Liebe Leserinnen, liebe Leser,
mit der Einführung einer leistungs- und erfolgsabhängigen Bezahlung ab dem Jahr 2007 haben die kommunalen Tarifpartner die Weichen für eine moderne Verwaltungs- und Kommunalunternehmensführung gestellt.
Die „Schätze der LoB“ – Bewertungsdialog und Bewertungsmaßstab
Das Leistungsentgelt gem. § 18 TVöD/VKA ist mittlerweile bei der überwiegenden Zahl kommunaler Arbeitgeber in Bayern betrieblicher Alltag. Die „Schätze der LoB“ wie z.B. optimierte Kommunikation, effektiveres Konfliktmanagement und höhere Führungstransparenz sind allgemein anerkannt. Insbesondere das Mustersystem des KAV Bayern bewährt sich bei sehr vielen Arbeitgebern.
Ein Erfolgsschlüssel hierbei ist der ganzjährige Bewertungsdialog, d.h., zu Beginn des Bewertungszeitraums eine Bestandsaufnahme zu machen, und während des Bewertungszeitraums das gewünschte Ergebnis - eine optimierte Dienstleistung am Ende des Jahres - sowie ein möglichst entspanntes Bewertungsgespräch zu erreichen.
Der zweite wesentliche Erfolgsschlüssel ist ein ausformulierter Bewertungsmaßstab, der im Rahmen einer systematischen Leistungsbewertung eine auf jeder Punktestufe und für jedes Kriterium ausformulierte Bewertungsmatrix zur Verfügung stellt, für die mittlerweile ein auf den kommunalen öffentlichen Dienst abgestimmtes Produkt vorliegt.
Was Beschäftige schätzen - Mitarbeitergespräche
Nicht nur kommunale Arbeitgeber, sondern auch die Beschäftigten geben in Beratungsgesprächen und Seminaren immer wieder die Rückmeldung, dass der in Bayern nur im Tarifvertrag verankerte Anspruch auf Mitarbeitergespräche nicht mehr aufgegeben werden soll. Folgerichtig ist seit mehreren Entgeltrunden eine Abschaffung des Leistungsentgelts kein Thema mehr. Insofern ist das Leistungsentgelt ein nicht mehr wegzudenkender Entgeltbestandteil, der die Arbeitsergebnisse in Kommunen und Kommunalunternehmen optimieren hilft.
LoB 3.0 - was steckt noch drin in der Leistungsbezahlung?
Nachdem das Leistungsentgelt nunmehr „erwachsen“ geworden ist, wird es Zeit, an eine Weiterentwicklung der Möglichkeiten heranzugehen, die die Umsetzung des § 18 TVöD/VKA noch bietet.
Gerade im Lichte des demografischen Wandels und einer gewissen Fluktuation von Führungskräften aus der privaten Wirtschaft in die Verwaltungen sowie der Notwendigkeit, die Attraktivität kommunaler Arbeitgeber zu steigern, ist es sinnvoll, über erweiterte Nutzungen des Leistungsentgelts nachzudenken.
Betriebsklima optimieren!
Unter dem Schlagwort „Leistungsentgelt 3.0“ verstehe ich insbesondere die Stärkung eines elementaren Wesensteils für den kommunalen oder betrieblichen Erfolg: das Betriebsklima.
Über keinen Faktor zur Optimierung von Arbeitsergebnissen besteht so viel Einigkeit in der Wissenschaft wie darüber, als dass ein optimales Betriebsklima Garant für gute Arbeitsergebnisse ist. Die „Nebenwirkungen“ wie reduzierte Fehltage sowie höhere Motivation von Beschäftigten werden zwar gerne gemessen, aber selten als tatsächliche Einflussfaktoren auf die Qualität der Arbeitsergebnisse beschrieben. Seit den Losada-Fredrickson-Studien der 90-er Jahre (u.a. aktualisiert 20111) ist jedoch unbestritten, dass eine Optimierung des Betriebsklimas immer auch zu einem besseren Output der Beschäftigten führt.
