Arbeiten im Homeoffice – nicht alle sind zufrieden: Tipps für Beschäftigte

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Kurzarbeit, Kündigungen, Arbeitslosigkeit, Insolvenzen – niemand hätte jemals gedacht, dass die Corona-Krise derartige Auswirkungen haben könnte. Eine Maßnahme, die zum Schutz der Beschäftigten ergriffen wurde, und in Anbetracht der oben genannten Folgen das geringste Übel darstellt, ist auch im öffentlichen Sektor das Arbeiten im Homeoffice. Da niemand weiß, wie lange die Pandemie noch andauern wird und die Arbeit entsprechend angepasst werden muss, ist es wichtig, sich in dieser Zeit möglichst gut zu organisieren.

Herbeigesehnt

Für viele Beschäftigte ist dies sogar ein wünschenswerter und lang angestrebter Zustand, der auch nach der Krisenzeit beibehalten werden könnte. Für diese Gruppe von Beschäftigten kann die Krise in puncto Homeoffice eine neue Chance sein.

Abgelehnt

Doch es gibt eine zweite Gruppe von Beschäftigten, für die das Arbeiten im Homeoffice eine wahre Herausforderung darstellt. Es sind zum einem diejenigen, die Berufliches und Privates strikt trennen wollen und sich im Büro an ihrem Schreibtisch wohler fühlen als an einem Arbeitsplatz zu Hause. Die Aufteilung Arbeit-Freizeit bedeutet für sie: wenn der PC heruntergefahren und die Bürotür geschlossen wird, endet die Arbeit(szeit) und der Feierabend oder das Wochenende beginnt. Die meisten schließen dann auch mental mit der Arbeit ab, bis sie am nächsten Tag oder nach dem Wochenende wieder in den Arbeitsmodus zurückkehren.

Gewollt oder ungewollt – daheim arbeiten, eine Herausforderung!

Ein Teil der pandemiebedingt ins Homeoffice verbannten Beschäftigten ist mit der An- und Abordnung aus anderen Gründen nicht glücklich beziehungsweise überfordert. Zum einen erfolgte die Aufforderung, im Homeoffice zu arbeiten, oftmals sehr plötzlich, so dass man sich weder mental darauf einstellen noch organisatorische Vorbereitungen treffen konnte. Denn nicht jeder Homeworker verfügt über ein Arbeitszimmer mit Schreibtisch, ergonomischem Arbeitsstuhl, genügend Platz zum Ablegen von Unterlagen, einem PC mit großem Bildschirm, Drucker und dienstlichem Mobiltelefon. Hinzu kommt, dass jene Gruppe von Unfreiwilligen sich der besonderen Situation gegenübersieht, auf einmal ein oder mehrere Kinder neben der Arbeit zu betreuen. Gerade Kinder in jüngerem Alter können nicht einfach ins Kinderzimmer verfrachtet werden mit der Bitte, die nächsten vier Stunden Ruhe zu geben, da Mama oder Papa arbeiten muss. Dieser Spagat ist schwer bis unmöglich zu leisten, wie viele Eltern berichten.

Da nun aber die Situation ist, wie sie ist, müssen Homeworker das Beste daraus machen. Hier zehn Tipps, wie Homeoffice gelingen kann, ohne dass Mitarbeitende als nervliche Wracks enden.

Tipps für das freiwillige oder unfreiwillige Arbeiten im Homeoffice

1. Arbeiten zuhause - technische Ausstattung klären

Zuvorderst steht ein Gespräch mit der oder dem Führungsverantwortlichen über die notwendige technischen Voraussetzungen, die geschaffen werden müssen, um die Arbeit von zu Hause aus verrichten zu können. Zu klären wäre: Was wird an Technik unbedingt benötigt: Laptop, Tablet, Mobiltelefone, Sticks (Token), technische Möglichkeiten für Telefon- und Videokonferenzen. Was ist privat an Technik vorhanden und könnte genutzt werden und wie werden Sie – falls notwendig – im Umgang mit der neuen Technik unterwiesen? Gibt es Regelungen, die der Nutzung von privaten Geräten entgegenstehen? Abgeklärt werden muss auch, an wen Sie sich – am besten telefonisch – bei Verständnis- oder technischen Schwierigkeiten wenden können.

2. Notwendige Daten – Zugriff und Berechtigungen regeln

Unbedingt zu klären ist auch, wie Sie im Homeoffice Zugang zu Informationen und Daten der Verwaltung erhalten und wie die Aktenmitnahme oder -übertragung über das Netz vor dem Hintergrund der datenschutzrechtlichen Bestimmungen erfolgen kann. Das ist aber eine Frage, welche Ihre Führungskraft beantworten muss.

3. Arbeitsplatz– möglichst ergonomisch gestalten

Da, wie bereits erwähnt, nicht jede Mitarbeiterin oder jeder Mitarbeiter über ein eingerichtetes Homeoffice verfügt, sollten Sie sich für die erzwungene Dauer, soweit es räumlich möglich ist, einen separaten Arbeitsplatz einrichten. Separat heißt, eine Ecke, an der das Laptop nicht jedes Mal weggeräumt werden muss und Unterlagen liegen bleiben können. Beachten Sie dabei aber die Datenschutzbestimmungen. Es ist anstrengend und mindert die Arbeitsmotivation, wenn der „Arbeitsplatz“ jeden Morgen neu eingerichtet werden muss. Ein bequemer Stuhl, eine gute Arbeitsplatzbeleuchtung und ausreichend Platz, um Unterlagen abzulegen, sollten vorhanden sein, um sich wohlzufühlen, um Rückenschmerzen vorzubeugen.

