Liebe Leserin, lieber Leser,
der Entscheidung des AG Braunschweig liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Beamte trug in – durch seine Uniform erkennbarer – amtlicher Funktion Sorge dafür, dass wegen der Corona-Pandemie nur die zugelassene Anzahl an Personen in größerem Abstand Zugang zu einem Marktplatz erhielt. Der Beklagte betrat daraufhin ohne Erlaubnis den Platz. Der Beamte forderte ihn dazu auf, den Markt zu verlassen und sich ordnungsgemäß in der Schlange anzustellen. Als Reaktion hustete der Beklagte dem Beamten absichtlich mehrfach ins Gesicht. Dieser begab sich als Folge des Anhustens in eine zweiwöchige Selbstquarantäne und litt aufgrund der Unsicherheit über eine mögliche Infektion und der daraus resultierenden psychischen Belastung mehr als eine Woche an Schlaflosigkeit.
Das Gericht sprach dem Beamten unter anderem mit folgender Begründung ein Schmerzensgeld zu:
Das Anhusten stellt gegenwärtig eine Gesundheits- und Körperverletzung dar. Eine Körperverletzung ist jeder unbefugte Eingriff in die Integrität der körperlichen Befindlichkeit. Eine Gesundheitsverletzung ist jede nicht unerhebliche, vom normalen körperlichen Zustand nachteilig abweichende Veränderung oder deren Steigerung. Danach kann ein Anhusten nur im Ausnahmefall tatbestandsmäßig sein. Eine solche Ausnahme lag hier nach Ansicht des AG Braunschweig vor. Das Anhusten in das Gesicht, bei dem unweigerlich körperliche Aerosole freigesetzt werden, ist bei der Corona-Pandemie geeignet, das körperliche Wohlbefinden und die Gesundheit zu beeinträchtigen. Die Gesundheitsbeeinträchtigung resultiert hierbei aus den potentiellen Viren in den körpereigenen Aerosol-Partikeln. Zudem können auch psychische Beeinträchtigungen eine Gesundheitsverletzung darstellen, wenn sich diese nicht nur als Befindlichkeitsstörungen auswirken, sondern Krankheitswert haben und sich körperlich auswirken (Schlafstörung etc.).
Das Gericht hielt deshalb ein Schmerzensgeld in Höhe von 250.- Euro als Ausgleich des immateriellen Schadens nach § 823 Abs. 1 und § 253 BGB für angemessen.
Hinweis:
In diesem Fall droht dem Täter außerdem ein Strafverfahren wegen des Verstoßes gegen das Infektionsschutzgesetz (IfSG). Danach können die Regierungen der Bundesländer Ge- und Verbote in Form von Rechtsverordnungen erlassen, um damit die Ausbreitung einer übertragbaren Krankheit mit COVID-19 einzudämmen. Dies ist mit den Corona-Verordnungen der Länder geschehen.
Insofern kann auch ein während der Corona-Pandemie erfolgtes Anhusten nicht nur zu einem Schmerzensgeldanspruch des Betroffenen führen, sondern darüber hinaus als Straftat geahndet werden, wenn dies einen Verstoß gegen behördliche Anordnungen darstellt, die auf einer Corona-Verordnung beruht (z. B. Maskenpflicht).
Die Straftatbestände ergeben sich aus §§ 74, 75 IfSG.
Ergänzend sei auf Folgendes hingewiesen: Die Tatsache, dass der Kläger in amtlicher Tätigkeit absichtlich „angehustet“ wurde, kann für die Entscheidung nicht maßgeblich sein. Ein Schmerzensgeld hätte auch jedem anderen Bürger in gleicher Weise zugestanden.
Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger
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