Liebe Leserinnen und Leser,
im Blog vom 2.11.2021 hatte ich Ihnen eine Studie zur Wirksamkeit von Personalmarketingmaßnahmen vorgestellt. Dabei schnitten die sozialen Medien hinsichtlich der Wirksamkeit nicht gut ab. Bei der Studie von Thielsch, Erdal und Merhof (2021) wurde eine hinsichtlich Alter, Geschlecht und Schulabschluss repräsentative Stichprobe der Arbeitsbevölkerung befragt. Zeigen sich ähnliche Ergebnisse im Hinblick auf soziale Medien auch, wenn eine deutlich jüngere Stichprobe befragt wird? Welche Wirkung haben soziale Medien bei der Anwerbung von Abiturienten‘? Diese Fragen können mit den Ergebnissen der Studie von Samantha Märker im Ansatz beantwortet werden.
Samantha Märker, Absolventin der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung NRW (HSPV), befragte im Mai 2022 291 Studierende der HSPV, die im September 2021 dort mit ihrem Studium begonnen hatten. Die Befragung erfolgte schriftlich, anonym und online.
99,3 % der Befragten nutzen das Internet länger als eine Stunde am Tag, rund ein Drittel der Studierenden mehr als vier Stunden. Nur drei der 291 Befragten nutzen keine sozialen Medien. In folgenden sozialen Medien sind die Studierenden aktiv (in Klammern die Prozentzahl der Studierenden; Mehrfachantworten sind möglich):
Es wird deutlich, dass Facebook seine Rolle als soziales Leitmedium bei dieser jungen Gruppe verloren hat und WhatsApp ein extrem weit verbreiteter Messenger ist.
Die Studierenden wurden weiterhin danach gefragt, wie sie sich über Stellenangebote und Unternehmen informiert haben. Über 90 % der Befragten geben an, nie TikTok, WhatsApp, Twitter, Xing oder LinkedIn hierfür verwendet zu haben. Facebook haben über 80 %, Youtube über 70 % und Instagramm über 60 % nie für diesen Zweck verwendet. Zum Vergleich: die Agentur für Arbeit nutzten 60 %, Zeitungen über 40 % und Job-/Karrieremessen über 30 % nie zur Suche nach Stellenangeboten oder Informationen zu Unternehmen. Frau Märker fragte auch danach, wie sehr die einzelnen Personalmarketingmaßnahmen die Studierenden angesprochen haben; die Bewertungen sind aus Abbildung 1 ersichtlich.
Abbildung 1: Bewertung verschiedener Personalmarketingmaßnahmen aus Sicht der Studierenden (Skala von 5 = „spricht mich sehr an“, 4 = „ spricht mich eher an“, 3 = „neutral“, 4 = „ spricht mich eher nicht an“, 1 = „ spricht mich gar nicht an“; n = 290; aus Märker, 2022, S. 36).
Bei der Bewertung der sozialen Medien decken sich die Ergebnisse im Wesentlichen mit denen von Thielsch, Erdal und Merhof (2021): nicht nur der Durchschnitt der deutschen Arbeitsbevölkerung, auch jüngere Menschen bewerten soziale Medien im Hinblick auf das Personalmarketing eher negativ.
Eine weitere Frage war, durch welche Personalmarketingmaßnahme die Studierenden erstmals auf das Angebot Ihrer Einstellungsbehörde aufmerksam wurden; zudem sollten sie auch angeben, welches die ausschlaggebende Quelle war. In Tabelle 1 sind die Ergebnisse wiedergegeben.
Informationskanal / Personalmarketingmaßnahme |
Erstmals auf die Einstellungsbehörde aufmerksam wurden von den Studierenden … |
Ausschlaggebend für die Bewerbung bei der Einstellungsbehörde war die Maßnahme für … % der Studierenden |
Persönliche Kontakte |
50,0 % |
47,6 % |
Unternehmenswebsite |
22,1 % |
30,9 % |
Jobportale |
8,3 % |
6,3 % |
Job-/Karrieremessen |
7,6 % |
6,6 % |
Zeitung |
3,8 % |
2,4 % |
|
2,1 % |
1,0 % |
Agentur für Arbeit |
1,7 % |
1,0 % |
Broschüren |
1,4 % |
2,4 % |
Bewerbertage |
1,4 % |
0,6 % |
Youtube |
0,7 % |
0,6 % |
|
0,7 % |
0,6 % |
|
0,0 % |
0,0 % |
TikTok |
0,0 % |
0,0 % |
|
0,0 % |
0,0 % |
|
0,0 % |
0,0 % |
Die bedeutsamste Personalmarketingmaßnahme bei den Befragten war mit Abstand der Kanal „Persönliche Kontakte“, hiernach folgt die eigene Website sowie mit gebührendem Abstand Jobportale sowie Job-/Karrieremessen. Die sozialen Medien haben in Bezug auf den Erstkontakt sowie als ausschlaggebende Quelle keine Rolle gespielt.
Erneut zeigt sich, dass der Aufwand, der von Einstellungsbehörden für den Einsatz von sozialen Medien im Personalmarketing erbracht wird, kritisch hinterfragt werden muss. Soziale Medien werden im Freizeitbereich intensiv genutzt, bei der Berufs- und Jobwahl jüngerer Menschen scheinen sie so gut wie keine Rolle zu spielen. Vielleicht sind wir - was die Einschätzung der Bedeutsamkeit sozialer Medien im Personalmarketing angeht – den Werbeaktivitäten von Facebook und Co. auf den Leim gegangen.
Herzlichst
Ihr Andreas Gourmelon
Quellen:
Märker, S. (2022). Effektivität und Akzeptanz des Personalmarketings in sozialen Medien. Unveröffentlichte Bachelorthesis. Gelsenkirchen: Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung NRW.
Thielsch, M. T., Erdal, D. & Merhof, V. (2021). Recruiting aus Sicht der Bewerber_innen. Zeitschrift für Arbeits- und Organisationspsychologie, 65 (3), 123 – 137.
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