Bisher war der Transport von trächtigen Tieren in fortgeschrittenem Gestationsstadium (>90%) nach Anh. I Kap. I Nr. 2c der VO (EG) Nr. 1/2005 verboten. Diese Regelung ist zwar einerseits umfangreicher als die Vorschriften des TierErzHVerbG, da sie alle Wirbeltiere umfasst und jeden Transport, grundsätzlich unabhängig vom Zweck des Transportes. Allerdings sind einige Ausnahmen zu berücksichtigen. So sind Transporte durch Landwirte, die Tiere in ihren eigenen landwirtschaftliche Fahrzeugen im Rahmen jahreszeitlich bedingter Wanderhaltung transportieren ebenso ausgenommen, wie Transporte durch Landwirte, die ihre eigenen Tiere in eigenen Transportmitteln über eine Entfernung von weniger als 50km ab ihrem Betrieb transportieren. Zudem sind Verstösse gegen diese Vorschriften der VO (EG) Nr. 1/2005 nicht unmittelbar ahndbar, da ein entsprechender Verweis in den Bußgeld- bzw. Strafvorschriften des Tierschutzgesetzes oder der Tierschutztransportverordnung fehlen. In diesen Fällen ist eine Ahndung lediglich über §§ 17 oder 18 des Tierschutzgesetzes möglich, erfordert aber ein umfangreiches fachliches Gutachten, um erfolgreich zu sein.
Demgegenüber reglementiert das TierErzHVerbG nur die Abgabe zur Schlachtung, andere Transporte sind hier nicht erfasst. Außerdem sind nur Säugetiere erfasst, wobei wiederum Schafe und Ziegen vom Verbot ausgenommen sind, so dass letztlich nur die Abgabe von trächtigen Rindern, Sauen und Pferden tatsächlich betroffen ist. Deren Abgabe zur Schlachtung ist jedoch bereits im letzten Drittel der Trächtigkeit verboten und unmittelbar über § 7 als Ordnungswidrigkeit, auch bei Fahrlässigkeit, ahndbar.
Zu beachten ist, dass der Gesetzgeber auch im Falle des TierErzHVerbG eine Ausnahmemöglichkeit vom Abgabeverbot vorgesehen hat. In Fällen, in denen die Tötung eines Tieres im letzten Drittel der Trächtigkeit nach tierseuchenrechtlichen Bestimmungen vorgeschrieben oder angeordnet worden ist oder im Einzelfall nach tierärztlicher Indikation geboten ist und überwiegende Gründe des Tierschutzes einer Abgabe zur Schlachtung nicht entgegenstehen, gilt das Verbot der Abgabe zur Schlachtung nicht. Im zweiten Fall muss der behandelnde Tierarzt dem Tierhalter unverzüglich eine Bescheinigung auszuhändigen, aus der sich deren Voraussetzungen einschließlich der von ihm festgestellten Indikation ergeben.
Diese Regelung wird voraussichtlich zu erheblichen Schwierigkeiten in der Praxis führen. Einerseits geht aus der Formulierung des Gesetzestextes klar hervor, dass nur eine tierärztliche Indikation zur Tötung des Tieres die Ausnahmemöglichkeit eröffnet. Wirtschaftliche Überlegungen die zur Tötung eines ansonsten behandelbar erkrankten Tieres führen, rechtfertigen die Abgabe zur Schlachtung nicht. Damit sollte sich die Inanspruchnahme der Ausnahmemöglichkeit auf wenige Einzelfälle beschränken, es ist jedoch davon auszugehen, dass von Seiten der Landwirtschaft mitunter nicht unerheblicher Druck auf die praktizierenden Tierärzte ausgeübt werden wird. Die Überprüfung der Rechtmäßigkeit ausgestellter Bescheinigungen dürfte wiederum eine Herausforderung für die Überwachung darstellen. Inwieweit ein Tierarzt für das unrechtmäßige Ausstellen einer Bescheinigung belangt werden kann ist noch nicht abschließend geklärt.
Das ahndbare Verbot der Abgabe von trächtigen Säugtieren zur Schlachtung ist aus Tierschutzsicht eindeutig zu begrüßen. Inwieweit mit dieser Regelung eine tatsächliche Verbesserung des Schutzes trächtiger Nutztier erreicht wird, wird sich erst noch zeigen müssen.
Dr. Anja Laudien
Regierung von Oberbayern
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