Brückenteilzeit – Inhalt der Neuregelung

Am 1.1.2019 treten wesentliche Änderungen im Teilzeitrecht in Kraft. Kernstück der Neuregelungen ist § 9a TzBfG – „Brückenteilzeit“.

Allgemeines


Neben dem Anspruch auf zeitlich nicht begrenzte Teilzeitarbeit (§ 8 TzBfG) besteht damit ein allgemeiner gesetzlicher Anspruch auf Brückenteilzeit. Die Anspruchsvoraussetzungen und das Verfahren der Antragstellung des § 9a TzBfG entsprechen überwiegend den Regelungen des § 8 TzBfG und nehmen hierauf Bezug, was die Anwendung der Vorschriften über die Brückenteilzeit erleichtert. Teilzeitansprüche aufgrund anderer Gesetze (z. B. nach BEEG, PflegeZG oder FPfZG) bleiben unberührt-

 

Beschäftigte können durch Inanspruchnahme des § 9a TzBfG verlangen, dass ihre Arbeitszeit für einen im Voraus begrenzten Zeitraum verringert wird, ohne befürchten zu müssen, auf unbestimmte Zeit in der Teilzeittätigkeit zu verbleiben.

 


Anspruchsvoraussetzungen – § 9a Abs. 1 TzBfG

 

Der Anspruch auf (erstmalige) Brückenteilzeit setzt Folgendes Voraus:

 

  • Arbeitsverhältnis besteht länger als sechs Monate („Wartezeit“);

  • Gewünschter Zeitraum der Brückenteilzeit: mindestens ein und höchstens fünf Jahre. Dieser Zeitraum kann durch Tarifvertrag abweichend auch zuungunsten des Arbeitnehmers festgelegt werden (§ 9a Abs. 6 TzBfG). Unabhängig davon bleibt es den Arbeitsvertragsparteien unbenommen, einen anderen Zeitraum zu vereinbaren;

  • Arbeitgeber beschäftigt i. d. R. mehr als 45 Arbeitnehmer („Schwellenwert“); Personen in Berufsausbildung werden hier nicht berücksichtigt (§ 9a Abs. 7 TzBfG);

  • Arbeitgeber mit i. d. R. mehr als 45, aber nicht mehr als 200 Arbeitnehmern können einen Antrag ablehnen, wenn sich bereits mindestens ein Arbeitnehmer pro angefangene 15 Arbeitnehmer in Brückenteilzeit befindet („Zumutbarkeitsschwelle“);

  • Keine entgegenstehende betriebliche Gründe;

  • Antrag des Arbeitnehmers in Textform mindestens drei Monate vor gewünschtem Beginn der Teilzeit.

 

Dem gesetzlichen Teilzeitrecht folgend ist der Anspruch auf Brückenteilzeit nicht an das Vorliegen bestimmter Gründe (z. B. Kindererziehung oder Pflege von Angehörigen) gebunden.

 


Ablehnung des Antrags – § 9a Abs. 2 TzBfG

 

Entgegenstehende betriebliche Gründe – § 9a Abs. 2 Satz 1 TzBfG

 

Ebenso wie bei der zeitlich nicht begrenzten Teilzeitarbeit nach § 8 TzBfG kann der Arbeitgeber den Antrag auf Brückenteilzeit ablehnen, wenn betriebliche Gründe entgegenstehen (§ 9a Abs. 2 Satz 1 HS 1 TzBfG). Insoweit wird auf § 8 Abs. 4 TzBfG verwiesen (§ 9a Abs. 2 Satz 1 HS 2 TzBfG). Danach liegt ein betrieblicher Grund insbesondere vor, wenn die Verringerung der Arbeitszeit die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht (§ 8 Abs. 4 Satz 2 TzBfG).

 


Zumutbarkeitsgrenze – § 9a Abs. 2 Satz 2 TzBfG

 

Für Arbeitgeber, die i. d. R. nicht mehr als 200 Arbeitnehmer beschäftigen, enthält das Gesetz eine Zumutbarkeitsgrenze. Sie können – auch ohne Vorliegen betrieblicher Gründe – die begehrte zeitlich begrenzte Verringerung der Arbeitszeit ablehnen, wenn zum Zeitpunkt des Beginns der begehrten Verringerung pro angefangene 15 Arbeitnehmer bereits mindestens ein Arbeitnehmer zeitlich begrenzt in Teilzeit nach dem TzBfG arbeitet; angerechnet werden nicht alle Teilzeitbeschäftigten, sondern nur die Arbeitnehmer mit zeitlich begrenzter Teilzeitarbeit nach § 9a Abs. 1 TzBfG.

