Alles für den Wohlstand und den Klimaschutz – Neue steuerliche Regelungen für den Finanzstandort Deutschland

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Der Frühling naht und mit ihm erscheint in gewohnter Routine der erste Referentenentwurf mit steuerlichem Bezug. Dieses Jahr eröffnet den Reigen der in diesem Jahr zu erwartenden Steuergesetze, der Entwurf eines Gesetzes zur Finanzierung von zukunftssicheren Investitionen, kurz „Zukunftsfinanzierungsgesetz“ genannt. Ziel dieses Gesetzes ist nach den einführenden blumigen Worten im Referentenentwurf1, nichts weniger als die Sicherung unseres Wohlstandes und das Vorantreiben des Klimaschutzes durch frisches Geld von (privaten) Kapitalanleger für Unternehmen und ganz allgemein den Finanzstandort Deutschland. Zur Umsetzung dieses Vorhabens sieht der Referentenentwurf weiterentwickelte Regelungen im Finanzmarktrecht, Gesellschaftsrecht und Steuerrecht vor.

Liebe Leserin, lieber Leser,

bereits im Sommer des letzten Jahres hat die Bundesregierung ein Eckpunktepapier über geplante Maßnahmen zur Verbesserung der Finanzierung von Zukunftsinvestitionen und zur Erleichterung des Kapitalmarktzugangs für Unternehmen, insbesondere Start-ups, Wachstumsunternehmen und kleine und mittlere Unternehmen (KMU) vorgelegt. Mehr oder weniger zeitgleich wurde durch das Bundeswirtschaftsministerium auch ein Papier über die Start-up-Strategie der Bundesregierung veröffentlicht2. Die in beiden Papieren niedergeschriebenen Strategieüberlegungen zur Begleitung neu gegründeter oder sich in der Aufbauphase befindenden Unternehmen, wie z.B. die Finanzierung für Start-ups zu stärken und die Mitarbeiterkapitalbeteiligung attraktiver auszugestalten, spiegeln sich gerade auch in den geplanten steuerrechtlichen Regelungen des seit kurzem vorliegenden Referentenentwurf des sog. Zukunftsfinanzierungsgesetzes wider.

Ganz allgemein wird mit dem Referentenentwurf der Versuch unternommen, dem „deutschen Michel“ die finanzielle Beteiligung an Unternehmen als finanziell reizvollere Alternative zum Bausparvertrag als Form des Vermögensaufbaus schmackhaft zu machen.  Dafür soll zum einen der Freibetrag für den geldwerten Vorteil aus einer kapitalbasierten Beteiligung an Unternehmen (insbesondere Aktien, GmbH-Anteile, Wandelschuldverschreibungen und Genußscheine) von derzeit 1.440 EUR auf 5.000 EUR erhöht werden3. Allerdings soll die angedachte Anhebung des Steuerfreibetrags nicht ohne weiteres gelten. Vielmehr ist angedacht, die Steuerfreiheit solcher geldwerten Vorteile nur noch für solche Vermögensbeteiligungen zu gewähren, die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden4. Geldwerte Vorteile aus einer entsprechenden Vermögensbeteiligung über Gehaltsumwandlung, wären zukünftig nicht mehr steuerbegünstigt.

Vor dem Hintergrund einer möglichst langfristigen finanziellen Unternehmensbeteiligung und unerwünschten Mitnahmeeffekten soll zudem eine Haltefrist von drei Jahren eingeführt werden5. Danach gehören die steuerfreien geldwerten Vorteile nicht zu den Anschaffungskosten bei der Ermittlung des Gewinns bei den Kapitaleinkünften, wenn die Vermögensbeteiligung innerhalb von drei Jahren veräußert oder unentgeltlich übertragen wurde. Wird die Vermögensbeteiligung vorher veräußert, fließt der bisher steuerfrei geldwerte Vorteil in die Abgeltungsteuer in Höhe von 25 % mit ein. Denn durch die vorgesehene Haltefrist würde die Abgeltungssteuer nicht nur auf einen etwaigen Veräußerungsgewinn, sondern auch auf den bisher steuerfrei belassenen Lohnanteil erhoben. Diese Reglung soll darüber hinaus für Fälle gelten, in denen der Arbeitnehmer zu 1 Prozent oder mehr am Unternehmen des Arbeitgebers beteiligt ist6.

Zum anderen – und da müssen Bausparer, wie ich auch einer bin, jetzt tapfer sein – sieht der Referentenentwurf insbesondere Verbesserungen bei der Arbeitnehmer-Sparzulage für Vermögensbeteiligungen an Unternehmen vor. Denn für den Vermögensaufbau über den Anteilserwerb an Unternehmen (wertpapierbasierter Vermögensaufbau) soll die Einkommensgrenze für den Anspruch auf eine Arbeitnehmer-Sparzulage aufgehoben werden7. Die Einkommensgrenze für die Anspruchsberechtigung auf eine Arbeitnehmer-Sparzulage im Zusammenhang mit wohnungsbauorientiertem Vermögensaufbau8 bleiben hingegen unverändert.  

