Datenschutz für Arbeitnehmer bei Bayerns Behörden wie bei Beamten

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Newsletterausgabe Oktober/November/Dezember 2020:

Seit 1. Januar 2020 besteht ein Gleichlauf beim Datenschutz für alle Beschäftigten bayerischer öffentlicher Stellen. Für Beamte und Vertragsbeschäftigte (also der Arbeitnehmer, Auszubildenden und Praktikanten) gelten die gleichen Datenschutzbestimmungen. Dies gilt auch für die jeweiligen Bewerber. Dies ist die Folge des neuen Art. 145 Abs. 2 Bayer. Beamtengesetzes (BayBG).

1. Neuer Art. 145 Abs. 2 BayBG

Seit Anfang Januar 2020 gelten für die Personalakten der Vertragsbeschäftigten bayerischer öffentlicher Stellen die für Beamte anzuwendenden Datenschutzvorschriften entsprechend, also § 50 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) und Art. 103 bis 111 Bayer. Beamtengesetz (BayBG). Und für Bewerber für eine Tätigkeit als Vertragsbeschäftigte gilt Art. 103 BayBG entsprechend. Dabei bleiben Regelungen durch Tarifvertrag unberührt.

Dies bestimmt der neue Absatz 2 des Art. 145 BayBG, der sich unauffällig in einem Artikelgesetz versteckte, nämlich im „Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften vom 23. Dezember 2019“ (GVBl S. 724). Nach der Gesetzesbegründung soll mit dieser Regelung vor allem eine weitgehend einheitliche Personalaktenführung ermöglicht werden, dies auch im Hinblick auf die Einführung der elektronischen Personalakte.

Lediglich bei Art. 110 BayBG („Aufbewahrung und Vernichtung von Personalakten“) besteht eine Besonderheit. Diese Vorschrift kann im Hinblick auf die Aufbewahrungsfristen nur insoweit entsprechend angewandt werden, soweit nicht anderweitig durch Gesetz oder Tarifvertrag längere Fristen der vertraglich Beschäftigten vorgesehen sind. So ist z. B. eine längere Aufbewahrungsfrist im Hinblick auf die Altersversorgung bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) nötig, da Ansprüche darauf gemäß § 18a Betriebsrentengesetz erst nach 30 Jahren verjähren.

2. Maßgebliche Datenschutzvorschriften im BayBG und BayDSG für alle Beschäftigten bayerischer öffentlicher Stellen

Für alle (aktiven und ehemaligen) Beschäftigten bayerischer öffentlicher Stellen, gleich ob Beamte oder Vertragsbeschäftigte, sowie für die jeweiligen Bewerber, sind also folgende Grundsätze maßgeblich (soweit Vorschriften des BayBG und des BeamtStG erwähnt werden, gelten sie bei Vertragsbeschäftigten und ihren Bewerbern entsprechend).

a) Aktive und ehemalige Beschäftigte

Es muss zwischen Personalaktendaten und Sachaktendaten unterschieden werden.          

aa) Personalaktendaten

Personalaktendaten sind alle papierförmigen oder elektronischen Unterlagen, deren Daten den Beamten betreffen, soweit sie mit seinem Dienstverhältnis in einem unmittelbaren inneren Zusammenhang stehen, also seine dienstliche Stellung und Verwendung (Begründung, Durchführung, Beendigung oder Abwicklung des Dienstverhältnisses) zum Gegenstand haben.

Für die Zulässigkeit der Verarbeitung solcher Personalaktendaten gelten neben § 50 Satz 4 BeamtStG und der Generalklausel des Art. 103 Satz 1 BayBG die insoweit vorrangigen Spezialvorschriften der Art. 104 bis 111 BayBG. Nach der Generalklausel des Art. 103 Satz 1 BayBG dürfen Daten verarbeitet werden, soweit dies zur Durchführung organisatorischer, personeller und sozialer Maßnahmen, insbesondere zu Zwecken der Personalverwaltung oder Personalwirtschaft erforderlich ist.

Somit sind für die Zulässigkeit der Verarbeitung von Personalaktendaten folgende Bestimmungen wesentlich:

  • Für die Erhebung gilt Art. 103 Satz 1 BayBG.

