Der Ausgangspunkt
Mit Einführung des sogenannten Hygienepaketes entstand, vor allem im Rindfleischsektor, eine Art Zweiklassen-Gesellschaft. Tiere, die im Schlachthof/Schlachtbetrieb geschlachtet wurden, waren mit einem Genusstauglichkeitskennzeichen zu versehen und das so gewonnene Fleisch konnte EU-weit vermarktet werden. Tiere die im Herkunftsbetrieb aufgrund eines Unfalles notgeschlachtet werden mussten, durften zwar zum weiteren Zurichten noch in den zugelassenen Schlachtbetrieb, von dort an waren sie jedoch nur noch durch registrierte Betriebe zu vermarkten. Dies hatte zur Folge, dass Schlachtbetriebe mit zugelassener Zerlegung/Verarbeitung, das Fleisch nicht weiter verwenden konnten und dafür Abnehmer außerhalb des eigenen Betriebes suchen mussten. Zudem war ein gesondertes nationales Genusstauglichkeitskennzeichen anzubringen, wodurch das Fleisch leicht für jedermann als Ergebnis einer Notschlachtung zu erkennen war. Auch wenn bei korrekter Notschlachtung nicht davon auszugehen ist, dass das Fleisch mangelhaft ist, gestaltete sich die Vermarktung oft schwierig. Im Ergebnis sank die Bereitschaft der Schlachtbetriebe notgeschlachtete Tiere anzunehmen. Die genannten Einschränkungen galten jedoch nicht für Tiere, die im Schlachtbetrieb einen Unfall erlitten und dort geschlachtet wurden. Folglich dauerte es nicht lange, bis die Idee aufkam, den Schlachthof, oder zumindest einen Teil davon, zum transportunfähigen Tier zu bringen, um eine Schlachtung im Schlachthof durchführen und damit die Vermarktungsbeschränkungen umgehen zu können. Relativ bald wurden diese mobilen Schlachtanlagen auch für andere transportunfähige Tiere, die „wilden Weiderinder“ eingesetzt. Für diese Tiere gab es vor der Einführung des § 12 (2) Tier-LMHV keine legale und tierschutzkonforme Möglichkeit der Schlachtung, außer der Haltungsbetrieb war selbst ein zugelassener Schlachtbetrieb.
Weitere Entwicklung
Mittlerweile dürfen im Herkunftsbetrieb notgeschlachtete Tiere, die anschließend in einen zugelassenen Schlachtbetrieb verbracht werden und nicht genussuntauglich beurteilt werden, uneingeschränkt vermarktet werden. Für die „wilden Weiderinder“ besteht die Möglichkeit zur Durchführung der Schlachtung im Herkunftsbetrieb, auch mit Kugelschuss, ohne weitere Vermarkungsbeschränkungen. Einzige Wermutstropfen hierbei sind evtl. noch die Anwesenheit eines Tierarztes bei der Betäubung des notzuschlachtenden Tieres bzw. das Beantragen der Ausnahmegenehmigung für die Weiderinder. Abgesehen davon ist die ursprüngliche Daseinsberechtigung der mobilen Schlachtanlagen jedoch weggefallen. Dennoch gewinnt die Idee der mobilen Schlachtanlage immer mehr Anhänger, vor allem für den Einsatz bei extensiv gehaltenen Rindern, die die Anforderungen für eine Ausnahmegenehmigung nach § 12 (2), die ganzjährige Freilandhaltung, nicht erfüllen, trotzdem aber kaum bis gar nicht transportfähig sind. Für diese Tiere und vor allem für Ihre Halter, stellt sich die mobile Schlachtung als äußerst werbewirksame, weil transportvermeidende, Alternative dar.
Anforderungen
Die AFFL (Arbeitsgruppe Fleisch- und Geflügelfleischhygiene und fachspezifische Fragen von Lebensmitteln tierischer Herkunft ) hat sich daher mit dem Thema befasst und grundlegende Anforderungen an mobile Schlachtanlagen, mögliche Probleme und deren Lösungsmöglichkeiten in einer Projektgruppe erarbeitet und ist dabei zu folgenden Ergebnissen gekommen:
Grundsätzlich gelten für mobile oder teilmobile Schlachtanlagen dieselben Anforderungen wie an andere Schlachtbetriebe was die baulich-strukturelle Gestaltung, die Betriebs- und Prozesshygiene und die Ausgestaltung des Eigenkontrollkonzeptes angeht. Welche Anforderungen die mobile Einheit im Einzelnen erfüllen muss, hängt vom Umfang der dort durchgeführten Tätigkeiten ab. Soll im mobilen Teil z. B. nur die Entblutung durchgeführt werden, reicht ein „Raum“, der über Wände, Decke und Boden verfügt, und zum Zeitpunkt der Schlachtung (hier die Entblutung) geschlossen wird. Eine Wanne oder ein halbhoher, oben offener Anhänger reichen dafür nicht aus, auch wenn nach der Entblutung zum Transport eine Plane zur Abdeckung darüber gespannt wird. Der „Raum“ muss leicht zu reinigen und desinfizieren sein, das abfließende Blut muss aufgefangen und der ordnungsgemäßen Entsorgung zugeführt werden. Zudem muss eine angemessene Handwaschmöglichkeit und hygienische Bevorratung von einwandfreien Messern vorhanden sein. Wichtig zu beachten ist, dass zwar die Betäubung außerhalb stattfinden kann, die Entblutung aber zwingend in der mobilen Einrichtung durchgeführt werden muss. Die Vorgaben der Tierschutzschlachtverordnung sind unbedingt einzuhalten und es bedarf einer guten technischen Lösung um sicherzustellen, dass die maximale Zeitspanne von 60 Sekunden zwischen Betäubung und Entblutungsstich sicher eingehalten werden können. Ebenfalls notwendig ist eine geeignete Fixiereinrichtung um die Betäubung richtig ansetzen zu können. Diese kann aber auch zum jeweiligen Herkunftsbetrieb gehören, was in der Praxis die wahrscheinlichere Lösung sein wird, da die Tierhalter auch für andere Maßnahmen an den Tieren Fixiereinrichtungen benötigen. Diese Einrichtung sollte den Tieren dann bereits vertraut sein und auch zu den Tieren passen.
Zulassung
Grundsätzlich ist das Vorgehen bei der Zulassung einer (teil-)mobilen Schlachtanlage analog dem Verfahren bei der Zulassung eines stationären Schlachtbetriebes zu betrachten. Zu beachten ist dabei, dass eine teilmobile Anlage stets zu einem stationären Schlachtbetrieb gehört und in dessen Zulassungsbescheid aufgenommen werden muss. Hier müssen ggf. weitere Nebenbestimmungen, wie z. B. die zulässige Höchsttransportdauer vom Einsatzort zum stationären Schlachtbetrieb oder Einrichtungen, die am Einsatzort zu stellen sind, aufgenommen werden, sowie eine Möglichkeit zur Dokumentation des Ergebnisses der Schlachttieruntersuchung durch den am Einsatzort zuständigen amtlichen Tierarzt. Für vollmobile Anlagen muss auch eine Regelung zum Umgang mit dem Genusstauglichkeitskennzeichen getroffen werden. In diesen Fällen erfordert auch die Sicherstellung einer angemessenen Überwachung und Durchsetzung ggf. notwendiger Maßnahmen einen besonderen Abstimmungsbedarf unter den beteiligten Behörden.
Autorin: Dr. Anja Laudien, Regierung von Oberbayern
Sammlung deutscher und internationaler Vorschriften mit Hinweisen
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