BAG vom 24.05.2018 – 6 AZR 191/17
Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 24.05.2018 – 6 AZR 191/17
Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) – Besonderer Teil Krankenhäuser – (BT-K) § 48 Abs. 2; Durchgeschriebene Fassung des TVöD für den Dienstleistungsbereich Krankenhäuser im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD-K) § 7 Abs. 1, Abs. 5, § 8 Abs. 5 Satz 1, § 26 Abs. 1, Abs. 2, § 27 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 4, Abs. 5, § 37 Abs. 1
Vorinstanz: LAG Rheinland-Pfalz Urteil vom 16.02.2017 – 5 Sa 474/16 –
Orientierungssätze
1. | § 7 Abs. 1 Satz 1 TVöD-K setzt für das Vorliegen von Wechselschichtarbeit voraus, dass der Beschäftigte längstens nach Ablauf eines Monats erneut zu mindestens zwei Nachtschichten herangezogen wird. Maßgeblich ist nicht der jeweilige Kalendermonat, sondern die Zeitspanne von einem Monat (Rn. 16 ff.). |
2. | Diese Monatsfrist beginnt mit jedem Ende einer WechselschichtarbeitNachtschichtNachtschicht. Wechselschichtarbeit iSd. § 7 Abs. 1 Satz 1 TVöD-K liegt demnach vor, wenn der im WechselschichtarbeitWechselschichtdienstWechselschichtdienst Beschäftigte nach dem Ende einer Nachtschicht erneut zu mindestens zwei weiteren Nachtschichten herangezogen wird, wobei die zweite dieser Nachtschichten längstens nach Ablauf eines Zeitmonats begonnen haben muss (Rn. 16 ff.). |
3. | Bei der WechselschichtarbeitWechselschichtzulageWechselschichtzulage nach § 8 Abs. 5 Satz 1 TVöD-K handelt es sich hingegen um eine auf den Kalendermonat bezogene finanzielle Leistung in Höhe von 105,00 Euro brutto. Dieser Betrag wird auch dann nicht erhöht, wenn Beschäftigte im Rahmen ständiger Wechselschichtarbeit in einem Kalendermonat mehr als zwei Nachtschichten geleistet haben (Rn. 22). |
4. | Bezüglich des Anspruchs auf eine Wechselschichtzulage kann jede Nachtschicht nur einmal angerechnet werden (Rn. 23). |
Tatbestand:
Die Parteien streiten über einen tariflichen Anspruch der Kl. auf Wechselschichtzulage und Zusatzurlaub für Wechselschichtarbeit.
Die Kl. ist im Krankenhaus der Bekl. als Kinderkrankenschwester beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet die Durchgeschriebene Fassung des TVöD für den Dienstleistungsbereich Krankenhäuser im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD-K) Anwendung. Der TVöD-K hat die Definition von Wechselschichtarbeit in § 48 Abs. 2 TVöD – Besonderer Teil Krankenhäuser – (TVöD-BT-K) übernommen und lautet auszugsweise wie folgt:
„§ 7Sonderformen der Arbeit
(1) Wechselschichtarbeit ist die Arbeit nach einem Schichtplan/Dienstplan, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Wechselschichten vorsieht, bei denen die/der Beschäftigte längstens nach Ablauf eines Monats erneut zu mindestens zwei Nachtschichten herangezogen wird. Wechselschichten sind wechselnde Arbeitsschichten, in denen ununterbrochen bei Tag und Nacht, werktags, sonntags und feiertags gearbeitet wird. Nachtschichten sind Arbeitsschichten, die mindestens zwei Stunden Nachtarbeit umfassen.
Niederschriftserklärung zu § 7 Abs. 1 Satz 1:
Der Anspruch auf die Wechselschichtzulage ist auch erfüllt, wenn unter Einhaltung der Monatsfrist zwei Nachtdienste geleistet wurden, die nicht zwingend unmittelbar aufeinanderfolgen müssen.
…
(5) Nachtarbeit ist die Arbeit zwischen 21 Uhr und 6 Uhr.
…
§ 8Ausgleich für Sonderformen der Arbeit
(...)
