Liebe Leserin, lieber Leser,
auch ich kann mich noch daran erinnern, als in den Finanzämtern die ersten Einkommensteuererklärungen „online“ eingingen. Virtuelle Daten, an die man erst durch Eingabe einer auf dem Papierausdruck der Einkommensteuererklärung aufgedruckten Telenummer ins System gelang. Die neue Bearbeitungsweise war ungewohnt, glich der Papierausdruck doch so gar nicht den bekannten Vordrucken. Anfänglich übermittelten aber auch nur sehr wenige Bürger ihre Einkommensteuererklärung per ELSTER. So gingen im Jahr 2000 deutschlandweit auf diese Art und Weise insgesamt nur 140.000 Einkommensteuererklärungen ein. Gemessen an der Zahl der Finanzämter in Deutschland, 2016 waren es 535, eine eher zu vernachlässigende Anzahl.
Jahrzehnte später ist das Projekt ELSTER längst „Erwachsen“ geworden und ist insgesamt aus der Kommunikation zwischen Bürgern und Finanzverwaltung nicht mehr wegzudenken. Das liegt natürlich auch an der in den letzten Jahren fortschreitenden Verpflichtung zur elektronischen Übermittlung von „Daten“ an die Finanzverwaltung.
So besteht zum Beispiel seit 2005 für Unternehmen die Verpflichtung zur Nutzung von ELSTER für die Übermittlung von Lohn- und Umsatzsteuer-Voranmeldungen sowie der Lohnsteuerbescheinigungen. Ab dem Jahr 2011 sollte dann als nächster großer Meilenstein das Programm ELStAM zur Übermittlung und Abfrage der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale von Arbeitnehmern zur Verfügung stehen. Die bisher auf der Vorderseite der Lohnsteuerkarte vorhandenen Lohnsteuerabzugsmerkmale sollten dem Arbeitgeber maschinell verwertbar zum Abruf zur Verfügung gestellt werden. Bekanntlich war die technische Umsetzung mit großen Schwierigkeiten verbunden. Seit dem Kalenderjahr 2013 ist der Arbeitgeber nunmehr verpflichtet, den Arbeitnehmer bei Aufnahme des Dienstverhältnisses bei der Finanzverwaltung anzumelden und zugleich die ELStAM anzufordern. Die im Jahr 1925 eingeführte Papierlohnsteuerkarte gehörte damit endgültig der Vergangenheit an.
Im Juli 2017 erfolgte dann eine Runderneuerung des ElsterOnline-Portals und der Webseite www.elster.de. unter dem Namen „ELSTER: Ihr Online-Finanzamt“ und „Mein ELSTER“. Ab dem Jahr 2019 sind zudem die Möglichkeiten Anträge und Formulare „online“ über „Mein ELSTER“ an die Finanzverwaltung zu übermitteln weiter ausgeweitet worden. So können nun auch zum Beispiel Anträge auf Fristverlängerung, auf Anpassung von Vorauszahlungen, die Änderung von persönlichen Angaben wie die Anschrift oder die Bankverbindung elektronisch übermittelt werden. Dies alles erfordert natürlich von Anfang an eine hochwertige Verschlüsselung bei der Übertragung der Steuerdaten, welche durch das Programm gewährleistet wird.
Stetig ansteigend übermitteln seit dem Jahr 2000 immer mehr Bundesbürger ihre Einkommensteuererklärung digital. Waren es im Jahr 2000 noch 0,14 Millionen Bürger, gingen im Jahr 2020 bereits 28,2 Millionen Einkommensteuererklärungen online ein. Im Bereich der Anmeldungssteuern wurden von den Unternehmen in Deutschland im Jahr 2020 40,2 Millionen Umsatzsteuer-Voranmeldungen und 18,2 Millionen Lohnsteuer-Anmeldungen elektronisch übermittelt1.
Gleichwohl müssen sich Steuerbürger für die Abgabe der Einkommensteuererklärung 2020 auf eine Änderung einstellen. Das seit 2001 kostenlos von der Steuerverwaltung auf CD und im Internet veröffentlichte Programm ElsterFormular steht nicht mehr zur Verfügung. Das heißt, Einkommensteuererklärungen für das Jahr 2020 (abzugeben im Jahr 2021) können nicht mehr in ElsterFormular, sondern – nach erfolgter Registrierung – nur noch über „Mein ELSTER“ erstellt und übermittelt werden.1
Auch Stiftung Warentest hat ELSTER schon mal „unter die Lupe“ genommen. Ein Artikel aus dem Jahr 2019 veranschaulicht, wie ich finde, auf informative Art und Weise über die Vor- und die Nachteile des Elster-Programms zur Erstellung und Übermittlung der persönlichen Einkommensteuererklärung im Vergleich zu anderen, demgegenüber aber kostenpflichtigen, Steuererklärungsprogrammen2. Wenig überraschend kamen die Tester zu dem Ergebnis, dass das Programm der Finanzverwaltung kein „Steuersparprogramm“ sei3. Es diene „lediglich“ der Erstellung der Einkommensteuererklärung. Auf Basis dieser Eingaben berechne das Programm dann die voraussichtliche Steuer. Ein Steuersparprogramm darf es aber ja rein rechtlich gesehen schon nicht sein4. Aus diesem Grund ist es gleich den Papiervordrucken zur Einkommensteuererklärung lediglich mit rechtlichen Hinweisen versehen und überprüft die Einkommensteuererklärung vor Versenden auf Plausibilität. Auch „reale“ Finanzbeamte dürfen keine Hilfeleistung in Steuersachen erteilen.
Aber auch im Bereich Barrierefreiheit von Websites und Webanwendungen erfüllt ELSTER alle gängigen Vorgaben gemäß BITV5.
Gleichwohl finden sich auf „Mein ELSTER“ aber auch weitere nützliche Hinweise. In der Rubrik „Hilfe, FAQ“ finden sich ein ganzes Bündel mit an häufig an die Finanzverwaltung herangetragenen Fragen mit entsprechenden Antworten. Wobei diese Fragen nicht nur auf den steuerlichen Bereich abzielen, sondern ebenso auch technische Fragen rund um die ELSTER-Online-Produkte in den Blick nimmt. Ganz interessant ist auch ein Blick ins „ELSTER-Forum“. Hier kann man – nach Registrierung – selbst Beiträge verfassen, aber genauso gut mit anderen Nutzer für einen Erfahrungsaustausch in Kontakt treten.
All das zeigt, dass das 1996 ins Leben gerufene Projekt ELSTER Schritt für Schritt bedarfsorientiert erweitert wurde und zum Online-Finanzamt mit 24-stündiger Erreichbarkeit ausgebaut worden ist. Auch ich nutze es seit Jahren schon zur Erstellung meiner Steuererklärungen und habe meine anfängliche Skepsis längst abgelegt.
Wie immer in diesen Monaten gilt, bitte bleiben Sie gesund!
Es grüßt Sie,
Ihr Matthias Janitzky
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