1. Grundsätzliche Geltung der Datenschutz-Grundverordnung
Ab 25. Mai 2018 werden für den Beschäftigtendatenschutz grundsätzlich die allgemeinen Vorschriften der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) über die Zulässigkeit der Datenverarbeitung gelten, insbesondere Art. 6 bis 9. Denn spezielle Regelungen zum Beschäftigtendatenschutz gibt es in der DSGVO nicht. Lediglich einzelne Vorschriften erwähnen Arbeitsverhältnisse (wie Art. 9 Abs. 2 Buchst. b und h DSGVO).
2. Öffnungsklausel für den nationalen Gesetzgeber
Für den Beschäftigtendatenschutz bringt Art. 88 DSGVO (in Verbindung mit Erwägungsgrund 155) eine Öffnungsklausel für die Mitgliedstaaten. In den Mitgliedstaaten können durch den nationalen Gesetzgeber oder durch Kollektivvereinbarungen Datenschutzvorschriften hinsichtlich der „Verarbeitung personenbezogener Beschäftigtendaten im Beschäftigungskontext“ geschaffen oder aufrechterhalten werden.
3. Wer ist Beschäftigter?
Der Begriff des Beschäftigten wird in der DSGVO nicht eigens definiert. Zum europäischen Beschäftigtenbegriff gehören nicht nur Arbeitnehmer, sondern alle abhängig Beschäftigten, also z. B. auch Beamte, Bewerber, Auszubildende und Praktikanten. Schon das bisherige Bundesdatenschutzgesetz geht in § 3 Abs. 11 von diesem Personenkreis aus.
4. Was kann geregelt werden
Gemäß Art. 88 Abs. 1 DSGVO können der nationale Gesetzgeber und auch Kollektivvereinbarungen die Verarbeitung von Beschäftigtendaten insbesondere für folgende Zwecke regeln:
Zusätzlich erwähnt Erwägungsgrund 155 als Thema die Bedingungen, unter denen personenbezogene Daten auf der Grundlage einer Einwilligung des Beschäftigten verarbeitet werden dürfen.
5. Kollektivvereinbarungen als zulässiges Regelungsmittel
Datenschutzregelungen können auch durch Kollektivvereinbarungen geschaffen werden. Hierzu gehören neben Tarifverträgen auch Dienst- und Betriebsvereinbarungen, was durch die ausdrückliche Erwähnung von Betriebsvereinbarungen im Erwägungsgrund 155 bestätigt wird. Als Themen für Dienst- und Betriebsvereinbarungen bieten sich insbesondere die Themen Personalfragebögen, Personalverwaltungsverfahren, Zeiterfassung, Telefondatenerfassung, Internetnutzung, Videoüberwachung, Zugangskontrollen und Telearbeit an.
6. Grenzen der Regelungsbefugnis der Mitgliedstaaten
Die DSGVO erlaubt „spezifische“ (bzw. „spezifischere“) Vorschriften, also Vorschriften, die den Bereich „Beschäftigtenkontext“ konkretisieren.
Eine Absenkung des Schutzniveaus der DSGVO ist unzulässig. Nach Art. 88 Abs. 2 DSGVO müssen die nationalen (gesetzlichen oder kollektivrechtlichen) Vorschriften angemessene und besondere Maßnahmen zur Wahrung der menschlichen Würde, der berechtigten Interessen und der Grundrechte der betroffenen Person umfassen. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Transparenz der Verarbeitung und die Überwachungssysteme am Arbeitsplatz. Vorschriften, die Art.88 Abs. 2 DSGVO nicht beachten, sind auf Grund des Anwendungsvorrangs des EU-Rechts ohne weiteres unanwendbar.
7. Rechtslage für Arbeitnehmer bayerischer Behörden ab 25. Mai 2018
a) Geltung Art. 6 bis 9 DSGVO
Bisher gilt für Arbeitnehmer bayerischer öffentlicher Stellen das Bayer. Datenschutzgesetz, insbesondere Art. 15 bis 19 BayDSG. Ab 25. Mai 2018 wird für Arbeitnehmer bayerischer öffentlicher Stellen die DSGVO einschlägig sein, vor allem Art. 6 bis 9 DSGVO.
Nach Art. 6 Abs. 1 DSGVO ist eine Datenverarbeitung insbesondere zulässig, wenn sie
Mit Hilfe dieser Generalklauseln wird man zu den gleichen Ergebnissen kommen wie bisher nach Art. 16 bis 19 BayDSG.