  • Für die Nutzung (innerhalb der personalverwaltenden Stelle) gelten Art. 103 Satz 1 BayBG und § 50 Satz 4 BeamtStG.

  • Für Datenübermittlungen gilt Art. 108 BayBG.

bb) Sachaktendaten

Sachakten sind in Abgrenzung zu Personalakten alle papierförmigen oder elektronischen Unterlagen, deren Inhalt (Daten) nicht in einem unmittelbaren inneren Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis eines Beamten steht, sondern „die besonderen, von der Person und dem Dienstverhältnis sachlich zu trennenden Zwecken dienen“ (vgl. Art. 104 Abs. 3 Satz 1 BayBG). Sachaktendaten dienen der Personalwirtschaft. Zu den Sachakten gehören z. B. Vorgänge der Personalplanung, der Stellenausschreibung, des Ausleseverfahrens und der Stellenbesetzungsberichte mit Eignungsvergleich verschiedener Kandidaten, sowie das Erstellen von Geschäftsverteilungs- plänen, Telefonverzeichnissen und Türschildern. Sachakten sind auch Prüfungs-, Sicherheits- und Kindergeldakten (vgl. Art. 104 Abs. 3 Satz 1 BayBG).

Für Sachakten gilt grundsätzlich das allgemeine Datenschutzrecht, insbesondere gelten Art. 4 bis 8 BayDSG. Die Vorschriften des Bayer. Beamtengesetzes kommen nur in Ausnahmefällen zur Anwendung. So gilt Art. 107 BayBG nicht nur für Ansprüche der Betroffenen auf Auskunft (im Wege der Einsichtnahme) aus ihrer Personalakte, sondern auch für Auskünfte „aus anderen Akten“. Und Art. 104 Abs. 3 Satz 2 BayBG regelt die Möglichkeit, die Sachakte „Kindergeld“ mit dem jeweiligen Personalakt „Besoldung und Versorgung“ verbunden zu führen.

Somit sind für die Zulässigkeit der Verarbeitung von Sachaktendaten folgende Bestimmungen wesentlich:

  • Für die Erhebung gelten Art. 4 und 8 BayDSG.

  • Für die Nutzung (innerhalb der öffentlichen Stelle) gelten Art. 4 Abs. 1, Art. 6 und 8 BayDSG. Somit richtet sich die Zulässigkeit der Angabe von Beschäftigtendaten im Intranet der öffentlichen Stelle nach Art. 4 Abs. 1 BayDSG (siehe Newsletter März/April 2020 unter Nr. 3 a).

  • Für Datenübermittlungen gelten Art. 5, 6 und 8 BayDSG. Somit richtet sich die Zulässigkeit der Veröffentlichung von Beschäftigtendaten (z. B. über Beschäftigte mit Außenwirkung) im Internet auf der Homepage der öffentlichen Stelle nach Art. 5 Abs. 1 Nr. 1 BayDSG (siehe Newsletter März/April 2020 unter Nr. 1).

Die für die Personalwirtschaft erforderlichen personenbezogenen Daten können gemäß der Regelung zur Zweckbestimmung in § 50 Satz 4 BeamtStG und Art. 103 Satz 1 BayBG auch den Personalakten entnommen werden. Die genannten Vorschriften enthalten den Grundsatz, dass die Daten sowohl für die Personalverwaltung als auch für die Personalwirtschaft verarbeitet werden dürfen. Im Falle einer zulässigen „Entnahme“ von Daten aus der Personalakte können diese Daten ihren Charakter verändern und zu Sachakten werden.

b) Beamtenbewerber und Bewerber für Vertragsbeschäftigungen

Für Bewerber gilt vom BayBG nur Art. 103 BayBG zur Anwendung, bei Bewerbern für Vertragsbeschäftigungen in entsprechender Anwendung (gemäß Art. 145 Abs. 2 BayBG). Sonst gilt das allgemeine Datenschutzrecht.

3. Gesetzliche Verpflichtung zur Datenverarbeitung

Nach Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 Buchst. c, Abs. 3 DSGVO ist eine Verarbeitung personenbezogener Daten zulässig, wenn die Verarbeitung zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung (kraft Unionsrechts oder nationalen Rechts) erforderlich ist, der der Verantwortliche unterliegt. Als Beispiel lässt sich die Meldung des Arbeitgebers an die Einzugsstelle gemäß § 28a SGB IV nennen.

