BauO NRW – Kommentar C Kommentar Kommentierung 2018 Erster Teil (§§ 1 – 3) § 2 Begriffe Erläuterungen B Bauliche Anlagen (Abs. 1) IV. Fiktive Verbindung mit dem Erdboden

3.Überwiegend ortsfeste Benutzung

§ 2 Abs. 1 Satz 2 dritte Alternative dient dazu, an sich bewegliche Anlagen der Bauordnung zu unterstellen, die nach ihrem Verwendungszweck dazu bestimmt sind, überwiegend ortsfest benutzt zu werden. Hier wird an die vom Verfügungsberechtigten gewählte Funktion der Anlage angeknüpft, um solche Anlagen zu erfassen, die eine so enge Beziehung zum Grund und Boden haben, dass sie wie ortsfeste Anlagen behandelt werden, insbesondere der bauaufsichtlichen Kontrolle unterliegen. Für das Merkmal „überwiegend“ genügt die Aufstellung für einen längeren Zeitraum, wobei gelegentliche Unterbrechungen unbeachtlich sind. Der Zeitraum braucht kein halbes Jahr zu sein (vgl. HessVGH, Beschl. v. 22.8.1986 – 3 TH 2137/86 –, BRS 46 Nr. 136). Das Wort „überwiegend“ kennzeichnet eine Zweckbestimmung der Anlage, die auf eine verfestigte Beziehung zum Standort gerichtet ist. Tritt bei einem Fahrzeug die Funktion als Transportmittel auf Grund wertender Betrachtung in den Hintergrund, was auch bei sich ständig wiederholender Nutzung an einem Standort der Fall sein kann, handelt es sich um eine bauliche Anlage (OVG NRW, Beschl. v. 18.1.2010 – 10 A 3069/08 –). Der Sinn der Regelung wird deutlich, wenn die als Wochenendhausersatz gedachten Wohnwagen betrachtet werden. Wohn- und Verkaufswagen haben denn auch in diesem Zusammenhang die Rechtsprechung am meisten beschäftigt. Auf die unterschiedliche bebauungsrechtliche Beurteilung von Wochenendhäusern und Wohnwagen (BVerwG, Urt. v. 3.4.1987 – 4 C 43.84 –, BRS 47 Nr. 76) wird hingewiesen. Ein fest abgestellter, zu einem einheitlichen Zweck (OVG NRW, Urt. v. 28.6.1978 – VII A 2080/75 –, BRS 33 Nr. 155) genutzter Wohnwagen unterfällt der genannten Alternative (vgl. OVG Rhld.-Pf., Urt. v. 31.1.1980 – 1 A 91/78 –, BRS 36 Nr. 74; OVG Berlin, Urt. v. 25.4.1980 – 2 B 43/79 –, BRS 36 Nr. 47; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 2.11.1977 – III 1849/76 –, BRS 32 Nr. 185). Dies gilt auch dann, wenn der Wohnwagen lediglich abgestützt ist (vgl. HessVGH, Beschl. v. 8.2.1985 – 3 OE 26/83 –, BRS 44 Nr. 135). Auch die zu einer „Wagenburg“ zusammengestellten Bauwagen unterfallen der Regelung (OVG Berlin, Beschl. v. 13.3.1998 – 2 S 2.98 – BRS 60 Nr. 206; Beschl. v. 22.1.2003 – 2 S 45.02 – BRS 66 Nr. 197; OVG NRW, Beschl. v. 6.8.2001 – 10 B 705/01 – BauR 2001, 1892). Auch eine Wagenburg selbst kann als solche als bauliche Anlage zu verstehen sein (vgl. zu einer Beseitigungsanordnung für eine Wagenburg OVG Lüneburg, Beschl. v. 18.10.2004 – 1 ME 205/04 – NVwZ-RR 2005, 95). Überwiegend ortsfest wird auch ein solcher Wohnwagen benutzt, der auf dem nämlichen Grundstück ständig in Bewegung gehalten wird (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 14.9.1978 – VI B 48/78 –, BRS 33 Nr. 131, unter Hinweis auf seinen Beschl. v. 17.1.1978 – I B 121/77 –); entsprechend auch ein zur Prostitution genutztes Wohnmobil, das auf einer bestimmten Grundstücksfläche abgestellt wird (OVG NRW, Beschl. v. 31.10.2001 – 2 B 1091/11 –). Gleiches gilt für einen Bauwagen als Teil einer Wagenburg (OVG NRW, Beschl. v. 6.8.2001 – 10 B 705/01 – NVwZ-RR 2002, 11). Auch ein Verkaufswagen, der seiner Funktion nach anstelle eines üblicherweise als Kiosk mit dem Erdboden fest verbundenen Vorhabens eingesetzt wird, unterliegt der dritten Alternative (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 28.10.2002 – 10 B 1141/02 –; OVG Berlin, Urt. v. 