Liebe Leserin, lieber Leser,
jeder Rentner, der sein Leben lang brav gearbeitet und sich nie etwas zuschulden kommen hat lassen, muss dabei schier verzweifeln: Ein verurteilter Straftäter, der seine Gefängnisstrafe absitzt, erhält einen Betrag in Höhe von 6700 € Pension – ein Vielfaches seiner Rentenbezüge.
Wie kann das sein?
Der verbrecherische Exminister habe bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens seine Rechte als Ruhestandsbeamter durch die Verurteilung nicht verloren, so entschied das OVG Koblenz (Az.: 2 B 11489/20.OVG) am 22.2.2021. Maßgeblich war dabei die in Bund und Ländern einheitliche und hier nach dem Gericht nicht einschlägige Regelung über den Verlust der Versorgungsbezüge bei einer strafgerichtlichen Verurteilung.
Dieser Verlust der Versorgungsbezüge setzt bei einem pensionierten Beamten voraus:
a) die Verurteilung zu einer Gefängnisstrafe von mindestens 2 Jahren und
b) eine vorsätzliche Tat.
Der Verlust aller Beamtenrechte setzt bei einem aktiven Beamten wiederum voraus:
a) die Verurteilung zu einer Gefängnisstrafe von mindestens einem Jahr und
b) eine vorsätzliche Tat.
Diese Voraussetzungen waren beide erfüllt, denn Deubel hatte seine Straftaten sowohl während seiner aktiven Zeit als auch später im Ruhestand begangen!
Aber:
Die Strafe des Exministers setzte sich als Gesamtfreiheitsstrafe aus der Erfüllung mehrerer und verschiedener Straftatbestände zusammen und zwar wegen Untreue (vierfach begangen während der aktiven Zeit) und wegen einer uneidlicher Falschaussage (begangen während des Ruhestands).
Die Dienstbehörden und die Verwaltungsgerichte sind aber bei ihrer Wertung, die zum Verlust der Versorgungsbezüge führen kann, an die rechtskräftige Verurteilung gebunden. Sie dürfen nur prüfen:
Das OVG Koblenz hat hierzu entschieden:
Für die nach der Zurruhesetzung begangene uneidliche Falschaussage sei Deubel zu 16 Monaten Haft verurteilt worden – er bleibe damit unter der Grenze von zwei Jahren für Straftaten während des Ruhestands.
Ziehe man nun diese 16 Monate von der Gesamtstrafe von 27 Monaten ab, so blieben für die Untreuehandlungen vor der Zurruhesetzung noch elf Monate – und damit befinde sich der Ex-Politiker unter der Grenze, die bei Straftaten im aktiven Dienstverhältnis bei einem Jahr liege.
Das Gericht führte insbesondere aus:
„Aus diesen Gründen ist der Antragsteller nach wie vor Versorgungsempfänger. Eine Verpflichtungsklage auf Erlass eines dies feststellenden Verwaltungsaktes hat ebenso Aussicht auf Erfolg wie eine unmittelbar auf Zahlung von Versorgungsbezügen und Beihilfe gerichtete Leistungsklage“.
Fazit:
Ein schier unglaubliches Ergebnis, das aber mit dem geltenden Recht in Einklang steht. Eine Gesetzesänderung für künftige Fälle würde wohl sicher auf das Verständnis der Öffentlichkeit stoßen!
Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger
Einschlägige Vorschriften:
A) Ruhestandsbeamte:
§ 70 LVersG Rheinland Pfalz (entspricht § 59 BeamtVG des Bundes und den entsprechenden Vorschriften anderer Länder – z.B.: Art 80 Bay BeamtVG)
(1) Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamte,
gegen die wegen einer vor Beendigung des Beamtenverhältnisses begangenen Tat eine Entscheidung ergangen ist, die nach § 24 BeamtStG zum Verlust der Beamtenrechte geführt hätte, oder
die wegen einer nach Beendigung des Beamtenverhältnisses begangenen Tat durch ein deutsches Gericht im Geltungsbereich des Grundgesetzes im ordentlichen Strafverfahren
a) wegen einer vorsätzlichen Tat zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren oder
b) wegen einer vorsätzlichen Tat, die nach den Vorschriften über Friedensverrat, Hochverrat, Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates oder Landesverrat und Gefährdung der äußeren Sicherheit strafbar ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten
verurteilt worden sind, verlieren mit der Rechtskraft der Entscheidung ihre Rechte als Ruhestandsbeamte und Ruhestandsbeamtinnen; dies gilt für Hinterbliebene entsprechend.
B) Aktive Beamte:
§ 24 BeamtStG (entspricht § 41 BBG):
(1) Wenn eine Beamtin oder ein Beamter im ordentlichen Strafverfahren durch das Urteil eines deutschen Gerichts
wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr oder
wegen einer vorsätzlichen Tat, die nach den Vorschriften über Friedensverrat, Hochverrat und Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates, Landesverrat und Gefährdung der äußeren Sicherheit oder, soweit sich die Tat auf eine Diensthandlung im Hauptamt bezieht, Bestechlichkeit, strafbar ist, zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten
verurteilt wird, endet das Beamtenverhältnis mit der Rechtskraft des Urteils.
Lesen Sie dazu auch die Beiträge:
Literaturhinweis:
Lexikon Beamtenrecht: Stichwort: „Verlust der Versorgung“
Stegmüller/Schmalhofer u.a. Beamtenversorgungsrecht des Bundes und der Länder, Landesteil Bayern, § 59 BeamtVG, Rn. 1ff.
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