Durch einen Widerrufsvorbehalt (Art. 36 Abs. 2 Nr. 3 BayVwVfG131) soll der Behörde die Befugnis eingeräumt werden, bei Vorliegen bestimmter, im Verwaltungsakt selbst oder in Rechtsvorschriften näher bezeichneter Umstände oder nach den allgemein für die sachgemäße Ausübung des Ermessens geltenden Grundsätzen den rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt, dem der Widerrufsvorbehalt beigefügt ist, ganz oder teilweise gemäß Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BayVwVfG132 mit Wirkung für die Zukunft zu widerrufen132a und dadurch seine Wirksamkeit zu beenden132b. Bis zu diesem Zeitpunkt bleibt der Verwaltungsakt nach Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG voll wirksam133. Da Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BayVwVfG (anders als Absatz 2a der Vorschrift) den Widerruf nur mit Wirkung für die Zukunft erlaubt, ist es nicht uneingeschränkt sinnvoll, einen rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt, der sich in der Bewilligung einer einmaligen Leistung oder in einer einmaligen Gestaltung der Sach- und Rechtslage erschöpft, mit einem Widerrufsvorbehalt zu versehen. Die Behörde braucht zwar eine schon bewilligte, aber im Widerrufszeitpunkt noch nicht erbrachte einmalige Leistung nicht mehr zu erbringen133a, hat jedoch in Bezug auf eine vor dem Widerruf bereits erbrachte einmalige Leistung keinen Erstattungsanspruch nach Art. 49a Abs. 1 BayVwVfG; dieser fordert nämlich auf der Tatbestandsseite einen Widerruf mit Wirkung für die Vergangenheit i.S. des Art. 49 Abs. 2a BayVwVfG. Ein Widerrufsvorbehalt ist also grundsätzlich nur dann sinnvoll, wenn es sich bei dem Verwaltungsakt, dem er beigefügt wird, um einen Dauerverwaltungsakt handelt133b. Dieser wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs mit Wirkung für die Zukunft unwirksam (Art. 43 Abs. 2, Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 3 BayVwVfG).
131 Vgl. auch § 36 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG, § 32 Abs. 2 Nr. 3 SGB X und § 120 Abs. 2 Nr. 3 AO. Vgl. auch § 49 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG, § 47 Abs. 1 Nr. 1 SGB X und § 131 Abs. 2 Nr. 1 AO. Vgl. die Formulierungsbeispiele unten § 19 RdNrn. 99 und 100. Einen belastenden Verwaltungsakt mit einem Widerrufsvorbehalt zu versehen ist zwar nicht verboten, aber in Anbetracht von Art. 49 Abs. 1 BayVwVfG überflüssig. Vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 36 RdNr. 23. Vgl. VG Lüneburg vom 11.04.2018 BeckRS 2018, 8682. Zu Begriff und Wesen von Verwaltungsakten mit Dauerwirkung siehe oben § 19 RdNrn. 61a ff. Im Sozialrecht ist die Behörde nicht befugt, sich nach § 32 Abs. 1 und 2 Nr. 3 SGB X den Widerruf eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung für den Fall vorzubehalten, dass in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass des Verwaltungsaktes vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. In einem solchen Fall ist nämlich der Dauerverwaltungsakt nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben (gebundene Entscheidung); für einen im Ermessen der Behörde stehenden Widerruf des Dauerverwaltungsaktes nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 SGB X ist daneben kein Raum. § 32 Abs. 1 SGB X, § 120 Abs. 1 AO. Siehe oben § 19 RdNr. 86. BVerwG vom 09.12.2015 NVwZ 2016, 699 mit Anm. Dirnaichner in KommP BY 2016, 267. § 47 SGB X enthält keine dem Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und 4 BayVwVfG entsprechenden Regelungen, was sich daraus erklärt, dass § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X eine Pflicht zur Aufhebung bei einer Änderung der Verhältnisse begründet. Soweit § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X eingreift, ist für einen im Ermessen der Behörde stehenden Widerruf und damit auch für einen Widerrufsvorbehalt kein Raum (vgl. Fußnote 133b). Zum vorläufigen Verwaltungsakt siehe oben § 19 RdNrn. 81 ff. Während die Behörde im Fall des Art. 49 Abs. 2a Satz 1 BayVwVfG einen Dauerverwaltungsakt auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen kann, ist sie nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 der Vorschrift nur zu einem Widerruf mit Wirkung für die Zukunft befugt, der keinen Erstattungsanspruch nach Art. 49a BayVwVfG begründet. Demgegenüber kann die Behörde, wenn sie einen vorläufigen Verwaltungsakt erlassen hat und ihr endgültiger Verwaltungsakt diesem widerspricht, die Leistungen, die sie auf Grund des vorläufigen Verwaltungsaktes erbracht hat, vom ursprünglich Begünstigten nach den für den allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch geltenden Grundsätzen zurückfordern. Vgl. unten § 19 RdNrn. 103b ff.