 

Da § 9a Abs. 2 Satz 2 TzBfG ausdrücklich auf den „Arbeitgeber“ abstellt, kommt es nicht auf den Personalbestand des Betriebs, sondern des Unternehmens an.

 

Bei der Berechnung nach § 9a Abs. 2 Satz 2 TzBfG werden auch die ersten 45 Arbeitnehmer (§ 9a Abs. 1 Satz 2 TzBfG) mitgezählt, nicht jedoch die Personen in Berufsausbildung (§ 9a Abs. 7 TzBfG).

 

Haben mehrere Arbeitnehmer für den gleichen Tag den Beginn ihrer Brückenteilzeitarbeit beantragt, entscheidet der Arbeitgeber bei einer evtl. Auswahl nach billigem Ermessen (§ 315 BGB), welcher Arbeitnehmer vorzuziehen ist. Die Entscheidung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die Interessen angemessen berücksichtigt worden sind. Dabei hat der Arbeitgeber auch persönliche, soziale und familiäre Gesichtspunkte abzuwägen, wie z. B. Erziehungs- oder Pflegeaufgaben, die nicht durch Ansprüche nach dem BEEG, dem PflegeZG oder dem FPfZG abgedeckt sind, oder die Versorgung schwer erkrankter Angehöriger oder die Ausübung eines Ehrenamtes.

 

Stichtag für die Berechnung ist der geplante Tag des Beginns der Brückenteilzeit. Zum Zeitpunkt seiner Entscheidung über den Antrag hat der Arbeitgeber in einer Prognose die voraussichtliche Situation an diesem Tag zu berücksichtigen. Evtl. Änderungen der Verhältnisse nach der Entscheidung führen nicht zu einer Revidierung der Entscheidung.

 


Verfahren – § 9a Abs. 3 TzBfG

 

Grundsatz

 

Das Verfahren der Antragstellung entspricht weitgehend den Regelungen für den Anspruch auf zeitlich nicht begrenzte Teilzeitarbeit. Daher verweist § 9a Abs. 3 TzBfG auf § 8 Abs. 2 bis 5 TzBfG.

 

Zu unterscheiden sind:

  • gewünschter Umfang der Verringerung der Arbeitszeit (§ 9a Abs. 3 Satz 1 TzBfG);

  • gewünschte Verteilung der verringerten Arbeitszeit (§ 9a Abs. 3 Satz 1 TzBfG);

  • gewünschter begrenzter Zeitraum der Teilzeitarbeit (§ 9a Abs. 3 Satz 2 TzBfG).

 


Gewünschter Umfang der Verringerung und gewünschte Verteilung der Arbeitszeit – § 9a Abs. 3 Satz 1 TzBfG

 

Nach § 9a Abs. 3 Satz 1 TzBfG gilt für den Umfang der Verringerung der Arbeitszeit und für die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit § 8 Abs. 2 bis 5 TzBfG. Die Verweisungen bedeuten in zeitlicher Reihenfolge im Einzelnen folgende Verfahrensschritte:

 

  • Der Arbeitnehmer muss die Verringerung seiner Arbeitszeit und den Umfang der Verringerung spätestens drei Monate vor dem gewünschten Beginn in Textform geltend machen (§ 8 Abs. 2 Satz 1 TzBfG).

  • Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben die gewünschte Verringerung der Arbeitszeit mit dem Ziel zu erörtern, zu einer Vereinbarung zu gelangen (§ 8 Abs. 3 Satz 1 TzBfG).

  • Über die Verteilung der Arbeitszeit ist Einvernehmen zu erzielen (§ 8 Abs. 3 Satz 2 TzBfG).

  • Der Arbeitgeber hat seine Entscheidung bis spätestens einen Monat vor dem Beginn der Verringerung schriftlich mitzuteilen (§ 8 Abs. 5 Satz 1 TzBfG).

  • Geschieht dies nicht und gibt es auch keine Vereinbarung, verringert sich die Arbeitszeit in dem vom Arbeitnehmer gewünschten Umfang (§ 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG).

  • Wurde kein Einvernehmen über die Verteilung der Arbeitszeit erzielt, gilt die gewünschte Verteilung als festgelegt, wenn der Arbeitgeber sie nicht bis spätestens einen Monat vor Beginn der Verringerung der Arbeitszeit schriftlich abgelehnt hat (§ 8 Abs. 5 Satz 3 TzBfG).