4. Zulässigkeit der Datenverarbeitung auf Grund von Tarifverträgen und Dienstvereinbarungen

Nach Art. 88 DSGVO können die Mitgliedstaaten bereichsspezifische Regelungen für die „Verarbeitung personenbezogener Daten im Beschäftigungskontext“ auch durch Kollektivvereinbarungen schaffen. Hierzu gehören neben Tarifverträgen auch Dienst- und Betriebsvereinbarungen. Als Themen für solche Vereinbarungen bieten sich insbesondere Personalfragebögen, Personalverwaltungsverfahren, Zeiterfassung, Telefondatenerfassung, Internetnutzung, Videoüberwachung, Zugangskontrollen und Telearbeit an.

5. Zulässigkeitsvorschriften unmittelbar auf Grund der DSGVO

Zusätzlich gelten für den Datenschutz der Beschäftigten bayerischer öffentlicher Stellen die unmittelbar geltenden Zulässigkeitsvorschriften der DSGVO.

Insbesondere kommt die Einwilligung gemäß Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 Buchst. a und Art. 7 DSGVO als Rechtsgrundlage in Frage, allerdings im öffentlichen Bereich nur in einem sehr untergeordneten Umfang. Soweit die Verarbeitung personenbezogener Daten für die Durchführung eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses oder für die Erfüllung der Aufgaben der Beschäftigungsbehörde erforderlich ist, bedarf es keiner Einwilligung. Die Verarbeitung erfolgt dann unmittelbar auf gesetzlicher Grundlage.

Die für eine wirksame Einwilligung gemäß Art. 4 Nr. 11 DSGVO notwendige Freiwilligkeit setzt voraus, dass der Beschäftigte die Einwilligung ablehnen kann, ohne dass er bei Ablehnung oder einem künftigen Widerruf mit Nachteilen rechnen muss. Der Betroffene darf vor allem keinem Gruppendruck ausgesetzt werden.

So läge ein unzulässiger Nachteil vor, wenn der Abschluss eines Arbeitsvertrages oder die Beamtenernennung von der Erteilung einer Einwilligung zur Verarbeitung von solchen personenbezogenen Daten abhängig gemacht würde, die zur Erfüllung des Arbeitsvertrages oder zur Aufgabenerfüllung des Dienstherrn nicht erforderlich sind. Dies gilt insbesondere, wenn Bewerber in die Stellung von Fragen einwilligen sollen, die unzulässig sind, z. B. nach der Schwangerschaft.

Auf Basis einer Einwilligung möglich ist etwa die Veröffentlichung des eigenen Fotos im Behördenintranet (siehe Newsletter März/April 2020 unter Nr. 2).

Weiteres Beispiel ist die Einwilligung der Beschäftigten in Kontrollmaßnahmen zur IT-mäßigen Missbrauchsabwehr als „Gegenleistung“ für das Einverständnis der Beschäftigungsbehörde zur privaten Mitnutzung der behördlichen Kommunikationseinrichtungen wie des Internets.

6. Keine Anwendung von § 26 BDSG

Die Vorschrift im Bundesdatenschutzgesetz zum Beschäftigtendatenschutz (§ 26 BDSG) gilt nicht für bayerische öffentliche Stellen (so § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 2 BDSG). Diese Vorschrift kommt nur für öffentliche Stellen des Bundes und für nicht-öffentliche Stellen zur Anwendung.

7. Ergebnis: Gleichlauf beim Datenschutz für alle Beschäftigten

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass seit 1. Januar 2020 ein Gleichlauf beim Datenschutz für alle Beschäftigten bayerischer öffentlicher Stellen besteht. Es ist also datenschutzrechtlich kaum mehr von Interesse, ob Daten verarbeitet werden von aktiven und ehemaligen Beamten und Beamtenbewerbern oder von aktiven und ehemaligen Vertragsbeschäftigten und Bewerbern für diese Beschäftigungen. Auf dieses Thema wird in der 33. Aktualisierung (Oktober 2020) des Kommentars „Datenschutz in Bayern“ ausführlich eingegangen.


Christian Peter Wilde

Mitautor DATENSCHUTZ IN BAYERN

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