Andere Bewerber = Quereinsteiger in das Beamtenverhältnis II.

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In dem Beitrag vom 27.2.2023 wurden die Ernennungsvoraussetzungen beschrieben, die ein Bewerber um eine Einstellung in ein Beamtenverhältnis erfüllen muss, der zwar nicht die übliche Laufbahnbefähigung besitzt, aber gleichwohl als „Anderer Bewerber“ ernannt werden soll. Dieser Beitrag wird hiermit fortgesetzt.

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Rechtskonstruktion des Anderen Bewerbers soll den jeweiligen Dienstherren die Möglichkeit eröffnen, in Einzelfällen auf die besonderen Kenntnisse und Erfahrungen von Fachleuten zurückzugreifen, die sich innerhalb oder außerhalb der öffentlichen Verwaltung auf einem bestimmten Tätigkeitsbereich – und damit der jeweiligen Laufbahn – entsprechenden Gebiet qualifiziert haben. Im Folgenden wird der Beitrag der vergangenen Woche ergänzt. Dabei werden solche Tätigkeitsbereiche aufgezeigt, die generell nicht von Anderen Bewerbern wahrgenommen werden können. Weiterhin geht es um die wichtige Verfahrensfrage der für eine Ernennung eines Anderen Bewerbers erforderlichen Feststellung der Befähigung und schließlich um die rechtliche Stellung eines bereits ernannten Anderen Bewerbers.

1. Ausgenommene Tätigkeitsbereiche

Eine Ernennung von Anderen Bewerbern ist grundsätzlich bei solchen Aufgaben ausgeschlossen, für die eine bestimmte Vorbildung oder Ausbildung durch besondere Rechtsvorschrift vorgeschrieben ist oder die ihrer Eigenart nach eine besondere Vorbildung und Ausbildung (im öffentlichen Dienst) zwingend erfordern (vgl. § 22 Abs. 3 BLV; in Bayern: Art. 4 Abs. 2 Satz 2 LlbG). Wenn also bestimmte Tätigkeitsbereiche innerhalb einer Laufbahn nur in einem für die Wahrnehmung der Aufgaben erforderlichen spezifischen Ausbildungsgang wahrgenommen werden können, so scheidet die Übernahme als Anderer Bewerber aus.

Beispiel:

Tätigkeiten in der Steuerverwaltung, bei der Polizei, im Justizvollzug etc. Aber selbst hier sollte die Ernennung als Anderer Bewerber in eng begrenzten Ausnahmefällen denkbar sein.

In Hinblick auf die Effektivität des öffentlichen Dienstes wäre zu überlegen, ob man gerade auch in solchen Bereichen, in denen ein akuter Personalmangel besteht – wie zum Beispiel bei Lehrern – die Übernahme von Bewerbern in ein Beamtenverhältnis im Wege des „Anderen Bewerbers“ dann den Weg freimachen sollte, wenn man diesen Tätigkeitsbereich (richtigerweise) dem Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG unterstellt. Allerdings sind auch für Lehrer durch die jeweiligen landesrechtlichen Bestimmungen bestimmte Ausbildungsgänge und Prüfungen vorgeschrieben (Lehramtsprüfungen). Damit scheitert die Übernahme als Anderer Bewerber im Lehrerbereich an den gegenwärtigen gesetzlichen Bestimmungen, zumal der Lehrerberuf auch in einem Angestelltenverhältnis ausgeübt werden kann und häufig auch ausgeübt wird. In diesen Fällen würde die Übernahme in ein Beamtenverhältnis als Anderer Bewerber im Übrigen wohl auch bereits an dem hier in der Regel nicht gegebenen „besonderen dienstlichen Interesse“ scheitern (siehe Teil I.).

