Teil A Geltendes Bundesrecht Teil A II BBesG Kommentar A II/1 Kommentar Abschnitt 1 (§§ 1–17b) § 14 Anpassung der Besoldung Erläuterungen 5. Die neue Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Alimentationsprinzip 5.2 Fünf Parameter zur Angemessenheit der Besoldung

5.2.2Normallohnindex (2. Parameter)

Der zweite Parameter, den das BVerfG heranzieht, ist der Normallohnindex. Mit diesem Parameter knüpft das BVerfG an seine bisherige Rechtsprechung an. Danach erfordert die Verpflichtung zur Anpassung der Besoldung an die Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse, dass die Besoldung der Beamten zu der Einkommenssituation und -entwicklung der Gesamtbevölkerung in Bezug gesetzt wird (BVerfG, Urteil v. 5.5.2015, NVwZ 2015, 1047, 1050; Beschluss v. 17.11.2015, NVwZ 2016, 223, 225; Beschluss v. 4.5.2020 – 2 BvL 4/18 – Rn. 37 f. zitiert nach juris; vgl. dazu auch BVerfG, Urteil v. 27.9.2005 – 2 BvR 1387/02 – ZTR 2005, 608, 611 = BVerfGE 114, 258, 293; Beschluss v. 6.3.2007 – 2 BvR 556/04 – ZTR 2007, 224, 226; Beschluss v. 24.9.2007 – 2 BvR 1673/03 u. a. – ZTR 2007, 704, 705). Der Normallohnindex sei – so führt das BVerfG zutreffend aus – ein allgemein anerkannter Indikator für die Einkommens- und Wohlstandsentwicklung der abhängig Beschäftigten in Deutschland. Er sei weitgehend repräsentativ für die Verdienstentwicklung und bilde sie transparent, exakt, zeitnah und in regelmäßigen Zeitabständen ab (BVerfG, Urteil v. 5.5.2015 a. a. O.; Beschluss v. 17.11.2015 a. a. O. S. 226m. w. Nachw.; Beschluss v. 4.5.2020 a. a. O. Rn. 38). Abweichend von der bisherigen Rechtsprechung (vgl. BVerfG, Beschluss v. 12.2.2003 – 2 BvL 3/00 – BVerfGE 107, 218, 237; Beschluss v. 6.3.2007 – 2 BvR 556/04 – ZTR 2007, 224, 226; Beschluss v. 2.10.2007 – 2 BvR 1715/03 u. a. – NVwZ 2008, 66, 67 f.; vgl. auch Gröpl RiA 2012, 97, 99) stellt das BVerfG bei diesem Parameter nicht auf einen Vergleich der Nettobezüge ab, sondern stellt die prozentuale Entwicklung des bruttolohnbasierten Normallohnindexes der Bruttobesoldung gegenüber. Verzerrungen u. a. infolge der Belastung mit Sozialabgaben könnten im Rahmen der erforderlichen Gesamtbetrachtung (siehe dazu Rn. 18 ff.) berücksichtigt werden (BVerfG, Urteil v. 5.5.2015 a. a. O.; Beschluss v. 17.11.2015 a. a. O.). Dass das BVerfG von der Nettobetrachtung abrückt, ist erstaunlich. Denn die Arbeitnehmer sind mit nicht unbeträchtlichen Beiträgen zur gesetzlichen Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung belastet. Hinzu kommt, dass Beamte neben der Grundbesoldung zusätzlich familienbezogene Besoldungsbestandteile erhalten, für die es im Arbeitnehmerbereich keine Entsprechung gibt. Der Nettovergleich zwischen Besoldung und Entgelt abhängig Beschäftigter ergibt durchaus nennenswerte Differenzen zugunsten der Beamten3. Andererseits muss man berücksichtigen, dass Beamte für sich und ihre Familie aus dem Nettogehalt Beiträge zur – die Beihilfe ergänzenden – privaten Kranken- und Pflegeversicherung leisten müssen. Möglicherweise ist dies der Hintergrund für den pragmatischen Ansatz des BVerfG, bezogen auf diesen Parameter lediglich einen Bruttovergleich anzustellen und nicht in vertiefte Berechnungen einzutreten.

3

So beträgt etwa die Differenz zwischen der Nettobesoldung der Beamten und dem Nettoeinkommen der Beschäftigten im öffentlichen Dienst in vergleichbaren Entgeltgruppen – je nach Besoldungsgruppe, Familienstand und Anzahl der Kinder – bis zu 1000 Euro (zugrunde gelegt wurde jeweils das Grundgehalt/Entgelt in der letzten Erfahrungsstufe und max. zwei berücksichtigungsfähige Kinder).

4

Etwas anderes gilt allerdings für die Besoldungsgruppe B 11, die infolge unterbliebener Anpassungen in ihrer Entwicklung gegenwärtig um 5,3 Prozent hinter dem Normallohnindex zurückbleibt (BT-Drucks. 18/9533 S. 34).