnte, muss also jetzt spätestens am 31.3.2023 angetreten werden. Der Sachzusammenhang zwischen Pandemie und nicht genommenem Urlaub ist zu beachten. Alle anderen Gründe fallen nicht unter diese Regelung.
VO zur Fristverlängerung des Urlaubsanspruchs für das Jahr 2021 v. 27.6.2022, GVBl. 2022, S. 393.
Am 20.7.2022 hat das Hessische Sozialministerium den Referentenentwurf eines Gesetzes „zur Errichtung des Hessischen Landesamtes für Gesundheit und Pflege“ an verschiedene Stellen und Organisationen zur Stellungnahme verschickt. Der Zeitraum für eine Stellungnahme beträgt rund 7 Tage (!). Damit soll der bereits vor einiger Zeit verkündete Plan, die Kompetenzen im Gesundheitsbereich, natürlich insbesondere vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie, zu bündeln, umgesetzt werden. Anders als ursprünglich gedacht, soll es sich nicht um eine „virtuelle“ Behörde handeln, bei der die vorhandenen Personen bleiben, wo sie sind, sondern das Amt wird eine Dienstsitz haben:
Das neue Landesamt soll sich zusammensetzen aus dem bisherigen Hessischen Landesprüfungs- und Untersuchungsamt im Gesundheitswesen, einigen jetzigen Dezernaten des RP Darmstadt sowie ebenfalls einigen Fachbereichen aus dem Bereich des RP Gießen.
Das Amt soll seinen Sitz in Darmstadt mit Außenstellen in Frankfurt a. M., Gießen und Dillenburg haben. Weitere Außenstellen können errichtet werden.
Die tangierten Beschäftigten aus den genannten Bereichen sollen mit Wirkung zum 1.1.2023 zum neuen Landesamt versetzt werden.
Es sollen etliche redaktionelle Folgeänderung in unterschiedlichen Gesetzen vorgenommen werden.
Die besoldungsrechtliche Einstufung der Leiterin bzw. des Leiters des neuen Landesamtes soll nach B 5 HBesO A, die der stellv. Leitung nach B 3 HBesO A erfolgen (Art. 13 des Referentenentwurfes).
Alle Neuregelungen sollen mit Wirkung zum 1.1.2023 in Kraft treten (Art. 14 des Referentenentwurfs). Das bedeutet, dass die parlamentarischen Beratungen nach den Sommerferien beginnen werden.
Im Falle einer behördlichen Umstrukturierungsmaßnahme (Fusion zweier Finanzämter), von der der Leiter eines der beiden bisherigen eigenständigen Ämter betroffen war, der zudem Mitglied des Bezirkspersonalrats ist, hat das VG Wiesbaden entschieden:
Behördliche Umstrukturierungsmaßnahmen sind gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar. Sie können nur auf Willkür oder Sachwidrigkeit hin überprüft werden. Ob die „beste“ Lösung gefunden wurde, ist gerichtlich nicht überprüfbar.
Auch Personalmaßnahmen im Vorfeld einer Zusammenlegung von Behörden fallen unter die Privilegien des § 64 Abs. 2 Sa 1, 2. Halbs. HPVG.
Gesundheitliche Gründe, die gegen eine Versetzung sprechen können, sind glaubhaft zu machen.
Mit dieser Entscheidung lehnte das Gericht den Antrag des Betroffenen ab, die aufschiebende Wirkung des Verwaltungsaktes mit dem Ziel der Versetzung wieder herzustellen. Der Betroffene war Leiter eines der beiden aufzulösenden Ämter. Als Rechtsgrundlage der Versetzung gilt § 26 Abs. 1 Satz 1, 2 HBG. Das Gericht sah in der Verfügung weder hinsichtlich des Verfahrens noch der materiellen Gründe einen Rechtsverstoß. Auch greife der Schutzauftrag des § 64 HPVG praktisch nicht, weil die Versetzung aus Anlass der Verschmelzung einer Behörde mit einer anderen erfolge. Das gilt auch dann, wenn die Versetzung des Betroffenen, wie in diesem Fall mit Wirkung zum 1.5.2022 erfolgen sollte, die eigentliche Verschmelzung aber erst für den 1.10.2022 vorgesehen war. Auch diese (vorzeitige) Versetzung ist hinsichtlich ihrer Wirksamkeit an den Kriterien des § 64 HPVG zu messen und wurde im entschiedenen Fall nicht beanstandet.
VG Wiesbaden v. 30.6.2022 – 3 L 487/22.WI -
Nach Abschluss der Redaktionsverhandlungen und des Unterschriftsverfahrens wurden nunmehr die Tarifverträge mit dem Land Hessen auf der Grundlage der Tarifeinigung vom Oktober 2021 veröffentlicht. Es handelt sich, von Ausnahmen abgesehen, um die jeweiligen Änderungstarifverträge, nicht jedoch um die (neuen) durchgeschriebenen, konsolidierten Fassungen. Ausnahmen bilden die neuen Tarifverträge wie z. B. die Entgeltordnung für die Lehrkräfte im Arbeitnehmerverhältnis
(TV EGO-L H), der Digitalisierungstarifvertrag für die Beschäftigten des Landes Hessen (DigiTV-H) sowie der Rahmentarifvertrag zum mobilen Arbeiten (TV Rahmenbedingungen mobiles Arbeiten Hessen). Da es sich um Neufassungen handelt, sind diese vollständig veröffentlicht.
StAnz. 2022, S. 790 ff.
Anmerkung des Verlages:
Wir werden im Rahmen 426. AL im Oktober 2022 die aktuellen Fassungen der jeweiligen Tarifverträge ausliefern.
August 2022:
423. Aktualisierung Gesamtausgabe =
115. Aktualisierung Teilausgabe I
§ 111 HPVG
September 2022:
424. Aktualisierung Gesamtausgabe =
211. Aktualisierung Teilausgabe IV
= 33. Aktualisierung BeamtStG
§§ 4, 5, 6, 8, 30, 34 BeamtStG
425. Aktualisierung Gesamtausgabe =
116. Aktualisierung Teilausgabe I
§§ 55, 60, 76, 99, 100, 101 HPVG
SGB IX
Oktober 2022:
426. Aktualisierung Gesamtausgabe=
Tarifrecht
Aktuelle Tarifverträge
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