BauO NRW – Kommentar C Kommentar Kommentierung 2018 Dritter Teil (§§ 9 – 51) Erster Abschnitt (§§ 9, 10) § 10 Anlagen der Außenwerbung, Warenautomaten Erläuterungen A. Grundsätzliche Problematik bauordnungsrechtlicher Regelungen über Werbeanlagen und Warenautomaten

I.Zweck des Außenwerbungsrechts

WerbeanlageWarenautomatWarenautomatenWerbeanlageÄhnlich wie die Baufreiheit wird auch die Werbung durch bauordnungsrechtliche Vorschriften begrenzt. Zweck des Außenwerbungsrechts in den Bauordnungen ist es, die Belange der werbenden Wirtschaft in Einklang zu bringen mit dem Interesse der Allgemeinheit am Schutz der Gestaltung des Straßen-, Orts- und Landschaftsbildes sowie der Verkehrssicherheit (vgl. B. Schulte, Recht und Grenzen der Außenwerbung, BauR 1993, S. 139 ff.). Es ist nicht Aufgabe des Baurechts, Werbeanlagen und Warenautomaten unter dem Gesichtspunkt der Manipulierung von Konsumenten unter Einschränkung ihrer freien Selbstbestimmung, gar der Missachtung der freien Entfaltung der Persönlichkeit der Adressaten von Werbung oder des Kundenkreises von Warenautomaten (zu solchen Versuchen vgl. OVG NRW, Urt. v. 21.4.1959 – VII A 180/58 –, OVGE 14, 355) zu betrachten. Insbesondere das BVerwG hat es abgelehnt, die Rechtmäßigkeit einer Werbeanlage von einem „moralischen Urteil“ oder von „unkontrollierbaren subjektiven Empfindungen einzelner“ abhängig zu machen. „Erinnerungswerbung stellt keine Missachtung der Würde des Menschen dar“ (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.1.1959 – I C 126/58 –, NJW 1959, 1194 f. = DÖV 1959, 792 f.; Urt. v. 19.12.1963 – I C 71.61 –, BVerwGE 17, 322 [325 ff.] und Urt. v. 26.5.1967 – IV C 37.65 –, BVerwGE 27, 129 ff.). Weltanschauliche Positionen zu Sinn oder Unsinn von Werbung dürfen daher nicht die Auslegung der bauordnungsrechtlichen Vorschriften über Werbeanlagen (und Warenautomaten) beeinflussen. Sie mögen politische Entscheidungen über die Werbung in anderen Rechtsbereichen leiten (vgl. insoweit Lerche, Werbung und Verfassung, 1967, S. 5).

Werbeanlagemoralische KategorienWerbeanlageDas Baurecht hat die Werbeanlagen nicht gleichsam in moralischen Kategorien zu betrachten und zu regeln. § 10 differenziert folgerichtig nicht nach dem Inhalt der Werbung, sei sie Wirtschaftswerbung für Waren oder Dienstleistungen, sei sie Werbung für Ideen. Das alles schließt es aber nicht aus, die Zulässigkeit von Werbung im Einzelnen je nach dem Ort, an dem sie stattfindet, zu differenzieren, dies nicht mit Blick auf den „moralischen Charakter“, den Inhalt der Werbung, sondern mit Blick auf den Schutz derjenigen, die einer Reklame entsprechend dem jeweiligen Gebietscharakter nicht ausgesetzt werden sollen oder wollen (negative Werbefreiheit).