Liebe Leserin, lieber Leser,
die Lehrerin folgte einem Aufruf des Bayer. Kultusministers zur Hilfeleistung bei dem auch in Bayern bestehenden Lehrernotstand. Ihr Entgegenkommen, das u.a. darin bestand, eine erhöhte Stundenzahl (14 Wochenstunden) zu erbringen, wurde vertraglich vereinbart und die alte Dame stürzte sich mit Begeisterung in ihre wiedererlangte Aufgabe. Allein: Finanziell war das ein Reinfall, denn ihr Zuverdienst überschritt die von Art. 83 BayBeamtVG vorgegebene Höchstgrenze.
In der Regel darf ein Beamter nach Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze, die vom 65. stufenweise auf das 67. Lebensjahr angehoben wurde (Art. 62 Satz 1, Art. 143 Abs. 1 BayBG), gemäß Art. Art. 83 Abs. 5 BayBeamtVG ohne Weiteres so viel hinzuverdienen, wie er will (oder kann). Dies gilt nach dieser Vorschrift jedoch nicht für das Erwerbseinkommen aus einer Verwendung im öffentlichen Dienst – und das ist bei Lehrern nun einmal der Fall. Dahinter steht die Überlegung, dass der (ehemalige) Beamte vom Staat nicht doppelt alimentiert werden soll.
Der Fall zeigt erneut, dass gesetzliche Regelungen oft nicht nur sinnlos sind, sondern dem Interesse der Allgemeinheit – und damit auch dem Interesse des Gesetzgebers selbst – sogar diametral entgegenlaufen: Bei dem akuten Lehrermangel besteht ein gesteigertes Interesse an der Einbindung ehemaliger Lehrkräfte in den Unterrichtsbetrieb. Aber jeder pensionierte und immer noch hoch motivierte Pädagoge wird doch eine Tätigkeit ablehnen, wenn er mit den beschriebenen finanziellen Auswirkungen rechnen muss!
Besonders anzumerken bleibt hier jedoch Folgendes:
Nicht den Beamten, der den Bescheid erlassen hat, trifft hier der „Schwarze Peter“, sondern den Gesetzgeber, der solche sinnwidrigen Gesetze erlässt – bzw. nicht ändert. Der Beamte ist nämlich nach dem Rechtsstaatsprinzip gehalten, vorhandene gesetzliche Regelungen umzusetzen – auch wenn sie noch so „dumm“ sind, wie in diesem Fall. Anderenfalls läuft er Gefahr, in Regress genommen zu werden.
Im Sinne eines möglichst gut funktionierenden Schulsystems sind die Gesetzgeber in Bund (vgl. § 53 BeamtVG) und Ländern gehalten, diese überall bestehende gesetzliche Sinnlosigkeit rückwirkend zu beseitigen. Ein Verstoß gegen das sonst geltende Rückwirkungsverbot läge deshalb nicht vor, weil sich hierdurch lediglich ein rechtlicher (und tatsächlicher) Vorteil für die Betroffenen ergäbe.
Nachtrag:
Es kann nicht damit gerechnet werden, dass eine Lehrerin die diffizilen versorgungsrechtlichen Regelungen kennt. Die Schulbehörde hätte also in dem oben geschilderten Fall die Lehrerin aus Fürsorgegründen auf die finanziellen Folgen hinweisen müssen. Da dies unterlassen wurde, die Lehrerin die Rückzahlungsforderung aber sofort beglichen hat, ist ihr die Behörde zum Schadensersatz in eben der geleisteten Zahlung verpflichtet. Die Fürsorgepflicht besteht nämlich auch gegenüber einem Ruhestandsbeamten. Anspruchsgrundlage wäre hier § 45 BeamtStG. Zuständig ist das Verwaltungsgericht.
Die Lehrerin hat mit der Behörde wohl einen privatrechtlichen Arbeitsvertrag abgeschlossen, insofern bestünde auch in zivilrechtlicher Hinsicht ein Schadensersatzanspruch und zwar aus „culpa in contrahendo“. Dieser Anspruch ist in den §§ 280 I, 311 II, 241 II BGB geregelt und muss vor dem Arbeitsgericht geltend gemacht werden.
Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger
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Literaturhinweis:
Der nächste Beitrag in dieser Reihe erscheint nach den Osterferien am 17. April.
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