 


Gewünschter Zeitraum der Verringerung der Arbeitszeit – § 9a Abs. 3 Satz 2 TzBfG

 

Für den begehrten Zeitraum der Verringerung der Arbeitszeit (mindestens ein Jahr und höchstens fünf Jahre) sind nach § 9a Abs. 3 Satz 2 TzBfG die Vorschriften in § 8 Abs. 2 Satz 1 (Geltendmachung), Abs. 3 Satz 1 (Erörterungspflicht mit dem Ziel der Verständigung), Abs. 4 (entgegenstehende betriebliche Gründe), Abs. 5 Satz 1 (Mitteilung der Entscheidung des Arbeitgebers) und Abs. 5 Satz 2 TzBfG (Verringerung der Arbeitszeit im begehrten Zeitraum) anzuwenden.

 


Ausschluss des § 9 TzBfG – § 9a Abs. 4 TzBfG

 

Während der Brückenteilzeit besteht gem. § 9a Abs. 4 TzBfG kein gesetzlicher Anspruch auf Verlängerung oder Verkürzung der Arbeitszeit oder vorzeitige Rückkehr zur früheren Arbeitszeit. Die Anwendung des § 9 TzBfG ist daher ausdrücklich ausgeschlossen. Einvernehmliche Regelungen sind jedoch jederzeit möglich. Unberührt bleibt auch die Möglichkeit, die Arbeitszeit aufgrund anderer Gesetze (z. B. BEEG, PflegeZG, FPfZG) zu verändern.

 

Nach Ablauf der Brückenteilzeit kehrt der Arbeitnehmer zu der vor der Teilzeitarbeit geschuldeten Arbeitszeit (Vollzeit- oder Teilzeitarbeit) zurück. Es besteht kein Anspruch auf Beschäftigung auf dem gleichen Arbeitsplatz. Der Arbeitgeber kann vielmehr im Rahmen seines arbeitsvertraglichen Direktionsrechts eine gleichwertige Arbeit zuweisen.

 


Erneuter Antrag – § 9a Abs. 5 TzBfG

 

Ist ein Arbeitnehmer zur ursprünglichen Arbeitszeit zurückgekehrt, kann er eine erneute Verringerung der Arbeitszeit nach den Vorschriften des TzBfG (zeitlich begrenzte Verringerung der Arbeitszeit nach § 9a Abs. 1 TzBfG oder zeitlich nicht begrenzte Verringerung der Arbeitszeit nach § 8 Abs. 1 TzBfG) frühestens ein Jahr nach dieser Rückkehr verlangen (§ 9a Abs. 5 Satz 1 TzBfG). Dadurch gewinnt der Arbeitgeber Planungssicherheit.

 

Hat der Arbeitgeber einen Antrag auf Brückenteilzeit zu Recht aus entgegenstehenden betrieblichen Gründen abgelehnt, gilt für einen erneuten Antrag – wie bei der zeitlich nicht begrenzten Teilzeitarbeit – eine Frist von zwei Jahren nach der berechtigten Ablehnung (§ 9a Abs. 5 Satz 2 i. V. m. § 8 Abs. 6 TzBfG).

 

Nach berechtigter Ablehnung aufgrund der Zumutbarkeitsregelung für Arbeitgeber mit insgesamt nicht mehr als 200 Arbeitnehmern (§ 9a Abs. 2 Satz 2 TZBfG) kann der Arbeitnehmer frühestens nach Ablauf von einem Jahr erneut eine Verringerung der Arbeitszeit verlangen (§ 9a Abs. 5 Satz 3 TzBfG).

 

 

Bernhard Faber

Richter am Arbeitsgericht Augsburg a. D.

Informationen zur Brückenteilzeit

Im Koalitionsvertrag 2018 waren erhebliche Veränderungen des Teilzeit- und Befristungsrechts vereinbart. Mit dem „Gesetz zur Weiterentwicklung des Teilzeitrechts – Einführung einer Brückenteilzeit“ vom 11.12.2018 sind vereinbarte Veränderungen umgesetzt worden. Die Änderungen, insbesondere das Recht auf die sogenannte Brückenteilzeit, sind mit Wirkung vom 01.01.2019 in Kraft getreten. In unserem Spezialbeitrag zum Thema von Dr. Erik Schmid werden die Neuerungen zum Anspruch auf Brückenteilzeit erläutert

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