Wer bereits Leistungen der Pflegeversicherung bezieht, wird per Gesetz automatisch in das neue System übergeleitet. Ein neuer Antrag auf Begutachtung ist nicht erforderlich. Menschen mit ausschließlich körperlichen Einschränkungen werden automatisch in den nächsthöheren Pflegegrad übergeleitet:
Menschen mit vorliegenden geistigen Einschränkungen – z. B. einer Demenzerkrankung – oder psychischen Einschränkungen, bei denen bis Ende 2016 eine erhebliche Beeinträchtigung der Alltagskompetenz festgestellt wurde, kommen automatisch in den übernächsten Pflegegrad:
Für den Bereich des steuerlichen Kindergeldes ergeben sich dadurch im Zusammenhang mit der Prüfung, ob eine Kind wegen seiner Behinderung außerstande zum Selbstunterhalt ist (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG) die folgenden Auswirkungen (so auch BMF-Schreiben vom 19.08.2016 (BStBl. I, S. 804):
Zu den Kindern mit Behinderung finden Sie umfangreiche Erläuterungen im Kommentar „Kindergeldrecht im öffentlichen Dienst“ in den Rz. 256 bis 379 zu §§ 32, 63 EStG.
Pflegekindschaftsverhältnis kann auch kurz vor Eintritt der Volljährigkeit begründet werden
Das BZSt hat mit Schreiben vom 25.10.2016, St II 2 – S 2471-PB/16/00002 seine bisherige Rechtsauffassung aufgegeben, wonach ein familienähnliches Band als eine der Voraussetzungen für die Annahme eines Pflegekindschaftsverhältnisses in der Regel nicht mehr begründet werden kann, wenn das vermeintliche Pflegekind erst kurz vor Eintritt der Volljährigkeit in die Pflegefamilie aufgenommen wird. Dies ist nunmehr grundsätzlich möglich, wenn das Kind noch nicht volljährig ist, die Aufnahme für eine Dauer von mindestens zwei Jahre beabsichtigt ist und zwischen der Pflegeperson und dem Kind ein Aufsichts-, Betreuungs- und Erziehungsverhältnis wie zwischen Eltern und einem leiblichen Kind besteht.
In der Praxis der Familienkassen wird sich aber häufig genau bei der letztgenannten Voraussetzung häufig ergeben, dass sich Kinder kurz vor Eintritt der Volljährigkeit bereits so weit verselbständigt haben, dass eben gerade keine solchen Verhältnisse mehr festgestellt werden können. Insoweit erschließt sich nicht, welchen Sinngehalt die hierzu ergangenen Feststellungen im eingangs zitierten Schreiben des BZSt haben sollen. Vgl. hierzu auch die Erläuterungen im Kommentar „Kindergeldrecht im öffentlichen Dienst“ in den Rz. 12a bis 12e zu §§ 32, 63 EStG.
Im zweiten Teil dieses BZSt-Schreibens stellt der Weisungsgeber klar, dass bei einem unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingskind, welches in einer Pflegefamilie Aufnahme findet, das fehlende Obhuts- und Betreuungsverhältnis zu den leiblichen Eltern unterstellt werden kann, weil die Eltern im Heimatland (ggf. Kriegsgebiet) verblieben sind.
Klaus Lange
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