Dieser Umstand mag den einen oder anderen, gerade in Zeiten von Wohnungsmangel9, verwundern. Die Aufhebung der Einkommensgrenzen ausschließlich für den wertpapierbasierten Vermögensaufbau kann man m. E. auch nicht mit privaten Investitionsanreizen und einer in Deutschland schwach ausgeprägten Aktienkultur rechtfertigen. Trotz immer weiter rückläufiger Zahlen bei bestehenden Bausparverträgen10, gilt Deutschland nach wie vor als Land der Bausparer. Und wenn es um den Vermögensaufbau geht, betrachten etwa die Hälfte der Deutschen das Eigenheim als ideale Anlageform für den Vermögensaufbau. Gleichwohl rangiert Deutschland beim Eigentum von Wohnungen und Häusern im Tabellenkeller11. Für Menschen, die es schaffen in ein Eigenheim umzuziehen, wird in der Regel eine gemietete Wohnung frei für andere Personen. Insofern wäre hier doch jetzt die Gelegenheit, die Einkommensgrenzen für die Anspruchsberechtigung einer Arbeitnehmer-Sparzulage insgesamt aufzuheben und die „Häuslebauer“ nicht „im Regen stehen zu lassen“.

Rein lohnsteuerrechtlich betrachtet, sollen aber auch die Vorschriften zur aufgeschobenen Besteuerung geldwerter Vorteile aus der Vermögensbeteiligung von Arbeitnehmern junger Unternehmen12 nachgebessert und zum Teil auch erweitert werden. Nach der Begründung im Referentenentwurf dienen die angedachten Maßnahmen dazu, Startup- und KMU-Unternehmen durch Verbesserung der Mitarbeitergewinnung und -bindung zu fördern und zudem die sog. dry-income-Problematik (Versteuerung eines Vorteils ohne liquide Mittel) für die beteiligten Arbeitnehmer zu entschärfen13. Erweiterungen sollen insbesondere bei den Unternehmensvoraussetzungen vorgenommen werden. So sollen zukünftig alle Unternehmen in die Regelungen des § 19a EStG mit einbezogen werden, die

  • weniger als 500 Mitarbeiter beschäftigen, einen Jahresumsatz von höchstens 100 Mio. EUR oder eine Jahresbilanzsumme von höchstens 86 Mio. EUR erzielen,

  • diese Schwellenwerte im Zeitpunkt der Übertragung der Vermögensbeteiligung oder in einem der sechs vorangegangenen Kalenderjahre nicht unterschritten wurden und

  • der maßgebliche Gründungszeitraum des Unternehmens 20 Jahre vor dem Beteiligungszeitpunkt liegt.

Desweiteren sollen als begünstigte Vermögensbeteiligungen auch diejenigen gelten, die nicht vom Arbeitgeber selbst oder einem anderen Unternehmen im gleichen Konzern (sog. Konzernklausel14), oder den (Gründungs-)Gesellschaftern gewährt werden.

Was die Verschiebung des Versteuerungszeitpunkts betrifft, sind folgende Anpassungen vorgesehen:

  • Besteuerung des geldwerten Vorteils aus Vermögensbeteiligungen spätestens 20 Jahre nach der Übertragung der Vermögensbeteiligung. Dies soll auch für Vermögensbeteiligungen gelten, die vor 2024 übertragen werden bzw. wurden.

  • Im Falle von sog. Leaver-Events (d. h. Rückerwerb der Anteile bei Verlassen des Unternehmens) soll nur die tatsächlich an den Arbeitnehmer gezahlte Vergütung maßgeblich sein.

Zu guter letzt ist auch die Möglichkeit einer Steuerübernahme durch den Arbeitgeber als Schuldner der Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz von 25 % angedacht. Eine Abwälzung auf den Arbeitnehmer soll bei entsprechenden vertraglichen Vereinbarungen möglich sein.

Darüber hinaus ist eine Regelung geplant, die den Besteuerungszeitpunkt auf den ganz oder teilweisen entgeltlichen oder unentgeltlichen Übertragungszeitpunkt („Verkauf“) durch den Arbeitnehmer verschiebt15. Die weiteren Besteuerungstatbestände „Ablauf von 12 Jahren (neu dann 20 Jahren)“ und „Beendigung des Dienstverhältnisses“ blieben so außen vor. Dies setzt aber nach der Neuregelung voraus, dass der Arbeitgeber freiwillig und unwiderruflich erklärt, für die dann einzubehaltende und abzuführende Steuer notfalls einzustehen. Die Anwendung der Pauschalierung des geldwerten Vorteils mit 25% soll auch für diese Fälle dann möglich sein.    

Der Referentenentwurf zum sog. Zukunftsfinanzierungsgesetz ist aber erst der Aufschlag im langen Weg des Gesetzgebungsverfahrens. Bis zur abschließenden Verkündung fließt noch „viel Wasser den Rhein herunter“. Und erst dann werden wir tatsächlich wissen, wie unser aller Wohlstand gesichert werden soll. 

In dem Sinne, bleiben Sie gesund und zuversichtlich.


Es grüßt Sie,  

Ihr Matthias Janitzky

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