4. Erreichbarkeit und Arbeitszeit regeln

Sofern Sie keine Bürgersprechstunde haben oder aus sonstigen Gründen erreichbar sein müssen, vereinbaren Sie mit Ihrem Vorgesetzten ein Zeitfenster für die Erreichbarkeit. Das schafft Orientierung und entlastet alle Beteiligten. Fehlt eine klare Regelung leistet ein Nicht-Erreichen Spekulationen Vorschub. Erreichbarkeit bedeutet aber nicht, dass man in ungewöhnlichen Zeiten nicht auch zu ungewöhnlichen Zeiten arbeiten kann. Wenn keine persönliche Anwesenheit am Telefon oder online zu bestimmten Zeiten notwendig ist, kann man die Arbeit auch frühmorgens, spätnachmittags, abends oder am Wochenende erledigen.

5. Arbeitsleistung – Erwartungen klären

Verknüpft mit der Frage, wie Arbeitszeiten und Erreichbarkeit geregelt wurden, ist die Frage, wann Arbeitsergebnisse geliefert oder rückgemeldet werden sollen. Es sollte verbindlich mit allen am Arbeitsprozess Beteiligten abgesprochen werden, wann E-Mail-Anfragen zu beantworten sind und Ad-hoc-Aufträge erledigt werden müssen. Besprechen Sie darüber hinaus mit Ihrem Vorgesetzten, welche Arbeit in welchem Umfang im Homeoffice erbracht werden soll. Was kann in dieser ungewöhnlichen Zeit geleistet werden, wo muss man Abstriche machen?

6. Regelmäßigen Austausch pflegen

Regelmäßiger Austausch mit der oder dem Vorgesetzten, aber auch mit Kolleginnen und Kollegen verhindern zum einen im Vorfeld Missverständnisse über Arbeitsaufträge und -erledigungen und beugen zum anderen dem Gefühl von Isoliertheit und dem beruflichen Abgehängtsein vor. Außerdem freut ein Kontakt auch die Kolleginnen und Kollegen, denen es ja nicht anders geht.

7. Spagat zwischen Kindern und Arbeit

Sind Kinder im Kindergarten- oder Grundschulalter zu betreuen, kann man versuchen, dem Tag gemeinsam eine Struktur zu geben, indem man zum Beispiel einen Plan mit festen Lern- und Spielzeiten erstellt. Ein Stundenplan strukturiert den Tag und assoziiert Kindern das Gefühl von Kindergarten und Schule. Es gibt inzwischen eine Vielzahl von Hörspielen, Hörbücher sowie Angebote von Fernsehsendern mit pädagogischem Hintergrund, mit denen man Kinder ohne größeren moralischen Bedenken auch mal für einige Zeit vor dem Fernseher beschäftigten kann. All das wird aber nicht verhindern, dass Ihr Kind oder Ihre Kinder einem plötzlichen Impuls folgen und Sie beim Arbeiten stören.

8. Pause machen – etwas anderes tun

Für produktives Arbeiten und das Wohlbefinden sind auch Pausen, die man – wie im Büro – unbedingt einlegen sollte. Nach längstens zwei Stunden ist eine Kurzpause und nach sechs Stunden eine längere Pause fällig. Die Pausen verbindet man idealerweise mit einem Ortswechsel zum Kaffeetrinken, Spazierengehen oder einer Entspannungsübung. Während der Pausen gilt es, bewusst etwas zu machen, was sich von der bisherigen Tätigkeit unterscheidet.

9. Auch im Homeoffice erlaubt – Feierabend machen

Beschäftigte arbeiten im Homeoffice meist mehr als die Kolleginnen und Kollegen im Büro. Zum einen entfällt der Kaffeeklatsch in der Etagenküche oder der kurze Besuch beim Kollegen im Nachbarbüro. Zum anderen haben die allermeisten Beschäftigten eine hohe innere Arbeitsmoral. Fenster zu putzen, anstatt zu arbeiten kommt für sie nicht in Frage. Untersuchungen haben gezeigt, dass Beschäftigte eher dazu neigen, im Homeoffice mehr und länger zu arbeiten als am regulären Arbeitsplatz. Ein Arbeitsende sollte also jeden Tag im Kalender stehen, denn Feierabend ist Feierabend, egal wo er angetreten wird.

10. Wenn Emotionen hochkochen – bewusst wahrnehmen und gegensteuern

Die Krise hat nicht nur eine medizinische, sondern auch eine psychologische Komponente. Die psychologischen Folgen einer Ausnahmesituation darf und kann man nicht ausklammern. Das heißt: Gefühle wie Angst, Panik, Trauer, Verzweiflung, aber auch Wut, Ärger, Zorn und Aggressionen werden mit großer Wahrscheinlichkeit wechselweise auftreten und sich Raum schaffen. Besser ist es, wenn dies nicht unkontrolliert erfolgt und Gefühle nicht in unerwünschtem Verhalten eskalieren. Es ist wichtig, dass man sich dieser durchaus berechtigten Emotionen bewusst ist und rechtzeitig gegensteuern kann. Dies gelingt durch einen Rückzug an einen Ort, an dem man für eine zeitlich begrenzte Dauer für niemanden erreichbar ist, oder – das Gegenteil – indem man sich mit anderen über die momentane Gefühlslage austauscht. Letzteres gilt insbesondere dann, wenn man alleine lebt. Es gibt inzwischen auch psychologische Online-Trainings zur Gefühlsregulation, wie „Hello Better“ oder „Selfapy“, die allerdings kostenpflichtig sind, aber über manche Krankenkasse abgerechnet werden können.

Passen Sie auf sich auf und denken Sie daran: Jede Krise geht irgendwann einmal vorüber.

In diesem Sinne grüßt Sie,


Dr. Fritzi Wiessmann,
Arbeits-, Betriebs- und Organisationspsychologin, Frankfurt


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