Für besondere Kategorien personenbezogener Daten, wie Angaben über die Gesundheit (z. B. die Schwerbehinderteneigenschaft) ist Art. 9 DSGVO einschlägig. Die Verarbeitung solcher Daten ist z. B. nach Art. 9 Abs. 2 Buchst. b zulässig, wenn sie erforderlich ist, damit die aus dem Arbeitsrecht und dem Recht der sozialen Sicherheit und des Sozialschutzes erwachsenden Rechte ausgeübt und die diesbezüglichen Pflichten erfüllt werden können. Damit sind z. B. Datenübermittlungen an Sozialversicherungen erlaubt. Das gleiche gilt nach Art. 9 Abs. 2 Buchst. h, wenn die Verarbeitung u. a. für Zwecke der Gesundheitsvorsorge und der Arbeitsmedizin sowie für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit der Beschäftigten erforderlich ist.
b) Einwilligung als Rechtsgrundlage
Daneben kommt auch die Einwilligung als Rechtsgrundlage in Frage (Art. 6 Abs. 1 Unterabsatz 1 Buchst. a, Art. 7 DSGVO), allerdings nur in einem untergeordneten Umfang.
Die Einwilligung muss gemäß Art. 4 Nr. 11 DSGVO freiwillig, für den bestimmten Fall und unmissverständlich abgegeben werden. Die Freiwilligkeit ist im Beschäftigungsverhältnis wegen der Abhängigkeit gegenüber dem Arbeitgeber (oder Dienstherrn) ein besonderes Problem. Falls die Einwilligung unter Druck abgegeben wird oder die Nichteinwilligung tatsächliche oder potentielle Nachteile zur Folge hat, kann von Freiwilligkeit nicht die Rede sein.
Freiwilligkeit setzt voraus, dass der Beschäftigte die Einwilligung ablehnen kann, ohne dass er bei Ablehnung oder einem künftigen Widerruf mit Nachteilen rechnen muss. Denn nach Erwägungsgrund 42 (letzter Satz) sollte nur dann davon ausgegangen werden, dass die betroffene Person ihre Einwilligung freiwillig gegeben hat, wenn sie eine echte oder freie Wahl hat und somit in der Lage ist, die Einwilligung zu verweigern oder zurückzuziehen, ohne Nachteile zu erleiden.
Nicht zulässig wäre es, den Abschluss eines Arbeitsvertrages von der Erteilung einer Einwilligung zur Verarbeitung von solchen personenbezogenen Daten abhängig zu machen, die zur Erfüllung des Arbeitsvertrages nicht erforderlich sind. Dies gilt insbesondere, wenn Bewerber in die Stellung von Fragen einwilligen sollen, die unzulässig sind (z. B. nach der Schwangerschaft). Dies ergibt sich aus Erwägungsgrund 43 (letzter Satz), wonach eine Einwilligung nicht als erteilt gilt, wenn die Erfüllung eines Vertrages von der Einwilligung abhängig ist, obwohl diese Einwilligung für die Vertragserfüllung nicht erforderlich ist. Der gleiche Gesichtspunkt ergibt sich auch aus Art. 7 Abs. 4 DSGVO. Zwar sprechen Erwägungsgrund 43 (letzter Satz) und Art.7 Abs.4 DSGVO nur von der „Erfüllung eines Vertrages“. Die dort getroffenen Aussagen gelten aber wegen der Schutzbedürftigkeit der Betroffenen erst recht für den Abschluss eines Vertrages.
Einwilligungen werden nur in einigen Fällen angemessen sein, z. B. bei der Einwilligung in angemessene Kontrollmaßnahmen zur Missbrauchsabwehr, wenn die private Internetnutzung erlaubt wird. Hier hat der Beschäftigte eine echte Wahlmöglichkeit. Denn auf die private Internetnutzung am Arbeitsplatz ist ein Beschäftigter nicht angewiesen. Auch Einwilligungen für die Aufnahmen von Fotos in das Behördenintranet kommen in Frage.
