Kritik an der Nivellierung der Bildungslandschaft

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In dem Beitrag der vergangenen Woche mit dem Titel Promotion auch an Fachhochschulen möglich wurde bereits ein Beispiel für die vom Europarecht aufoktroyierte Nivellierung der deutschen Bildungslandschaft besprochen. Hiergegen bestehen Bedenken, die nicht unerwähnt bleiben dürfen und zu einer Diskussion Anlass geben sollten.

Liebe Leserin, lieber Leser,

nicht nur die Promotionsmöglichkeiten für FH-Absolventen haben sich durch die Vereinheitlichung von Studiengängen und -abschlüssen (Bachelor/Master) wesentlich verbessert. An die Stelle des früheren „Diploms“ sind in der Folge der bildungsrechtlichen Europäisierung „Bachelor“ und „Master“ getreten.

Hinsichtlich dieser „Gleichmacherei“ in der europäischen Bildungslandschaft bestehen aber auch gravierende Bedenken:

Kritik:

Die Dissertation ist untrennbar mit dem Begriff der Forschung verbunden. Im Untertitel „Promotion“ weist Hartmer in Kapitel 5 des Kommentars Hartmer/Detmer zum Hochschulrecht eingehend in seiner 4. Auflage 2022 darauf hin, dass die Durchbrechung des Promotionsanspruchs der Universitäten zu einem „Dammbruch“ mit äußerst negativen Folgen für das in Deutschland bewährte Gesamtsystem führen kann und führen wird (Rn. 10). Die Universitäten würden dadurch als Institution einen Teil ihres tradierten unverwechselbaren Profils verlieren. Gleichzeitig wird der akademische Grad des „Doktors“ in der Konsequenz insgesamt abgewertet.

Diese Durchbrechung sei nach Hartmer eine Folge des politisch gewollten Ziels einer Nivellierung der Hochschullandschaft, welche von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts insofern gestützt werde, als nach dem (neuen) Wissenschaftsbegriff auch eine Lehre geschützt sei, die nicht aus der eigenen Forschung resultiere (BVerfG v. 13.4.2010 – 1 BvR 216/07 – BVerfGE 126, 1). Die Gleichmacherei äußerte sich nach dem Autor zunächst insofern, als den Universitäten und den Fachhochschulen in Hinblick auf den „Bologna-Prozess“ unterschiedslos die Vergabe der Abschlüsse Bachelor und Master eingeräumt wurde.

Stellungnahme:

Ob die Übertragung des Promotionsrechts auf die Fachhochschulen = Hochschulen für angewandte Wissenschaften richtig ist, mag jeder für sich entscheiden. Universitäten und Fachhochschulen besitzen beide ihre absolute Berechtigung in der deutschen Bildungslandschaft. Es kann jedenfalls nicht bestritten werden, dass ein Arbeitgeber auf einen Absolventen, der im Rahmen der „angewandten Wissenschaft“ bestmöglich auf seinen künftigen Beruf vorbereitet wurde, den Vorzug geben wird – auch ohne Doktortitel.

Die europarechtlich vorgegebene Nivellierung bringt für Deutschland aber zweifellos auch Nachteile mit sich.

Beispiel:

  • Der Abschluss „Diplomingenieur“ an einer deutschen Universität oder auch (nur) an einer deutschen Fachhochschule hatte früher Weltgeltung. Diesem Prädikat wurde durch die Europäisierung und die Nivellierung der Bildungsabschlüsse in Bachelor- und Masterabschlüsse völlig der Boden entzogen.

Mittlerweile wird sogar der Meisterabschluss im Handwerk dem Bachelor-Abschluss an einer Eliteuniversität gleichgesetzt. (Siehe dazu den Beitrag: Handwerksmeister = Bachelor?)

Um Missverständnissen, wie sie in den Kommentaren zu diesem früheren Beitrag offensichtlich bestehen, gleich entgegenzuwirken:

  1. Jeder Handwerksmeister verdient hinsichtlich seiner beruflichen Qualifikation größte Anerkennung!

  2. Während meiner aktiven Zeit an der Hochschule für den öffentlichen Dienst in Bayern habe ich gleich mehrfach festgestellt, dass die Anwärter, die vor ihrer Ausbildung bereits eine Handwerkslehre abgeschlossen hatten oder sogar einen Meisterbrief vorweisen konnten, bei der Laufbahnprüfung weit vorne lagen und damit den ersten Schritt für eine Verkürzung ihrer Probezeit gegangen sind (vgl. Art. 36 Abs. 1 LlbG).

Allerdings:

Die Notwendigkeit dieser Nivellierung Hochschulabschluss – Meisterprüfung ist keinesfalls erforderlich und entzieht sich wohl jeglichem Verständnis: Handwerk und Studium stellen für sich und völlig unabhängig voneinander unverzichtbare Teile der Berufslandschaft dar. Wobei nicht unerwähnt bleiben sollte, dass diese Gleichmacherei unter der vormaligen Bundesbildungsministerin Annette Shavan beschritten wurde, der ihr akademischer Grad zwar offensichtlich sehr wichtig war, auch wenn sie sich diesen erwiesenermaßen erschlichen hatte. Siehe dazu: den Beitrag: Aberkennung des Doktorgrades

An dieser Stelle sei nochmals auf eine bereits in dem Beitrag der vergangenen Woche angeführte Teil-Lösungsmöglichkeit hingewiesen:

Universitäten empfehlen ihren Promovierten nicht nur den Titel, sondern diesen gemeinsam mit dem Zusatz „univ.“ zu führen, um den hohen Qualitätsstandard zu dokumentieren.

Mit einem solchen Zusatz lassen sich im Übrigen auch die akademischen Würden der Universitätsprofessoren von denen der Fachhochschulprofessoren unterscheiden. Dieser Zusatz ist zwar nicht vorgeschrieben, aber (noch) erlaubt und er dient der klaren Unterscheidung, weil ein Zusatz „Fachhochschule“ nicht erforderlich ist.


Ihr

Dr. Maximilian Baßlsperger


Lesen Sie dazu:


Literaturhinweis:

  • Weiß/Niedermaier/Summer, Beamtenrecht in Bayern, Rn. 1ff. zu § 61 BeamtStG
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2 Kommentare zu diesem Beitrag
kommentiert am 07.02.2023 um 15:57:
Liebe(r) Frau/Herr K.H.! Bitte lesen Sie einfach einmal den nächsten Beitrag in dieser Reihe. Da werden weitere Modelle der Laufbahnbefähigung dargestellt.
kommentiert am 06.02.2023 um 09:15:
Wieder ein sehr schöner Beitrag, Das sollte so manchen Handwerker ggf. anregen, den Schritt in den öff. Dienst zu beschreiten! Es gibt aber dafür doch sogar auch noch andere Möglichkeiten, als zu studieren?
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