Newsletter - AKVO
Am 15.05.2017 wurde die lange erwartete neue „Kontrollverordnung“ der EU verabschiedet. Sie trat am 27.04.2017 in Kraft, gilt aber in weiten Teilen erst ab dem 14.12.2019. Lediglich die Artt. 92-101 ersetzen bereits ab dem 29.04.2018 die bisherigen Artt. 32 und 33 der VO (EG) Nr. 882/2004. Die Vorschriften zum Schutz vor Pflanzenschädlingen (Art. 1 (2) lit. g) gelten erst ab dem 29.04.2022.
Die neue Verordnung dient dazu, die geltenden Bestimmungen in einzelnen Rechtsbereichen entlang der Lebensmittelkette zu straffen und zu vereinfachen. Hierzu werden Bestimmungen über amtliche Kontrollen, die bisher in anderen Verordnungen geregelt waren in die neue Verordnung aufgenommen, z. B. aus dem Bereich der Tierischen Nebenprodukte, und der Anwendungsrahmen insgesamt erweitert, z. B. um Vorschriften zur Pflanzengesundheit und Pflanzenschutzmitteln und Lebensmittelkontaktmaterialien.
Wesentliche Inhalte der neuen Kontrollverordnung betreffen die Aufgaben der amtlichen Tierärzte, Regelungen zur Gebührenerhebung und Maßnahmen, ein umfassender Schutz für sog. „Whistleblower“ und Durchführung von Kontrollen.
Amtliche Tierärzte (Artt. 5, 17, 18, 49, 55):
In Art. 17 werden die Begriffe „unter der Verantwortung des amtlichen Tierarztes“ sowie „unter der Aufsicht des amtlichen Tierarztes“ definiert, wodurch endlich Klarheit bzgl. der Einsatzmodalitäten von amtlichen Fachassistenten geschaffen wird.
In Art. 18 werden der Umfang der Kontrollen in der Fleischproduktion, im Prinzip die bisherigen Art. 4 und 5 der VO (EG) Nr. 854/2004, festgelegt. Zugleich werden die Möglichkeiten Personal von Schlachtbetrieben bei diesen Kontrollen einzusetzen, deutlich erweitert, z. B. bei der amtliche Fleischuntersuchung in Geflügelschlachtbetrieben. Wie diese Flexibilität auf Bundesebene ausgelegt werden wird, bleibt abzuwarten.
Im Übrigen wird die VO (EG) Nr. 854/2004 im Ganzen durch die neue Kontrollverordnung aufgehoben, die detaillierten Vorgaben zur Durchführung der amtlichen Kontrollen in Frischfleischbetrieben werden durch die EU in Durchführungsrechtsakten festgelegt werden müssen, deren konkreter Inhalt ebenfalls abzuwarten bleibt.
Gebührenerhebung (Artt. 79 -83):
Die zwingende Vorgabe, dass Erstkontrollen (außer bei Fleischbetrieben) kostenfrei zu sein haben (Art. 27 (10) und Art. 28 der VO (EG) Nr. 882/2004) ist entfallen. Auch hier ermöglicht die EU den Mitgliedstaaten größeren Entscheidungsspielraum, da es sich bei den Regelungen zu Gebühren und Kosten größten Teils um „Kann“-Bestimmungen handelt. Zusätzlich wird in Art. 83 festgelegt, dass bei Kontrollen aufgrund von Beschwerden eine Gebührenerhebung nur erfolgen darf, wenn diese Kontrolle zur Feststellung eines Verstoßes führt, und grundsätzlich wird die Möglichkeit zur Reduktion oder vollständigen Aussetzung von Gebühren (Art. 79) unter bestimmten Voraussetzungen eröffnet.
Maßnahmen (Artt. 65 – 69 und 137 – 140):
Die neue Verordnung ermächtigt und verpflichtet die zuständigen Behörden zu umfangreichen Maßnahmen im Falle von Verstößen gegen die Vorgaben der Verordnung. Dabei werden auch erstmals konkrete Vorstellungen der EU zur Höhe von Sanktionen gemacht (Art. 139). Die Maßnahmen beziehen sich nicht nur auf die betroffenen Unternehmer und deren Waren, sondern auch auf amtliches Personal im Falle der Ausstellung von falschen oder irreführenden Bescheinigungen (Art. 138 (5))!
„Whistleblower“ (Art. 140):
Mit Art. 140 wird das System der „Whistleblower“ institutionalisiert und die Mitgliedstaaten zur Einrichtung von Mechanismen, die die Meldung von Verstößen ermöglichen aufgefordert. Gleichzeitig werden die Mitgliedstaaten verpflichtet, die meldenden Personen vor Sanktionsmaßnahmen, Diskriminierung und anderen Arten ungerechter Behandlung zu schützen, sowie einen entsprechenden Schutz personenbezogener Daten sicher zu stellen.
Durchführung von Kontrollen (Artt. 8, 9, 11, 13):
Die Durchführung der amtlichen Kontrollen hat weiterhin risikoorientiert zu erfolgen (Art. 9), neu ist jedoch die explizite Forderung nach Berücksichtigung privater Qualitätssicherungsmechanismen, womit die Berücksichtigung der Eigenkontrollkonzepte des Betriebs bei der Festlegung der Kontrollfrequenzen ausdrücklich auf die Zertifizierung nach privaten Standards erweitert wird. Außerdem ist den Betroffenen Unternehmen zukünftig immer ein Kontrollbericht zu übermitteln, auch nach Kontrollen, in denen keine Verstöße festgestellt wurden (Art.13).
Art. 8 regelt die Verschwiegenheitspflichten der Behörden, unbeschadet der Forderungen nach Transparenz und Veröffentlich der allgemeinen Informationen zu Kontrollen, deren Ergebnissen und ergriffenen Maßnahmen (Art. 11). Zusätzlich wird die Möglichkeit zur Veröffentlichung individueller Kontrollergebnisse unter bestimmten Voraussetzungen eröffnet. Inwieweit in Deutschland von dieser Möglichkeit zur Einführung von sog. Hygienebarometern o. ä. gebrauch gemacht werden wird bleibt abzuwarten.
Insgesamt ist festzuhalten, dass die neue Kontrollverordnung eine logische Entwicklung der bisherigen Erfahrungen mit dem EU-Recht im Bereich des Verbraucherschutzes darstellt. Wie sich die Umsetzung im Detail gestalten wird, hängt von den noch zu erlassenden Durchführungsverordnungen der EU, der Auslegung durch den Bund und ggf. entsprechende Regelungen der Länder ab.
Dr. Anja Laudien
Regierung von Oberbayern
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