Führungskräfte entwickeln und Mitarbeiter fördern
Genau hierauf wurde beim KAV-Mustersystem für das Leistungsentgelt frühzeitig ein Schwerpunkt gelegt: Die systematische Leistungsbewertung enthält die Kriterien „Teamfähigkeit“ und „Motivation“ bzw. für Führungskräfte „Konflikt- und Kritikfähigkeit“ und „Förderung von Beschäftigten“.
Diese Bereiche könnten z.B. bei LoB 3.0 auch im Rahmen von Zielvereinbarungen größeres Gewicht erhalten. Generell zeichnen sich Zielesysteme durch eine größere Aufwändigkeit aus, da insbesondere der Quervergleich der Anforderungsniveaus von Zielvereinbarungen relativ kompliziert ist. Allerdings war es schon bisher sinnvoll, z.B. im Rahmen einzelner Kriterien Schwerpunkte im Wege kleinerer Zielvereinbarungen bzw. Bemühensvereinbarungen zu bilden. Dies könnte, z.B. durch Einbeziehung von Aspekten des betrieblichen Gesundheitsmanagements, insbesondere aber auch eines qualifizierteren Konfliktmanagements dazu dienen, das Betriebsklima stärken.
Verhaltensänderungen - statt kurz springen, langen Atem beweisen
Kurzfristige Konfliktmanagement- oder Coaching-Maßnahmen greifen hierbei selten, da es letztlich doch um Denkmuster und psychische Befindlichkeitslagen der Beteiligten geht. Verhaltensänderungen benötigen nun einmal auch aufgrund der Struktur unseres Gehirns bis zu einem Jahr! Hier könnten begleitende über das Leistungsentgelt implementierte Prozesse wie z.B. das Audit „Zukunftsfähige Unternehmenskultur“ der Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA) oder Teambuildingmaßnahmen durchaus mehr Raum bekommen. Die zahlreichen Anfragen beim KAV Bayern zeigen, dass auf diesem Gebiet erheblicher Informations- und Unterstützungsbedarf bei den Kommunen gegeben ist.
Erfolgsprämie nutzen
Des Weiteren könnte ein stärkeres Gewicht auf die Erfolgsprämie gem. § 18 Abs. 4 Satz 3 TVöD gelegt werden. Bei einem klar erkennbaren gesamtwirtschaftlichen Vorteil für den Arbeitgeber können hier durch finanzielle Mittel jenseits des tariflichen Leistungsentgeltvolumens auch einzelne Arbeitnehmerleistungen gefördert werden. Hierbei liegt eine Win-Win-Situation vor, da beim Arbeitgeber zwingend ein wirtschaftlicher Vorteil vorliegen muss, und für den Arbeitnehmer eine Einmalzahlung einen deutlich höheren Motivationsfaktor aufweist als z.B. laufende monatliche Zahlungen auf Basis anderer übertariflicher Tatbestände.
Zwingende Voraussetzung für diese „Sahnehäubchen der LoB“ ist jedoch, dass zunächst ein regelkonformes tarifliches LoB-System mit Führungsdialog implementiert wird, wofür beispielsweise das im rehm-Verlag erschienene Buch Thanheiser „Leistungsentgelt erfolgreich einführen und Beschäftigte fair bewerten“ die notwendigen Hinweise gibt.
Gute Führungsqualität - kein Vorsprung der Privatwirtschaft
Hier werden dieselben Probleme vermeldet wie von der öffentlichen Hand. Da die kommunalen Arbeitgeber ein wesentlich breiteres, verantwortungsvolleres und nicht rein kommerzorientiertes Aufgabenportfolio zum Wohle der Allgemeinheit erfüllen, besteht mit Lob 3.0 nicht nur die Notwendigkeit ehrlicher Wertschätzung der Beschäftigtenleistung, sondern auch die Chance für mehr Arbeitgeberattraktivität durch Implementierung eines kollegialen Führungswesens.
Herzlich
Sven Thanheiser
Rechtsanwalt/Mediator, Führungskräftetrainer
Referent beim KAV Bayern
1 Barbara L. Fredrickson & Marcial F. Losada (2005). Positive affect and the complex dynamics of human flourishing. American Psychologist, 60, 678-686. Beschrieben in https://www.wirtschaftspsychologie-aktuell.de/lernen/lernen-20110908-lernen-von-barbara-fredrickson-aufbluehen-bei-der-arbeit-und-im-alltag.html
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