2. Feststellung der Befähigung (in Bayern: der Qualifikation)

Das Verfahren, das der Ernennung eines Anderen Bewerbers vorgeschaltet ist, regelt bei Bundesbeamten der Bundespersonalausschuss (§ 19 BBG i.V.m. § 8 Abs. 2 und § 22 Abs. 4 BLV). Den hierfür erforderlichen Antrag auf Feststellung einer Laufbahnbefähigung stellt die oberste Dienstbehörde, in deren Geschäftsbereich (also einschließlich der ihr nachgeordneten Behörden) die Einstellung in ein Beamtenverhältnis erfolgen soll – die also ein Interesse an der Ernennung des Anderen Bewerbers besitzt.

Näheres zum Verfahren findet man in den Bestimmungen des Bundespersonalausschusses über die Feststellung der Befähigung der anderen als Laufbahnbewerberinnen und Laufbahnbewerber für den Dienst in der Bundesverwaltung vom 23.4.2009 (GMBl. S. 638).

Bei diesem Verfahren ist sicherzustellen, dass der Andere Bewerber die für die angestrebte Laufbahn erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten besitzt und in der Lage ist, diese auch anzuwenden (§ 1). Der Bundespersonalausschuss kann dabei die Entscheidung auf einen Unterausschuss übertragen (§ 3).

Der Andere Bewerber muss – damit seine Befähigung festgestellt werden kann –, seine Fachrichtung in der seiner Laufbahngruppe (einfacher – mittlerer – gehobener – höherer Dienst) entsprechenden Vertiefung beherrschen und zugleich Kenntnisse in folgenden ausgewählten verwaltungsbezogenen Gebieten nachweisen:

  • Grundzüge des Verfassungsrechts,
  • Allgemeines Verwaltungsrecht,
  • Recht des öffentlichen Dienstes,
  • Haushaltsrecht,
  • Grundzüge des bürgerlichen Rechts,
  • Grundstrukturen und Begrifflichkeiten des Europarechts,
  • Organisation der (Bundes-)verwaltung und der Aufgaben des öffentlichen Dienstes,
  • Wirtschaftliches Verwaltungshandeln.

Über die Befähigung entscheidet dann der Ausschuss durch Mehrheitsbeschluss (§ 8).

Diese Feststellung des Bundespersonalausschusses ist für die oberste Dienstbehörde bzw. die jeweilige Einstellungsbehörde bindend (§ 123 Abs. 6 BBG). Die Befähigung muss – einmal festgestellt – beachtet und der Entscheidung über eine Ernennung zugrunde gelegt werden. Es verbleibt jedoch die Möglichkeit der Ablehnung eines Anderen Bewerbers aus allgemeinen Gründen (fehlende charakterliche Eignung, Leistungsprinzip im Vergleich mit weiteren Bewerbern etc.).

Spricht sich der Bundespersonalausschuss jedoch gegen die Befähigung aus, so ist eine gleichwohl vorgenommene Ernennung rechtswidrig, aber nicht nichtig (vgl. § 44 Abs. 3 Nr. 3 VwVfG). Sie wird dann nach den allgemeinen Vorschriften zurückgenommen. Das grundsätzliche Ermessen der Ernennungsbehörde ist hierbei auf „0“ reduziert. Wenn man allerdings davon ausgeht, dass die Rücknahme von Ernennungen speziell und ausschließlich durch § 14 BBG geregelt wird, dann wäre eine solche Berufung in das Beamtenverhältnis zwar rechtswidrig, aber wirksam.

Die Feststellung, ob und für welche Laufbahn ein Anderer Bewerber die Qualifikation besitzt, hat in Bayern die oberste Dienstbehörde zu treffen (Art. 52 Abs. 2 LlbG). Dies ist zum Beispiel bei Staatsbeamten das jeweilige Ministerium, bei Gemeindebeamten der Gemeinderat oder der Bürgermeister. Die oberste Dienstbehörde hat zu prüfen, ob der Andere Bewerber auf Grund seiner Lebens- und Berufserfahrung über die für die angestrebte Laufbahn – also in Bayern: Fachlaufbahn und Qualifikationsebene – erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten verfügt (siehe oben).

Beispiel:

Wird ein Bewerber, der die Laufbahnbefähigung nicht besitzt, als Anderer Bewerber ohne die erforderliche Zustimmung des Landespersonalausschusses ernannt, so ist seine Ernennung nach § 12 Abs. 1 Nr. 4 BeamtStG (zwingend) zurückzunehmen.

