Vierter Teil Einzelne Bescheide (Muster) § 22 Bescheide in erstinstanzlichen Verfahren 2. Kommunale Angelegenheiten/Kommunales Finanzwesen/Aufsichtliche Maßnahmen

2.5Rechtsaufsichtliche Beanstandung mit Aufhebungsverlangen1

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Der hier behandelte beamtenrechtliche Fall ist dem im Lehrbuch der BVS „Verwaltungsgerichtsbarkeit“ (Auflage 2010, Autor Günter Hilg) enthaltenen „Beispiel für einen Widerspruchsbescheid mit Hilfsgutachten“ (Seiten 192 bis 195 des Lehrbuchs) nachgebildet.

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Gegenstand des rechtsaufsichtlichen Vorgehens des Landratsamtes ist allein die rechtswidrige Beförderung des Beamten … Es ist nicht notwendig, auch die ausdrückliche Weigerung der Gemeinde, die Beförderung zurückzunehmen, nach Art. 112 Satz 1 GO zu beanstanden und ihre Aufhebung zu verlangen. Die Weigerung wird nämlich durch die vom Landratsamt geforderte und notfalls im Wege der Ersatzvornahme verfügte Korrektur der Beförderung überholt und damit automatisch gegenstandslos.

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Zur Notwendigkeit einer solchen Androhung vgl. Hölzl/Hien/Huber, GO mit VGemO, LKrO und BezO, Stand Mai 2011, Art. 113 GO Erl. 1.

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Auch die Androhung der Ersatzvornahme muss, wenn man sie richtigerweise (schon allein wegen der in Art. 113 GO vorgeschriebenen Fristsetzung) als Verwaltungsakt und nicht nur als bloße Anhörung qualifiziert, für sofort vollziehbar erklärt werden, weil Art. 21a VwZVG auf sie nicht anwendbar ist (vgl. oben § 18 RdNrn. 115 und 205).

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Die Beförderung ist wegen des Verstoßes gegen Art. 17 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 LlbG zwar rechtswidrig, aber nicht nichtig; ein Nichtigkeitsgrund i. S. d. § 11 Abs. 1 3.BeamtStG liegt nämlich nicht vor.

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Für Zulässigkeit einer „isolierten“ Beanstandung z. B. Bauer/Böhle/Ecker, Bayerische Kommunalgesetze, Stand März 2011, Art. 112 GO RdNrn. 39 ff.; gegen Zulässigkeit BayVGH vom 27.05.1992, BayVBl 1992, 628; Hölzl/Hien/Huber, a.a.O., Art. 112 GO Erl. 4; Prandl/Zimmermann/Büchner, a.a.O., Art. 112 GO Erl. 6.

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Fraglich ist, ob als Befugnisnorm auch (oder vielleicht sogar nur) der Satz 2 des Art. 112 GO in Betracht kommt. Nach seinem Wortlaut könnte er einschlägig sein, weil die Gemeinde nach § 12 Abs. 1 Nr. 4 BeamtStG und damit öffentlich-rechtlich zur Rücknahme der Beförderung verpflichtet ist, diese Pflicht nicht erfüllt und es sich beim Rücknahmeverlangen des Landratsamts um die „Aufforderung zur Durchführung der notwendigen Maßnahme“ (Rücknahme) handelt. Es ist aber wohl h. M., dass dann, wenn die Gemeinde, wie hier, bereits eine rechtswidrige Verfügung (Beförderung) getroffen hat und es um die Korrektur der beanstandeten Verfügung geht, der Satz 1 des Art. 112 GO einschlägig ist und Satz 2 der Vorschrift nur die Fälle des (reinen) pflichtwidrigen Unterlassens erfasst (vgl. BayVGH vom 17.05.1982, BayVBl 1982, 754/755 und Prandl/Zimmermann/Büchner, a.a.O., Art. 112 GO Erl. 1).

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Zur Rücknahme der Beförderung nicht (mehr) berechtigt wäre die Gemeinde z. B. nach Ablauf der Jahresfrist des Art. 21 Abs. 2 Satz 2 BayBG.

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Vgl. Hölzl/Hien/Huber, a.a.O., Art. 112 GO Erl. 4.

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Ist man der Auffassung, dass der Satz 1 des Art. 112 GO das Verlangen, die Rücknahme für sofort vollziehbar zu erklären, nicht zu stützen vermag, findet dieses Verlangen jedenfalls im Satz 2 der Vorschrift eine tragfähige Rechtsgrundlage.