Inflationsausgleichsprämie – Das Wort trifft es nicht ganz

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Öffentlich seit rund einem Monat in den Medien durchaus kontrovers diskutiert, ist sie nun auch im parlamentarischen Rechtsgang angekommen, die sog. Inflationsausgleichsprämie (eigentlich Inflationsausgleichs-Sonderzahlung). Über den Finanzausschuss des Bundestags1 in das Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungenüber das Erdgasnetz eingebracht, debattieren nun die politischen Gremien über die temporäre Einführung einer „Prämie“ für die Beschäftigten zum Inflationsausgleich. Ich persönlich halte jedoch das Wort „Prämie“ für verfehlt, denn jeder einzelne Beschäftigte hat in dem Sinne ja keine besondere Leistung erbracht, mit der diese „belohnt“ werden kann2. Wenn überhaupt, ist es eine Art „Anreizzahlung“ zur Bekämpfung der Inflation. Aber das nur am Rande.

Liebe Leserin, lieber Leser,

durch die Bundesregierung gewollt und in den Augen der Oppositionsparteien, der Sozialpartner, der Beschäftigten und den Medien durchaus kontrovers betrachtet3, hat sie „das Licht der Öffentlichkeit“ erblickt. Die sog. Inflationsausgleichsprämie ist auf den parlamentarischen Weg gebracht. Wobei ich mich, wie bereits erwähnt, an dem allgemein genutzten Wortteil „Prämie“ störe und deshalb lieber das Wort Inflationsausgleichs-Sonderzahlung verwende. Denn als solche ist sie auch in den Gesetzesmaterialien bezeichnet4.

Gesetzliche Regelung

Steuer5- und sozialversicherungsabgabenfrei6 bleiben, zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber in der Zeit vom Tag des auf den Tag der Verkündung des Gesetzes folgenden Tages bis zum 31. Dezember 2024 in Form von Zuschüssen und Sachbezügen gewährte Leistungen zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise bis zu einem Betrag von 3.000 Euro. Darüber hinaus soll durch eine Änderung der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung sichergestellt werden, dass die Inflationsausgleichs-Sonderzahlung bei Beziehern von Leistungen nach dem SGB II nicht als Einkommen berücksichtigt wird.

Die gesetzliche Regelung im Einzelnen

Von der Ausgestaltung her, reiht sich die neue Steuerbefreiungsvorschrift also nahtlos ein in die, ebenfalls zeitlich befristete, Steuerbefreiungsvorschrift zur sog. Corona-Prämie7. Wobei hier das Wort „Prämie“ auch nach der Intention dieser Vorschrift zutreffend ist. Denn steuerfrei blieben bis Ende März 2022 Leistungen zur Abmilderung der zusätzlichen Belastung durch die Corona-Krise. „Prämiert“ wird also, wenn man so will, die Arbeitsleistung des Beschäftigten trotz der durch die Corona-Krise eingetretenen allgemeinen Belastungen.

Steuerfrei bleiben nur vom Arbeitgeber an seine Beschäftigten gewährte Inflationsausgleichs-Sonderzahlungen. Erhält also beispielsweise ein angestellter Vertriebler von seinem Arbeitgeber zusätzlich eine Inflationsausgleichs-Sonderzahlung bleibt diese bis 3.000 Euro steuerfrei. Zahlt das Unternehmen hingegen einem für das Unternehmen ebenfalls tätigen, selbständigen Handelsvertreter diese Sonderzahlung, ist diese Zahlung steuerpflichtig. Eine vergleichbare Regelung für Personen mit Gewinneinkünften (z. B. eine ebenfalls zeitlich befristete Steuerbefreiung von Privatentnahmen aus dem Betrieb) ist offenbar nicht geplant. Das obwohl die Verbrauchspreise allgemein für alle gleich stark angestiegen sind. Ob das mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar ist, lass ich mal dahingestellt. 

Die Steuerfreiheit von max. 3.000 Euro gilt jahresübergreifend je Dienstverhältnis. Es ist zudem unerheblich, ob der Arbeitgeber die Inflationsausgleichs-Sonderzahlung in Form von Barzuschüssen und/oder Sachbezügen gewährt und ob diese Zahlung in einem Betrag oder im Begünstigungszeitraum verteilt in Raten erbracht wird.

Die Inflationsausgleichs-Sonderzahlung ist nur steuerfrei, wenn sie „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn8“ gewährt wird. Die Steuerbefreiung ist damit insbesondere im Rahmen eines Gehaltsverzichts oder von Gehaltsumwandlungen ausgeschlossen. Unschädlich ist, wenn in einem Tarifvertrag, durch Betriebsvereinbarung oder durch eine einzelvertragliche Vereinbarung eine steuerfreie Inflationsausgleichs-Sonderzahlung vereinbart wird.

