Falls nicht ein Gesetz das Vorverfahren ohnehin von vornherein ausschließt (§ 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO, Art. 12 Abs. 2, Abs. 3 Satz 2 AGVwGO), ist die Rechtsprechung zur Frage zu beachten, wann ein Widerspruchsverfahren entbehrlich ist und wie sich eine solche Entbehrlichkeit auf die Zulässigkeit eines gleichwohl erhobenen Widerspruchs auswirkt6a. Das Bundesverwaltungsgericht hält ein Widerspruchsverfahren für entbehrlich und den Widerspruch für nicht statthaft,
6a Vgl. Hilg, Verwaltungsgerichtsbarkeit, Band 5 der Lehrbücher der Bayer. Verwaltungsschule, Auflage 2016, S. 150. BVerwG vom 09.02.1967 BVerwGE 26, 161; vom 20.01.1989 BVerwGE 81, 226 = BayVBl 1989, 441. Die Gegenmeinung vertreten insbesondere Kopp/Schenke, VwGO, § 68 RdNr. 34, und Pietzner/Ronellenfitsch, § 31 RdNr. 30. Das Bundesverwaltungsgericht begründet seine Ansicht wie folgt: Bei Erledigung des Verwaltungsaktes vor Klageerhebung sei die nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog statthafte Fortsetzungsfeststellungsklage keine Anfechtungs-, sondern eine ohne Vorverfahren zulässige Feststellungsklage. Zudem sei es nicht Aufgabe der Verwaltung, verbindlich über die Rechtswidrigkeit eines erledigten Verwaltungsaktes zu entscheiden. Entbehrlich sei zwar die Durchführung eines Vorverfahrens, aber bis zur Erledigung würden die Vorschriften des Anfechtungsverfahrens gelten, insbesondere die Fristvorschriften. Folglich sei die Fortsetzungsfeststellungsklage nicht mehr zulässig, wenn sich der Verwaltungsakt erst nach Ablauf der Widerspruchsfrist (also nach dem Eintritt der Bestandskraft des Verwaltungsaktes) erledigt habe. Erledige sich der Verwaltungsakt vor Ablauf der Widerspruchsfrist, so spreche manches dafür, die Fortsetzungsfeststellungsklage in entsprechender Anwendung von § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO nur innerhalb eines Monats nach der Bekanntgabe des Verwaltungsaktes zuzulassen. Davon abweichend meint der Bayer. Verwaltungsgerichtshof (B.v. 19.07.1991 BayVBl 1992, 51), dass die Fortsetzungsfeststellungsklage in einem solchen Fall unbefristet erhoben werden könne, weil ein Verwaltungsakt, der sich vor Ablauf der Widerspruchsfrist erledige, nicht mehr bestandskräftig werde. Pietzner/Ronellenfitsch (a.a.O.) halten dem Bundesverwaltungsgericht entgegen, dass die Fortsetzungsfeststellungsklage keine Feststellungsklage sei, sondern eine „kupierte“ Anfechtungsklage; das Erfordernis der Fristwahrung lasse sich ansonsten nicht sauber begründen. Es sei auch nicht einzusehen, warum es der Verwaltung verwehrt sein sollte, die Rechtswidrigkeit eines erledigten Verwaltungsaktes festzustellen. Mittlerweile hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden (BVerwG vom 14.07.1999 BVerwGE 109, 203 = BayVBl 2000, 439), dass dann, wenn sich ein Verwaltungsakt vor Eintritt der Bestandskraft erledigt hat, eine Fortsetzungsfeststellungsklage nicht an die Fristen der § 74 Abs. 1 bzw. § 58 Abs. 2 VwGO gebunden ist. BVerwG vom 13.01.1983 BVerwGE 66, 342; VGH BW vom 30.04.1984 NJW 1986, 149; Kopp/Schenke, VwGO, § 75 RdNrn. 21, 23; a.A. Pietzner/Ronellenfitsch, § 31 RdNr. 28. BVerwG vom 15.01.1982 BayVBl 1982, 344/346; vom 02.09.1983 BayVBl 1984, 155. Die Gegenmeinung vertreten insbesondere Kopp/Schenke, VwGO, Vorbem. RdNr. 11 vor § 68 und § 68 RdNr. 28, und Pietzner/Ronellenfitsch, § 17 RdNr. 1 und § 31 RdNr. 31. Kopp/Schenke weisen zu Recht darauf hin, dass wegen der objektiven Funktion des Vorverfahrens und seiner förmlichen Ausgestaltung in der Verwaltungsgerichtsordnung ein vorgeschriebener Widerspruch nicht durch die Klage und der Widerspruchsbescheid nicht durch eine sachliche, auf Abweisung der Klage als unbegründet gerichtete Einlassung der Widerspruchsbehörde ersetzt werden können. BVerwG vom 15.01.1982 BayVBl 1982, 344/346. Die Gegenmeinung vertreten Kopp/Schenke, VwGO, § 68 RdNr. 32, und Pietzner/Ronellenfitsch, § 31 RdNr. 28. BayVGH vom 12.11.1979 BayVBl 1980, 296/297; Kopp/Schenke, VwGO, § 68 RdNr. 23. Vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 68 RdNr. 24 und § 91 RdNr. 32. Str.; vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 68 RdNr. 25. BVerwG vom 19.06.1968 BVerwGE 30, 46; a.A. Kopp/Schenke, VwGO, § 68 RdNr. 30.