1 Vgl. GemBek betr. Empfehlungen für das Obdachlosenwesen vom 04.07.1997 (AllMBl. S. 518), insbes. Nr. 5; Ehmann, Obdachlosigkeit in Kommunen, 3. Aufl. 2019; Linhart/Gass, Rechtsfragen bei der Unterbringung von Obdachlosen, apf 2008, 321; Gass, Klausur im Sicherheitsrecht: „Unerwünschte Mieter“, apf 2011 B 45; Prandl/Zimmermann/Büchner/Pahlke, Kommunalrecht in Bayern, Stand 20. Juli 2019, Art. 57 GO Erl. 8; Schenk in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Exkurs nach Art. 7 („Die Unterbringung von Obdachlosen auf der Rechtsgrundlage des Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG“); Beiträge zum Obdachlosenrecht in FStBay 2010/10, 11 und 12; Aufgabe 6 der Ersten Juristischen Staatsprüfung 1982/1, abgedruckt in BayVBl 1984, 542 und 573; Schlink, Korrektur von Gerichtsentscheidungen durch die Polizei? NJW 1988, 1689; Günther/Traumann, Aktuelle Rechtsprobleme der Wohnraumbeschlagnahme zur Unterbringung Obdachloser, NVwZ 1993, 130; Ewer/v. Detten, Ausgewählte Rechtsfragen bei der Beschlagnahme von Wohnraum zur Obdachloseneinweisung, NJW 1995, 353; Ruder, Die polizei- und ordnungsrechtliche Unterbringung von Obdachlosen, NVwZ 2001, 1223. Außerdem sei auf folgende Gerichtsentscheidungen hingewiesen: BVerwG vom 12.12.1995 BVerwGE 100, 136 = FEVS 46, 311 = BayVBl 1996, 282 zur Übernahme des Nutzungsentgelts durch den Sozialhilfeträger; BayVGH vom 10.08.1983 BayVBl 1984, 116 zur Rechtsgrundlage und Dauer einer Einweisung; vom 26.04.1995 BayVBl 1995, 729/730 zur örtlichen Zuständigkeit; vom 07.01.2002 BayVBl 2003, 343 zur Unterbringungspflicht und zur örtlichen Zuständigkeit; vom 21.09.2006 BayVBl 2007, 439 zur örtlichen Zuständigkeit und zur Selbsthilfe bei Bezug von Sozialleistungen; vom 17.08.2011 BayVBl 2012, 19 zum kommunalabgabenrechtlichen Satzungsvorbehalt bei Heranziehung von Benutzern einer kommunalen Obdachlosenunterkunft zu verbrauchsabhängigen Kosten; vom 07.11.2016 BayVBl 2017, 276 zur Nutzungsentschädigung gegenüber dem Wohnungseigentümer und Auslagenerstattungsverlangen gegenüber dem Obdachlosen; vom 27.10.2017 BayVBl 2018, 559 zum Grundrecht des Obdachlosen auf Freizügigkeit; vom 27.12.2017 BayVBl. 2018, 559 zu einer Räumungsanordnung wegen „Unterbringungsunfähigkeit“; OVG Berlin vom 06.06.1989 ZfF 1990, 186, wonach als Mittel zur Abwendung von Obdachlosigkeit nicht nur eine ordnungsbehördliche Einweisungsverfügung, sondern auch eine Maßnahme des Trägers der Sozialhilfe in Betracht kommt. Falls es im Einzelfall aus Gründen des Datenschutzes bedenklich erscheint, die an den bisherigen Vermieter und die bisherigen Mieter gerichteten Verwaltungsakte in einem einzigen Bescheid zusammenzufassen, empfiehlt es sich, zwei voneinander getrennte Bescheide zu erlassen (vgl. Ehmann, Obdachlosigkeit, S. 77 ff., mit ausführlichen Erläuterungen zu Form und Inhalt der beiden Bescheide). Die Anforderungen an den Datenschutz sollten aber nicht überspannt werden, weil es sich zur stichhaltigen Begründung von Beschlagnahme und Duldungsanordnung nicht vermeiden lässt, in großem Umfang die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des bisherigen Mieters und seiner Familie darzustellen (so auch Nr. 5.2.2.2.1 der Empfehlungen für das Obdachlosenwesen a.a.O.). Ehmann meint (a.a.O. S. 83), dass eine Zwangsgeldandrohung gegenüber dem Wohnungseigentümer bedenklich sei. Nach der Rechtsauffassung von Linhart bedarf es einer Differenzierung. Falls es für eine Absicht des Wohnungseigentümers, der ihm auferlegten Duldungspflicht zuwiderzuhandeln, keine Anhaltspunkte gibt, ist es unverhältnismäßig, ihm ein Zwangsmittel anzudrohen. Sind hingegen Zuwiderhandlungen zu befürchten (z. B. Austausch der Schlösser während kurzzeitiger Abwesenheit des früheren Mieters), muss die Gemeinde als Sicherheitsbehörde im Stande sein, den bisherigen Vermieter zur Duldung der weiteren Nutzung der Wohnung durch den bisherigen Mieter zu zwingen; Beschlagnahme und Duldungsanordnung sind sonst das Papier