Vor dem Hintergrund ist es sehr wahrscheinlich, dass diese Sonderzahlung – ähnlich wie es bei der Corona-Prämie der Fall war - Bestandteil von Gehalts bzw. Tarifverhandlungen insbesondere zwischen Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften sein wird. Denkbar ist zum Beispiel eine Vereinbarung, den Beschäftigten eine Inflationsausgleichs-Sonderzahlung von jeweils 3.000 Euro zu gewähren, diese aber nicht in einer Summe auszuzahlen, sondern den Arbeitslohn der Beschäftigten im Begünstigungszeitraum monatlich gleichbleibend um einen entsprechenden Anteil der Inflationsausgleichs-Sonderzahlung steuer- und sozialversicherungsabgabenfrei zu erhöhen. Eine solche Vereinbarung käme sicherlich auch den Unternehmen zu Gute, die diese Sonderzahlungen gerne leisten würden, sie aber in der gegenwärtigen Situation nicht zahlen könnten. Auf der anderen Seite koppeln solche Lösungen natürlich auch die Lohnentwicklung von der späteren Rentenhöhe der Beschäftigten ab. Beitragsfreie Leistungen in der Rentenversicherung haben nun mal keinen Einfluss auf die individuelle Rente. Der Effekt verstärkt sich in dem Fall umso mehr, da die Inflationsausgleichs-Sonderzahlung nur zeitlich befristet den Bruttoarbeitslohn erhöht, nach Wegfall jedoch auf zukünftige prozentuale Lohnerhöhungen keinen Einfluss mehr haben kann.

Auch wenn das Gesetz Bezug nimmt auf Leistungen zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise, soll nach der Gesetzesbegründung9 an den Zusammenhang zwischen Leistung und Preissteigerung keine besonderen Anforderungen gestellt werden. Vielmehr soll ausreichend sein, wenn der Arbeitgeber bei Gewährung der Leistung in beliebiger Form deutlich macht, dass diese im Zusammenhang mit der Preissteigerung steht. Im Klammerzusatz steht hierzu beispielhaft, dass ein entsprechender Hinweis auf dem Überweisungsträger im Rahmen der Lohnabrechnung ausreichend ist, um den Zusammenhang mit der Preissteigerung herzustellen. Folgt man dieser Linie der niedrigschwelligen Anforderung an die Abbildung des Zahlungsgrunds, dann reicht es nach meinem Dafürhalten bereits aus, wenn der entsprechende Betrag in der Lohnabrechnung als steuerfrei geschlüsselt und erkennbar mit dem Wort „Inflationsausgleichs-Sonderzahlung“ bezeichnet ist.

Zu guter Letzt bleibt festzuhalten, dass die Inflationsausgleichs-Sonderzahlung im vollem Umfang steuerfrei bleibt, sie unterliegt nämlich nicht dem Progressionsvorbehalt. Wie allgemein bekannt, sind steuerfreie Arbeitgeberleistungen regelmäßig im Lohnkonto aufzuzeichnen10. Ein Ausweis auf der Lohnsteuerbescheinigung ist nicht erforderlich.

In dem Sinne wünsche ich Ihnen, dass ihr Arbeitgeber dem Apell der Bundesregierung folgt und Ihnen eine entsprechende Zahlung zukommen lässt. Bleiben Sie gesund und zuversichtlich.


Es grüßt Sie,  

Ihr Matthias Janitzky


1 BT-Drs. 20/3763 v. 29.09.2022
2 Duden: Prämie = zusätzliche (einmalige) Zahlung für eine bestimmte Leistung
3 Seite 4 – 5 der BT-Drs. 20/3763 v. 29.09.2022
4 z. B. Seite 4 der BT-Drs. 20/3763 v. 29.09.2022
5 § 3 Nr. 11c – neu - EStG
6 § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SvEV, § 14 SGB IV
7 § 3 Nr. 11a EStG
8 § 8 Abs. 4 EStG
9 Seite 6 der BT-Drs. 20/3763 v. 29.09.2022
10 § 4 Abs. 2 Nr. 4 LStDV

Mein Kommentar
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2 Kommentare zu diesem Beitrag
kommentiert am 13.11.2022 um 13:04:
Guten Tag Herr Geiselmann, ich gehe nicht davon aus, dass die Inflationsausgleichsprämie als unpfändbar behandelt wird. § 850 a ZPO (Katalog der unpfändbaren Bezüge) findet nach meinem Dafürhalten auf die Inflationsausgleichsprämie keine Anwendung. Anders als die Corona-Prämie wird man sie m. E. auch nicht als Erschwerniszulage einordnen können (BAG-Urteil vom 25.08.2022, 8 AZR 14/22). Das BMF wird jedoch in Kürze auf seiner Internetseite eine Zusammenstellung von Informationen zu besonders häufig gestellten Fragen bzw. häufig auftretenden Problemen (FAQ) zur Inflationsausgleichsprämie einstellen. Es ist zu erwarten, dass dort auch eine Aussage zur Frage der Pfändbarkeit aufgenommen wird. Viele Grüße Matthias Janitzky
kommentiert am 11.11.2022 um 15:51:
Ist die Inflationsausgleichsprämie pfändbar ?
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