(5) Beschäftigte, die ständig Wechselschichtarbeit leisten, erhalten eine Wechselschichtzulage von 105 Euro monatlich. …
…
§ 26Erholungsurlaub
(...)
(2) Im Übrigen gilt das Bundesurlaubsgesetz mit folgenden Maßgaben:
…
§ 27Zusatzurlaub
(1) Beschäftigte, die ständig Wechselschichtarbeit nach § 7 Abs. 1 … leisten und denen die Zulage nach § 8 Abs. 5 Satz 1 … zusteht, erhalten
…
einen Arbeitstag Zusatzurlaub.
…
Protokollerklärung zu den Absätzen 1, 2 und 3.1:
…
(5) Im Übrigen gilt § 26 mit Ausnahme von Absatz 2 Buchst. b entsprechend.“
Auf der Station der Kl. wird nach einem Dienstplan an allen Kalendertagen ununterbrochen 24 Stunden gearbeitet. Die Kl. wird in allen Schichten im Wechsel eingesetzt. Sie war am 2., 11. und 12.6.2015 in der Nachtschicht eingesetzt. Am 3.6.2015 war sie im Dienstplan zwar zur Nachtschicht eingeteilt worden, hatte jedoch Urlaub. Im Kalendermonat Juli 2015 leistete sie drei Nachtschichten und zwar am 2., 23. und 24.7.2015.
Die Bekl. zahlte der Kl. im Jahr 2015 für elf Monate eine Wechselschichtzulage nach § 8 Abs. 5 Satz 1 TVöD-K. Für den Monat Juli 2015 leistete sie nur eine Schichtzulage nach § 8 Abs. 6 Satz 1 TVöD-K in Höhe von 40,00 Euro brutto.
Mit ihrer Klage verlangt die Kl. weitere 65,00 Euro für den Monat Juli 2015 sowie einen Arbeitstag Zusatzurlaub. § 7 Abs. 1 Satz 1 TVöD-K sei dahin gehend auszulegen, dass der Monatszeitraum sich nicht auf einen Kalendermonat, sondern auf einen Zeitmonat beziehe und jeweils mit dem Ende einer Nachtschicht neu beginne (sog. Nachtschichtfolge). Die von ihr am 2.7.2015 geleistete Nachtschicht habe daher den Lauf der Monatsfrist ausgelöst. Innerhalb dieser habe sie am 23. und 24.7.2015 die erforderlichen zwei Nachtschichten absolviert. Auf den Monat Juni 2015 komme es nicht an. Der Anspruch auf einen Arbeitstag Zusatzurlaub ergebe sich daraus, dass sie bezogen auf die Monate Juni und Juli 2015 zwei zusammenhängende Monate Wechselschichtarbeit erbracht habe.
Die Bekl. meint, eine Zulage bzw. ein Zusatzurlaub für Wechselschichtarbeit sei den Beschäftigten nur dann zu gewähren, wenn sie „längstens nach Ablauf eines Monats erneut“ zu mindestens zwei Nachtschichten herangezogen würden. Nach diesem Tarifwortlaut sei eine vergangenheitsbezogene Betrachtung vorzunehmen. Für die Beantwortung der Frage, ob der Kl. für Juli 2015 eine Wechselschichtzulage zusteht, sei maßgeblich, wann die Kl. im Vormonat Juni 2015 das letzte Mal eine Nachtschicht geleistet habe. Dies sei am 12.6.2015 der Fall gewesen. Die Kl. könne für den Monat Juli 2015 folglich keine Wechselschichtzulage beanspruchen, weil sie im Zeitraum vom 12.6.2015 bis zum 12.7.2015 nur eine Nachtschicht geleistet habe. Dies entspreche auch dem Sinn und Zweck der Wechselschichtzulage, die eine besondere Belastung ausgleichen wolle. Mangels Erfüllung der tariflichen Voraussetzungen könne auch der verlangte Zusatzurlaub nicht beansprucht werden.
Das ArbG hat der Klage stattgegeben, das LAG hat sie abgewiesen.
Aus den Gründen:
12 | II.1. Die Kl. hat für den Monat Juli 2015 Anspruch auf Zahlung einer Wechselschichtzulage gemäß § 8 Abs. 5 Satz 1 iVm. § 7 Abs. 1 TVöD-K. |