nicht wert, auf dem sie stehen. Lässt die Androhung des Regelzwangsmittels Zwangsgeld von vornherein keinen Erfolg erwarten, erscheint es sachgerecht, gleich unmittelbaren Zwang anzudrohen. In unaufschiebbaren Fällen kann die Gemeinde nach Art. 35 VwZVG unmittelbaren Zwang ohne vorausgehende Androhung anwenden. Was mit „öffentlicher Ordnung“ i. S. des Art. 6 LStVG gemeint ist und ob unfreiwillige Obdachlosigkeit dagegen verstößt, ist sehr umstritten (zum Begriff siehe Nr. 6.4 VollzBekLStVG i. V. m. Nr. 2.2 VollzBekPAG und BayVGH vom 08.11.2005 BayVBl 2006, 185; zum Meinungsstreit siehe z. B. Berner/Köhler/Käß, PAG, 20. Aufl. 2010, Art. 2 RdNrn. 9 ff.; zur europarechtlichen Bedeutung des Begriffs siehe EuGH vom 14.10.2004, BayVBl 2005, 205 mit Anm. Lindner). Da unfreiwillige Obdachlosigkeit jedenfalls die öffentliche Sicherheit gefährdet, ist es gut vertretbar, in den Gründen des Bescheides auf Ausführungen zur „öffentlichen Ordnung“ zu verzichten (vgl. Linhart/Gass, apf 2008, 321/322 Fußnote 19). Siehe die vorstehende Fußnote. Vgl. dazu Nr. 5.2.2.4 der Empfehlungen für das Obdachlosenwesen (a.a.O.), die wie folgt lautet: „Die Beschlagnahme ist auf die unabweisbar notwendige Frist, höchstens auf wenige Monate zu beschränken.“ Vgl. auch BayVGH vom 10.08.1983, BayVBl 1984, 116: „Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz des Art. 8 Abs. 2 LStVG gebietet, den Einweisungszeitraum auf den bei äußerster Anstrengung der Gemeinde unvermeidbaren Zeitraum zu begrenzen; dieser beträgt in der Regel äußerstenfalls zwei Monate.“ Ebenso BayVGH vom 14.08.1990, BayVBl 1991, 114. Dagegen jedoch VGH BW vom 21.05.1990, NVwZ-RR 1990, 476 = DÖV 1991, 121: „Der Nichtstörer wird durch sechsmonatige Inanspruchnahme nicht unzumutbar belastet.“ Vgl. auch VG Oldenburg vom 22.05.2012, FStBay 2013/108. So auch Schenk in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Exkurs nach Art. 7 RdNr. 189. Mit dem Eintritt der auflösenden Bedingung, spätestens aber bei Ablauf der Zweimonatsfrist werden Beschlagnahme, Zuweisung und Duldungsanordnung unwirksam (Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG). Dann kann … auf sein Räumungsurteil zurückgreifen und den Gerichtsvollzieher erneut mit der Räumung der Wohnung beauftragen, wenn die Familie … nicht freiwillig auszieht, sondern den Auszug verweigert. Davon unabhängig hat … nach dem Ende des Beschlagnahmezeitraums gegen die Gemeinde einen Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch, der auf die Herstellung des Zustandes vor Erlass des Bescheides vom … oder eines gleichwertigen Zustandes gerichtet ist (dazu ausführlich Gass in dem oben in Fußnote 37 angegebenen Beitrag „Klausur im Sicherheitsrecht . . .“, apf 2011, B 45/53 Nr. 2.1.2). Im Rahmen dieses Anspruchs kann … von der Gemeinde allerdings nur etwas verlangen, was die Gemeinde tatsächlich kann und auch rechtlich darf (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 49a RdNr. 31; Hilg, Verwaltungsgerichtsbarkeit, Auflage 2016, S. 258; Voßkuhle/Kaiser, Der Folgenbeseitigungsanspruch, JuS 2012, 1079/1081). Fraglich ist, ob dazu auch der Erlass eines Bescheides gegenüber den Eheleuten … mit der Aufforderung zum Verlassen der Wohnung gehört. Die Empfehlungen für das Obdachlosenwesen bejahen in Nr. 5.2.2.8 diese Frage. Dort heißt es, dass die Räumung, wenn sie nicht freiwillig erfolge, gegenüber dem Obdachlosen, dem die Wohnung zugewiesen wurde, „im Rahmen der Folgenbeseitigung (entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO) durch Bescheid anzuordnen ist, der regelmäßig wegen des überwiegenden Interesses des in Anspruch Genommenen gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO für sofort vollziehbar zu erklären ist und nötigenfalls nach dem VwZVG zu vollstrecken ist“. Linhart ist demgegenüber der Auffassung, dass die Gemeinde eine solche Anordnung nicht treffen darf, weil sie sich auf keine Befugnisnorm stützen lässt. § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO (analog) ist jedenfalls keine taugliche Befugnisnorm. Abgesehen davon, dass § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO lediglich die prozessuale Durchsetzung eines sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ergebenden Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruchs regelt und nicht etwa die Rechtsgrundlage für einen solchen Anspruch bildet, begründet dieser Anspruch allein noch keine Befugnis der Behörde zu einem Eingriff in die Rechte Dritter i. S. des Art. 7 Abs. 1 LStVG (ebenso Kopp/Ramsauer, a.a.O.; Voßkuhle/Kaiser, a.a.O.; a. A. Kopp/Schenke, VwGO, § 113 RdNr. 83). Gass (a.a.O. Nr. 2.2 mit Fußnote 66) und Voßkuhle/Kaiser (a.a.O.) sehen die Befugnisnorm in der „sicherheitsrechtlichen Generalklausel“. Das trifft für Bundesländer mit einer solchen (unbeschränkten) Generalklausel sicherlich zu, denn die Weigerung des Obdachlosen, die Wohnung zu räumen, gefährdet (oder stört sogar) die öffentliche Sicherheit (die Unversehrtheit der Rechtsordnung). In Bayern gehen die Uhren anders. Art. 6 LStVG verleiht keine Eingriffsbefugnisse und die eingeschränkte Generalklausel des Art. 7 Abs. 2 LStVG passt nicht. Die Verfügungsgewalt des … über die Wohnung ist kein Sachwert, dessen Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten erscheint im Sinne der Nummer 3 der Vorschrift. Die Anwendung von Nummer 1 der Vorschrift in Verbindung mit § 123 StGB (Hausfriedensbruch) scheitert daran, dass die Eheleute … auch nach Ablauf der Beschlagnahmefrist in der Wohnung nicht „ohne Befugnis“ verweilen, weil ihnen bis zur tatsächlichen Räumung das Hausrecht zusteht (a. A. wohl HessVGH vom 30.09.1993, ESVGH 44, 84, der allerdings kein Problembewusstsein erkennen lässt). Dabei spielt es keine Rolle, ob man dieses als Folge des ursprünglichen Mietverhältnisses (dazu RG vom 16.06.1903, RGSt 36, 322) oder von Beschlagnahme und Zuweisung ansieht. Art. 35 VwZVG ist schon allein deshalb nicht hilfreich, weil er einen Grundverwaltungsakt voraussetzt (vgl. oben § 18 RdNrn. 170 u. 171a). Übrigens gibt es in Bayern auch keine Befugnisnorm für eine zwangsweise Umsetzung eines Obdachlosen von einer beschlagnahmten Wohnung in eine gemeindliche Obdachlosenunterkunft (bedenklich daher oben § 5 RdNr. 37). Der einzige Weg, den die Gemeinde gehen kann, um den auf Räumung der Wohnung gerichteten Folgenbeseitigungsanspruch des … zu erfüllen, ist eine Anweisung an die Polizei (Art. 10 Satz 2 LStVG i. V. m. Art. 9 Abs. 2 POG), mit polizeilichen Maßnahmen gegen die Eheleute … vorzugehen (Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit i. S. der vollzugspolizeirechtlichen Generalklausel des Art. 11 Abs. 1 PAG). Die Subsidiaritätsklausel des Art. 2 Abs. 2 PAG steht wegen des Folgenbeseitigungsanspruchs einem Einschreiten nicht entgegen. Ob dieser Lösungsansatz allerdings praxistauglich ist, kann man bezweifeln. Die Polizei wird Herrn … raten, von seinem rechtskräftigen Räumungsurteil Gebrauch zu machen, zumal Gerichtsvollzieher für Zwangsräumungen besonders sachkundig sind. Der Bundesgerichtshof behandelt in seinem Urteil vom 13.07.1995, BGHZ 130, 332 = NJW 1995, 2918, die Frage eines Schadensersatzanspruchs des von der Einweisung eines Obdachlosen betroffenen Eigentümers aus Amtspflichtverletzung, wenn die Einweisungsbehörde in einem Bundesland mit unbeschränkter Generalklausel nach Ablauf der Einweisungsfrist ihrer Pflicht zur Freimachung der Wohnung nicht nachkommt und der Eigentümer die Räumung mit Hilfe eines privatrechtlichen Titels auf seine Kosten selbst bewirkt. Vgl. auch Gass, a.a.O., wonach der Eigentümer aus Art. 11 Abs. 1 LStVG i. V. m. Art. 70 Abs. 1 PAG einen Anspruch auf Entschädigung seines Aufwands für die Räumung hat. Dazu ausführlich Linhart/Gass, Rechtsfragen bei der Unterbringung von Obdachlosen, apf 2008, 321/325. Vgl. §§ 25, 27 Abs. 1, § 36 SGB XII und BVerwG vom 12.12.1995 BVerwGE 100, 136 = FEVS 46, 403 = BayVBl 1996, 282. Vgl. § 22 Abs. 8, 9 SGB II.