Zur Feststellung können im Übrigen auch bestimmte Leistungsnachweise, Beurteilungsbeiträge; Personalgespräche, Empfehlungen usw. herangezogen werden (vgl. Weiß/Niedermaier/Summer, Art. 52 LlbG, Rn. 20). Auch auf Landesebene werden die oben beschriebenen Grundkenntnisse in bestimmten Bereichen zu fordern sein. In Bayern ist also für die Feststellung der Befähigung nicht der Landespersonalausschuss zuständig, er muss jedoch jeder Ernennung eines Anderen Bewerbers gemäß Art. 4 Abs. 2 Satz 3 LlbG zustimmen.

3. Rechtliche Stellung des ernannten Anderen Bewerbers

Ein Anderer Bewerber ist nach seiner Berufung in das Beamtenverhältnis ein vollberechtigter Beamter mit den gleichen Rechten und Pflichten wie ein Beamter mit einer sonst üblichen Laufbahnbefähigung (Regelbewerber). Die einmal festgestellte Befähigung erstreckt sich damit auf die ganze Breite der Laufbahnaufgaben.

Vor seiner Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit muss der Andere Bewerber wie jeder „Regelbewerber“ eine Probezeit erfolgreich absolviert haben (§ 28 BLV).

Eine Anrechnung von bestimmten hauptberuflichen Erfahrungszeiten wäre zwar bis zur Dauer der Mindestprobezeit möglich, dabei gilt jedoch Folgendes: Zeiten, die im Rahmen der Feststellung der Befähigung als Nachweis der Berufserfahrung gewertet worden sind, dürfen nicht doppelt geltend gemacht werden. Daher können die Zeiten einer Tätigkeit vor der Feststellung der Qualifikation in der Regel nicht auf die Probezeit angerechnet werden.

Dagegen ist eine Kürzung der Probezeit – wieder bis zu der bereits erwähnten Mindestprobezeit – bei entsprechend guten Leistungen, die durch die Zwischenprobezeitbeurteilung oder durch eine Leistungseinschätzung während der Probezeit festgestellt werden, genauso wie bei den anderen Probezeitbeamten möglich.

An den auf die Übertragung des Beamtenverhältnisses auf Lebenszeit folgenden Beförderungs- und den dafür erforderlichen Auswahlverfahren nimmt der bereits ernannte Andere Bewerber ebenfalls in gleicher Weise teil, wie die sonstigen Regelbewerber.

Fazit:

Verwaltungen müssen einerseits sicherstellen, dass sich der Bürger auf eine bestmögliche Erledigung der öffentlichen Aufgaben verlassen kann, sie dürfen sich andererseits in Hinblick auf die Fülle ihrer Tätigkeitsbereiche Neuerungen nicht verschließen und das gilt insbesondere auch für die Rekrutierung des am besten geeigneten Personals. Insofern stellt die Rechtskonstruktion des Anderen Bewerbers zwar die Ausnahme vom Prinzip der sonst üblichen Laufbahnbefähigung dar, sie eröffnet aber die Möglichkeit des Zurückgreifens auf adäquate Berufserfahrungen und bietet damit die für eine moderne Verwaltung unverzichtbare Flexibilität – auch und gerade im Sinne des verfassungsrechtlich geforderten Leistungsprinzips (Art. 33 Abs. 2 GG).


Ihr

Dr. Maximilian Baßlsperger


§ 8 Abs. 2 BLV lautet:

(2) Haben Bewerberinnen oder Bewerber die erforderliche Befähigung durch Lebens- und Berufserfahrung erworben, erkennt der Bundespersonalausschuss oder ein von ihm zu bestimmender unabhängiger Ausschuss die Laufbahnbefähigung an.