1.10.1976 – II B 106.75 –, BRS 30 Nr. 181), auch wenn er regelmäßig einmal in der Woche auf einem bestimmten Grundstück abgestellt wird (OVG Saarl., Beschl. v. 12.10.1988 – 2 W 472/88 –, BRS 48 Nr. 128u. Urt. v. 22.9.1992 – 2 R 8/92 – BRS 54 Nr. 141 = BauR 1993, 453 [Hähnchengrillstation] sowie Nieders. OVG, Beschl. v. 30.11.1992 – 1 M 4620/92 –, BRS 54 Nr. 142 = BauR 1993, 454 [Fischverkaufswagen]; OVG NRW, Urt. v. 17.2.2009 – 10 A 793/07 – BauR 2009, 1123 [Würstchenverkaufswagen]). Auch eine mobile Feldküche, die an jedem Werktag mit Hilfe eines PKW auf eine Freifläche gefahren und dort von 11.00 Uhr bis 14.00 Uhr aufgestellt wird, ist dazu bestimmt, überwiegend ortsfest benutzt zu werden (VG Dessau, Urt. v. 12.12.2001 – 1 A 85/00 – BauR 2003, 366). Ein Verkaufsstand bestehend aus einem Verkaufstisch und einem Anhänger kann wie ein zu Verkaufszwecken genutzter Container (OVG NRW, Beschl. v. 12.3.1998 – 7 A 999/98 – BRS 60 Nr. 138) eine bauliche Anlage sein (OVG NRW, Beschl. v. 10.8.1994 – 7 B 1727/94 –), ein „Bauchladen“ hingegen mangels enger Beziehung zum Boden nicht. Sport- und Trainingsgeräte eines Hundeübungsplatzes sollen nach ihrem Verwendungszweck ortsfest verwendet werden (OVG NRW, Beschl. v. 9.12.2009 – 10 B 1331/09). Tische, Stühle und Sonnenschirme eines Biergartens sind nicht als von dieser Alternative erfasst angesehen worden (OVG NRW, Beschl. v. 17.6.2011 – 2 A 1276/10 –). Eine Werbeanlage ist auch dann ortsfest, wenn das die Werbeaufschrift tragende Schild an einem Kfz-Anhänger befestigt ist, der von Zeit zu Zeit bewegt wird (vgl. BayObLG, Beschl. v. 31.7.1997 – 3 ObOWi 77/97 – BauR 1997, 1004); ebenfalls, wenn ein großflächiger Werbeträger auf einem Anhänger montiert wird und die Anlage erkennbar eine verfestigte Beziehung zu einem Grundstück hat (vgl. VG Weimar, Beschl. v. 8.3.1999 – 1 E 199/99.We – ThürVBl. 1999, 195; s. auch SächsOVG, Beschl. v. 24.9.2001 – 2 Bs 196/01 – SächsVBl. 2002, 41; ferner zu Werbeanlagen die Erl. zu § 10). Ein auf einem Fischteich verankertes Wohnboot kann dazu bestimmt sein, überwiegend ortsfest benutzt zu werden, und zwar auch dann, wenn es auf dem Teich mittels eines Wendegetriebes ständig bewegt werden kann (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 14.9.1978 – VI B 48/78 –, BRS 33 Nr. 131). Soweit Schiffe Anlagen des öffentlichen Verkehrs sind, ist allerdings § 1 Abs. 2 Nr. 1 zu beachten. Zum Wohnboot vgl. auch BVerwG, Urt. v. 31.8.1973 – IV C 33.71 –, BRS 27 Nr. 122; zum Wohnfloß BVerwG, Beschl. v. 13.3.1973 – IV B 8.72 –, BRS 27 Nr. 121; zu einem Restaurantschiff HessVGH, Beschl. v. 14.4.1986 – 4 TH 449/86 –, BRS 46 Nr. 130; zu einem ehemaligen Fahrgastschiff, das an einem Zugangssteg auf Dauer befestigt ist und als Restaurant genutzt werden soll OVG NRW, Beschl. v. 19.8.1997 – 7 B 1328/97 –; zu einer wasserrechtlichen Genehmigung für einen Bootsliegeplatz s. OVG Bln, Urt. v. 18.5.2001 – 2 B 8/98 – (LKV 2002, 135); für einen Sportbootsteg s. OVG Bln-Bbg, Beschl. v. 8.2.2007 – 2 S 39/06 – (LKV 2008, 38); zu Häusern auf dem Wasser grundsätzlich: Erbguth/Schubert, BauR 2006, 454. Ein Bienenwagen, der jährlich über sieben Monate auf einem bestimmten Grundstück(steil) abgestellt ist, ist eine bauliche Anlage (vgl. OVG NRW, Urt. v. 5.12.1974 – XI A 700/73 –, BRS 28 Nr. 30 m. w. N.). Bienenhäuser oder geschlossene Bienenstände (Bienenvölker, Vorräte, Geräte und Arbeitsraum unter einem Dach) sind Gebäude. Schrankartige Freistände für Bienenstöcke sind keine Gebäude, wohl aber bauliche Anlagen. Sie benötigen im Allgemeinen nur eine Aufstellfläche von 0,3 bis 0,8 m² je Volk.