Liebe Leserin, lieber Leser,
wie das OVG Koblenz in seiner Entscheidung vom 27.8.2020 – 2 B 10849/20 – bestätigte, sind Beförderungen im Umweltministerium des Landes Rheinland-Pfalz völlig willkürlich und noch nicht einmal im Ansatz rechtmäßig vorgenommen worden. Es soll sich dabei seit dem Jahr 2011 um rund 160 solcher Maßnahmen gehandelt haben.
Besonders erwähnt werden muss auch noch Folgendes: Der verantwortliche Staatssekretär Griese war vor seinem (letzten) Wechsel in die Politik Vorsitzender Richter am LAG Köln, Mitglied eines Justizprüfungsausschusses und sogar stellvertretendes Mitglied des Verfassungsgerichtshofes NRW!
Seit 2016 ist Griese zudem Aufsichtsratsvorsitzender der „Energieagentur Rheinland-Pfalz“ und übt damit sicher keine ganz schlecht bezahlte Nebentätigkeit aus.
Das OVG Koblenz hat in seiner o.g. Entscheidung sehr anschaulich von einer „Ämterpatronage“ und „Günstlingswirtschaft“ in Zusammenhang mit dem betroffenen Ministerium gesprochen. Das Gericht rügte damit ein „von Willkür“ geprägtes, „marodes Beförderungssystem“ ohne jede Bindung an die Vorgaben des Grundgesetzes. Das Beförderungsgeschehen im Umweltministerium des Landes genüge – „noch nicht einmal im Ansatz“ – den rechtsstaatlichen Anforderungen. Anders ausgedrückt: Befördert wurde vermutlich vorwiegend, wer als Beamter seine Entscheidungen gemäß den Vorgaben und Wünschen der Politik und nicht im Interesse der Allgemeinheit getroffen hat. Und das ist genau das Gegenteil von dem, was das Grundgesetz von unserem an Recht und Gesetz gebundenen Berufsbeamtentum verlangt!
Ein Leitsatz der Entscheidung lautet deshalb völlig richtig:
„Leidet ein Beförderungsgeschehen an derartigen Mängeln, dass es das verfassungsrechtliche System der Bestenauslese gänzlich unterläuft und das Leistungsprinzip konterkariert, ist es schon im Ansatz nicht geeignet, den Bewerbungsverfahrensanspruch eines Beamten zu gewährleisten“.
Weitere Recherchen der Medien brachten zutage, dass es sich dabei nicht nur um Einzelfälle handelt, sondern dass Beförderungsstellen im Ministerium seit mehreren Jahren noch nicht einmal ausgeschrieben wurden. Die Stellen wurden in den meisten Fällen auch ohne die gesetzlich vorgeschriebene, formalisierte Beurteilung der Bewerber vergeben. Dies ist ein glatter, kaum zu glaubender Verstoß gegen das Leistungsprinzip des Art. 33 Abs. 2 GG und gegen grundlegende Vorgaben des bestehenden Beamtenrechts.
CDU-Fraktionschef Christian Baldauf forderte daraufhin Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) auf, ihre Umweltministerin Höfken von den Grünen und auch deren Parteifreund Staatssekretär Griese wegen des unglaublichen Beförderungsskandals zu entlassen1. Wirkliche Einsicht in das Fehlverhalten sei weder bei Staatssekretär Griese noch bei der politisch verantwortlichen Ministerin Höfken erkennbar, stellte Baldauf fest. Beim Verzicht auf Beurteilungen und Ausschreibungen werde vielmehr verharmlosend von einem „vereinfachten Verfahren“ gesprochen, der Skandal werde „schön- und kleingeredet“2. Die Ministerpräsidentin ließ die Rücktrittsforderungen von einer Sprecherin zurückweisen. Sie argumentierte, sie sei nicht die Vorgesetzte der Landesminister.
Das ist zwar richtig, aber dennoch fragt sich der erstaunte Wähler, welche politischen Konsequenzen wären hier bei dem sogar gerichtlich festgestellten Beförderungsskandalen wohl einzig und allein die richtigen gewesen …
Höfken und Griese kündigten mittlerweile übrigens ihren Rückzug aus der Politik an, aber nicht etwa wegen ihrer Verfassungsverstöße, sondern „wegen Alters“.3
In Rheinland-Pfalz wird am 14.03.2021 ein neuer Landtag gewählt – aus Sicht des am Leistungsprinzip ausgerichteten Berufsbeamtentums wohl: „Gott sei Dank!“
Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger
Lesen Sie dazu auch die Beiträge mit dem Titel:
Literatur:
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