Auf den ersten Blick ist die DSGVO großzügig hinsichtlich der Form. Die Einwilligung kann schriftlich, mündlich oder auch nur konkludent abgegeben werden („in Form einer Erklärung oder einer eindeutigen bestätigenden Handlung“, Art. 4 Nr. 11 DSGVO). Die konkludente Einwilligung scheidet allerdings bei besonderen Kategorien personenbezogener Daten im Sinn des Art. 9 Abs. 1 DSGVO aus, da dort eine „ausdrückliche“ Einwilligung notwendig ist (Art. 9 Abs. 2 Buchst. a DSGVO). Wichtig ist auch Erwägungsgrund 32 (Satz 3), wonach „Stillschweigen, angekreuzte Kästchen oder Untätigkeit“ keine Einwilligung darstellen. Im Ergebnis wird die nichtschriftliche Einwilligung keine große Bedeutung erlangen, da der Verantwortliche die Einwilligung nachweisen können muss (Art. 7 Abs. 1 DSGVO).
8. Rechtslage für bayerische Beamte ab 25. Mai 2018
Die bisherigen bereichsspezifischen Regelungen für Beamte bayerischer öffentlicher Stellen in § 50 Beamtenstatusgesetz und Art. 102 ff. Bayer. Beamtengesetz können aufrechterhalten werden. In den zuständigen Fachministerien wird lediglich geplant, mit Hilfe entsprechender Änderungsgesetze die Begriffe an die Nomenklatur der DSGVO anzupassen. Zum Beispiel kann an der bisher üblichen Formulierung „erheben, verarbeiten und nutzen“ nicht festgehalten werden, da künftig der neue (Ober)Begriff „Verarbeitung“ auch das Erheben und das Nutzen umfasst (Art. 4 Nr. 2 DSGVO). Auch bei Beamten kommt in beschränktem Umfang die Einwilligung als Rechtsgrundlage in Betracht (wie vorstehend bei Arbeitnehmern Nr. 7 b).
9. Rechtslage für Bundesbeamte ab 25. Mai 2018
Die bisherigen bereichsspezifischen Datenschutzvorschriften für Beamte des Bundes in §§ 106 ff. Bundesbeamtengesetz können aufrechterhalten werden. Im zuständigen Bundesministerium wird lediglich geplant, in einem Änderungsgesetz die Begriffe an die Nomenklatur der DSGVO anzupassen. Auch bei Bundesbeamten kommt in beschränktem Umfang die Einwilligung als Rechtsgrundlage in Betracht (wie vorstehend bei Arbeitnehmern Nr. 7 b).
10. Rechtslage für Arbeitnehmer der Bundesbehörden und der Privatwirtschaft ab 25. Mai 2018
Die Bundesregierung hat am 2. 2. 2017 einen Gesetzentwurf vorgelegt, der insbesondere eine Neufassung des Bundesdatenschutzgesetzes enthält (Datenschutz-Anpassungs- und -Umsetzungsgesetz EU, DSAnpUG-EU, BRDrs 110/17 vom 2. 2. 2017). Die Bundesregierung übernimmt in ihrem Gesetzentwurf im Wesentlichen die bisherige für Beschäftigte von öffentlichen Stellen des Bundes und von nicht-öffentlichen Stellen geltende Vorschrift § 32 BDSG (nunmehr § 26). Die Vorschrift wird lediglich in einigen Punkten in Hinblick auf die DSGVO ergänzt. Die bisherige Definition des Beschäftigten in § 3 Abs. 11 BDSG wird als § 26 Abs. 8 einbezogen. Die Vorschrift gilt nicht für Bundesbeamte, da §§ 106 ff. Bundesbeamtengesetz vorgehen.
Der Bundesrat hat mit Beschluss vom 10. 3. 2017 (BRDrs 110/17) die Bundesregierung gebeten, zeitnah einen Gesetzentwurf mit spezifischen Regelungen zur Datenverarbeitung im Beschäftigungskontext vorzulegen. Zum einen seien bereits die geltenden Regelungen zum Beschäftigtendatenschutz in § 32 BDSG ergänzungs- und überarbeitungsbedürftig gewesen. Zum anderen sei aufgrund der expliziten Vorgaben in Art. 88 Abs. 2 DSGVO eine weitere gesetzliche Konkretisierung zum Schutz der Rechte und Freiheiten der Beschäftigten erforderlich. Schon aus Zeitmangel – das Gesetz soll vor der Bundestagswahl beschlossen werden – aber auch wegen der umstrittenen Materie ist mit einem solchen Arbeitnehmerdatenschutzgesetz in absehbarer Zeit nicht zu rechnen.
Auch für Beschäftigte von öffentlichen Stellen des Bundes und von nicht-öffentlichen Stellen kommt in beschränktem Umfang die Einwilligung als Rechtsgrundlage in Betracht (wie vorstehend bei Nr. 7 b).
Christian Peter Wilde
Mitautor Datenschutz in Bayern
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