§ 22 BLV lautet:

(1) Wer nicht die Voraussetzungen des § 7 Nummer 1 oder 2 Buchstabe a erfüllt, darf nur berücksichtigt werden, wenn keine geeigneten Bewerberinnen und Bewerber mit einer Laufbahnbefähigung für die entsprechende Laufbahn zur Verfügung stehen oder die Einstellung von besonderem dienstlichen Interesse ist.

(2) Nach Absatz 1 berücksichtigte Bewerberinnen und Bewerber müssen durch ihre Lebens- und Berufserfahrung befähigt sein, im Beamtendienst die Aufgaben ihrer künftigen Laufbahn wahrzunehmen. Eine bestimmte Vorbildung darf außer im Fall des Absatzes 3 von ihnen nicht gefordert werden.

(3) Ist eine bestimmte Vorbildung, Ausbildung oder Prüfung durch besondere Rechtsvorschrift vorgeschrieben oder nach ihrer Eigenart zwingend erforderlich, ist eine Einstellung nach Absatz 1 nicht möglich.

(4) Das Verfahren zur Feststellung der Laufbahnbefähigung nach § 8 Absatz 2 regelt der Bundespersonalausschuss.


Lesen Sie dazu auch die Beiträge:


Literaturhinweis:

  • Weiß/Niedermaier/Summer: Art. 4 LlbG, Rn. 5ff. und Art. 52 LlbG, Rn. 1ff.

  • Keck/Puchta/Konrad, Art. 52 LlbG, Rn. 1ff.

  • Lemhöfer/Leppek, § 22 BLV, Rn. 1ff.

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4 Kommentare zu diesem Beitrag
kommentiert am 12.03.2023 um 10:51:
Wenn Du was werden willst, dann geh in die Politik! Da brauchst Du weder was gelernt haben, noch etwas zu können! Jeder D... kann das!
kommentiert am 10.03.2023 um 08:27:
Sehr geehrter Dr. Baßlsperger, vielen Dank für den sehr informativen Beitrag. Gerne würde ich wissen ob es denkbar ist, dass ein Angestellter im öD Bund als Verwaltungfachwirt (Fortbildung AL 2) mit 5 Jahren Berufserfahrung im gehobenen Dienst als „anderer Bewerber“ die Möglichkeit zur Verbeamtung im gD bekommen kann. Freundliche Grüße
kommentiert am 10.03.2023 um 08:24:
Sehr geehrte Frau K. Zu Ihrer Frage möchte ich zunächst auf den ersten Teil dieses Beitrags hinweisen, der in der vergangenen Woche erschienen ist Bei Vorliegen eines dienstlichen Interesses wäre eine Verbeamtung durchaus denkbar. Sie sollten sich aber unbedingt mit der Stelle in Verbindung setzen, von der Sie ernannt werden wollen und fragen ob und wenn ja unter welcher Voraussetzung eine Verbeamtung erfolgen kann. In der Regel erfolgt aber keine Ernennung an der Behörde, an welcher Sie jetzt als Angestellte tätig sind. Im Übrigen gäbe es auch die Möglichkeit anderweitig - etwa durch einen nachträglichen Erwerb der Laufbahnqualifikation - zur Beamtin ernannt zu werden. Diese Fälle habe ich während meiner aktiven Zeit sehr oft erlebt und dabei festgestellt, dass sich Angestellte hier immer in besonderer Weise bewährt haben. Nicht nur die berufliche Erfahrung, sondern auch die Möglichkeit der Anrechnung von Vordienstzeiten machen diesen Weg interessant. Reden Sie über Ihre beruflichen Ziele unbedingt mit ihren Personalverantwortlichen und ggf. auch mit dem Personalrat. Beste Grüße!
kommentiert am 09.03.2023 um 14:55:
Sehr geehrter Dr. Baßlsperger, vielen Dank für den sehr informativen Beitrag. Gerne würde ich wissen ob es denkbar ist, dass ein Angestellter im öD Bund als Verwaltungfachwirt (Fortbildung AL 2) mit 5 Jahren Berufserfahrung im gehobenen Dienst als „anderer Bewerber“ die Möglichkeit zur Verbeamtung im gD bekommen kann. Freundliche Grüße
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