Liebe Leserinnen und Leser,
beim Thema „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ wurde bislang besonders die Situation von Müttern berücksichtigt. Inwieweit sich Väter parallel zur Berufstätigkeit um ihre Kinder kümmern und welche Formen der Unterstützung sie sich seitens der Arbeitgeber wünschen, ist bislang wenig bekannt. Frau Prof. Dr. Bettina Franzke1 hat sich in einer Studie mit diesen Fragen auseinander gesetzt. Die Erkenntnisse aus ihrer Studie liefern Anregungen, wie auch für Väter die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessert werden kann. In einem Gastbeitrag gibt Frau Franzke Auskunft über ihre Studie:
Mann- und Vatersein sind im Umbruch
Väter, die sich mit hohem Engagement in die Erziehung und Betreuung ihrer Kinder einbringen und überdurchschnittlich viel Zeit mit ihren Kindern verbringen, werden als „neue“ oder „aktive“ Väter bezeichnet. Die bisherigen Studien zeigen, dass derzeit in weniger als 20 Prozent aller Familien neue Vaterschaft gelebt wird (vgl. Li, Zerle-Elsäßer, Entleitner-Phleps & Schier, 2015). Keine der bisherigen Studien hat berufsfeldspezifische Besonderheiten näher betrachtet. Dementsprechend ist auch über den Anteil neuer Väter und die Ausgestaltung von Vaterschaft bei Beschäftigten im öffentlichen Dienst – über rein statistische Zahlen beispielsweise zur Nutzung von Elternzeit hinaus – nichts bekannt.
Forschungsfragen einer neuen Studie
Es stellen sich also die Fragen: Wie leben im öffentlichen Dienst beschäftigte Väter? Welche Eigenschaften schreiben sie sich zu? Wie gestaltet sich für sie der Spagat zwischen Beruf und Familie? Wie zufrieden sind sie mit den Angeboten ihres Arbeitgebers zur Vereinbarkeit? Nutzen sie diese überhaupt? Diesen Fragen wurden in einer neuen Studie beantwortet. Es wurden 80 Interviews mit Vätern beim Landschaftsverband Rheinland geführt und die Daten aus einem studentischen Projekt einer Detailanalyse unterzogen. Nachfolgend Auszüge aus den Ergebnissen:
Neue Väter sind im Kommen
Unter den Befragten ist eine große Vielfalt an Lebensweisen und Identitäten vertreten. Dabei sind erste Ansatzpunkte für sog. neue Vaterschaft zu erkennen:
Väter sind mehrheitlich Hauptverdiener
Gleichzeitig werden weiterhin traditionelle Rollen praktiziert: Die Mehrheit der Väter lebt im Hauptverdiener-Zuverdienerin-Modell. Nur eine Minderheit ist bereit, ihre Arbeitszeit zugunsten der Familie zu reduzieren. Der Verzicht auf Einkommen ist für fast keinen Vater realisierbar. Die Rollen als Ernährer und Versorger sind weiterhin fester Bestandteil der männlichen Identität.
Überwiegend Verständnis im kollegialen Umfeld und Vorgesetzten
Zwei Drittel der Väter erfahren im kollegialen Umfeld und von Vorgesetzten Verständnis für ihre elterlichen Aufgaben. Ob Kinder ein Hindernis für die Karriere sind, darüber gehen die Meinungen weit auseinander. So reagiert ein Vater auf die Frage, ob Kinder einer beruflichen Entwicklung förderlich oder hinderlich sind, mit Skepsis, wenn er sagt: „Man könnte das schon als starken Bremsklotz empfinden.“ Dagegen behauptet ein anderer: „Kinder sind ein Geschenk – immer!“ Unterschiedlicher könnten die Aussagen von Vätern kaum sein.
Angebote zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie wenig bekannt
Es gibt aber auch Aspekte des Vaterseins, in denen sich die Väter ähnlicher sind. Angebote zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie sind teils nicht bekannt. Manche Väter fühlen sich auch von den Angeboten nicht angesprochen und wünschen sich mehr Information oder arbeitsfeldspezifische Angebote. Pflegefälle bilden für zehn Prozent der Väter eine Alltagsnormalität.
Erste Handlungsempfehlungen
Als Handlungsempfehlungen sind zu nennen:
ausrichten, Führungskräfte und Ansprechpersonen in den Personalabteilungen sensibilisieren
Öffentliche Arbeitgeber können die Ergebnisse der Studie nutzen, um ihre Personalstrategien, Arbeitszeitmodelle sowie Angebote zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie in Bezug auf Väter weiterzuentwickeln.
Soweit der Gastbeitrag von Prof. Franzke. Weitere Informationen zur Studie finden Sie unter
www.professor-franzke.de/pdf/Franzke_Neue_Vaeter_Gibt_es_sie_2020.pdf
Herzlichst
Andreas Gourmelon
1 Bettina Franzke, Professorin für interkulturelle Kompetenzen und Diversity-Management an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung NRW, Abteilung Köln
Quelle:
Li, X., Zerle-Elsäßer, C., Entleitner-Phleps, C. & Schier, M. (2015). Väter 2015: Wie aktiv sind sie, wie geht es ihnen und was brauchen sie? Eine aktuelle Studie des Deutschen Jugendinstituts. München: AIDA, Wissenschaftliche Texte. Download unter: www.dji.de/fileadmin/user_upload/bibs2015/Vaeterreport_Langfassung.pdf
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