Arbeits- und Anforderungsverdichtung, Zeit-, Termin- und Leistungsdruck, Konflikte im Team, fehlende Unterstützung durch den Vorgesetzten, Informationsmangel oder Informationsflut sind häufig genannte „Unzufriedenheitsmacher“. Andauernde Veränderungsprozesse, unklare Zuständigkeiten, störende Arbeitsunterbrechungen und häufige Überstunden tun ein Übriges, um Mitarbeiter möglicherweise psychisch zu belasten, zu überfordern, zu demotivieren oder krank zumachen.
Ein Resultat dieser Veränderungen ist die vieldiskutierte Zunahme der psychischen Belastungen und Erkrankungen, auch wenn diese nicht immer der Arbeitswelt zuzuschreiben sind. Personalverantwortliche und Führungskräfte, insbesondere auch im öffentlichen Sektor, kommen dennoch nicht umhin, sich mit (potentiellen) betrieblichen Belastungsfaktoren ihrer Mitarbeiter zu beschäftigen, um die Leistungsfähigkeit und die Leistungsmotivation der Beschäftigten dauerhaft zu sichern.
Indikatoren und Auswirkungen arbeitsbedingter psychischer Belastung
Die Auswirkungen von Arbeitsbedingungen, die Mitarbeiter als belastend empfinden, machen sich auf individueller, auf kollektiver und auf betrieblicher Ebene bemerkbar.
In mehreren internationalen Langzeitstudien wurde festgestellt, dass stressige Arbeitsbedingungen zu Befindlichkeitsstörungen und organischen Beeinträchtigungen führen. Herzbeschwerden, Bluthochdruck, Magenbeschwerden und Kreislaufstörungen sind typische körperliche Reaktionen auf Stress. Die Psyche wehrt sich, indem sie mit Angststörungen, Überlastungsstörungen oder affektiven Störungen darauf aufmerksam macht, dass das Lebensgefüge nicht (mehr) passt. Die durch Krankheit verursachten Kosten wirken sich auf das Gesundheitswesen aus und krankheitsbedingte (Früh-)Verrentungen belasten die Renten- und Pensionskassen.
Doch nicht nur Mitarbeiter und Gesellschaft „leiden“, auch der Betrieb ist von den Folgen gestresster Mitarbeiter betroffen: Häufige Kurzerkrankungen, ein hoher Krankenstand, Leistungsschwankungen, wiederholte Störungen im Arbeitsprozess sind Anzeichen für psychische Belastungen. Ein schlechtes Betriebsklima, welches sich durch Konflikte, aggressives Verhalten, innere Kündigung und Mobbing bemerkbar macht, ist ein weiterer Indikator.
Um genauer zu erforschen, ob und warum Mitarbeiter fehlbeansprucht sind, ist eine genaue Analyse mit einem entsprechenden Erhebungsinstrument zur Ermittlung arbeitsbedingter psychischer Belastungen (Fragebogen und/oder Beobachtung) oder eine Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen durchzuführen. Erst dann kann gezielt und wirksam Abhilfe geschaffen werden.
Wie dieser Entwicklung entgegengewirkt werden kann
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, arbeitsbedingte psychische Belastungen zu reduzieren oder gar ganz zu beseitigen. Sie setzen entweder auf der Ebene der Verhältnisse an oder auf der Ebene des Verhaltens. Maßnahmen, die auf eine Veränderung der Verhältnisse abzielen, umfassen betriebliche Gestaltungsmöglichkeiten hinsichtlich der Arbeitsaufgabe, der Arbeitsbedingungen, der Arbeitsorganisation und des Betriebsklimas. Maßnahmen auf der Verhaltensebene fördern und nutzen Ressourcen des Mitarbeiters.
Leistungsbereitschaft fördern
Beispielsweise können Arbeitsbelastungen reduziert werden, in dem man den Mitarbeitern mehr Autonomie bei der Arbeitsausführung gewährt, ihnen mehr Mitsprache- und Mitbestimmungsmöglichkeiten einräumt, notwendige Informationen angemessen und rechtzeitig übermittelt, regelmäßige Teambesprechungen durchführt und den Beschäftigten eine Rückmeldung über ihre Arbeitsleistung gibt. Es darf auch mal ein Lob sein!
Eigenverantwortung stärken
Um die Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter zu erhalten und zu fördern sind Fortbildungen ein geeignetes Instrument. Dabei ist nicht nur an berufliche Weiterqualifizierungen zu denken, sondern auch an Angebote wie Stress- und Zeitmanagement, bei denen auch der Eigenanteil an Stress und Belastungssituationen thematisiert wird.
Handeln mit Augenmaß
Psychische Belastungen sind derzeit ein „großes“ Thema, welches in der Arbeitswelt eine realitätsgerechte Entsprechung erfahren muss. Es nützt allen Betroffenen wenig, wenn evidente Veränderungen in der Arbeitswelt überstilisiert oder totgeschwiegen werden. Das richtige Augenmaß – wörtlich genommen: Das genaue Hinsehen – und die Bereitschaft bei Auffälligkeiten etwas zu verändern, hilft allen und eine Reduzierung bestehender Belastungen ist gar nicht so schwer zu verwirklichen.
Dr. Fritzi Wiessmann, Arbeits-, Betriebs- und Organisationspsychologin, Frankfurt am Main
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