Vor der Veröffentlichung des knapp hundertseitigen Artikelgesetzes bedurfte es noch offenbar langwieriger Prüfungen der verfassungsmäßigen Anforderungen an das Gesetzgebungsverfahren. Die Bundestagsfraktion der AfD hatte zuvor sogar vor dem Bundesverfassungsgericht (allerdings erfolglos) Fehler bis hin zur mangelnden Beschlussfähigkeit des Parlaments gerügt.
Für die Datenschutzpraxis öffentlicher Stellen in Bayern bringen die jetzt seit 26. November 2019 geltenden Anpassungen datenschutzrechtlicher Regelungen in mehr als 150 Fachgesetzen des Bundes keine grundlegenden sachlichen Änderungen mit sich. Die weit überwiegende Zahl der Rechtsänderungen betrifft vielmehr rein begriffliche Anpassungen (z.B. an den Verarbeitungsbegriff des Art. 4 Nr. 2 DSGVO), Verweisungen und im Einzelfall Beschränkungen der Betroffenenrechte der DSGVO wie etwa im neu gefassten § 68a des Personenstandsgesetzes (Art. 17 Nr. 2 des Gesetzesentwurfs).
Politisch kontroverse Änderungen wie die Anhebung des Schwellenwertes für die Benennpflicht bei betrieblichen Datenschutzbeauftragten im Bundesdatenschutzgesetz (§ 38 BDSG) bleiben für öffentliche Stellen in Bayern ohne praktische Bedeutung.
Mit dem 2. Datenschutz-Anpassungs- und Umsetzungsgesetz kommt die Anpassung des Bundesrechts an die Ergebnisse der EU-Datenschutzreform zu einem vorläufigen Endpunkt. Erste Eckpfeiler waren
Damit verbleiben nunmehr noch bei den datenschutzrechtlichen Vorschriften des Telekommunikationsgesetzes (TKG) und des Telemediengesetzes (TMG) letzte Rechtsbereinigungsaufgaben. Äußerungen aus dem hierfür federführenden Bundeswirtschaftsministerium lassen erwarten, dass noch vor dem Jahresende 2019 hierzu erste Entwürfe vorliegen werden.
Der Handlungsbedarf für die o.g. Anpassungen des deutschen Telekommunikations- und Telemedienrechts an die Datenschutz-Grundverordnung wird nicht zuletzt durch die weiterhin schleppenden Beratungen über den Entwurf einer ePrivacy-Verordnung (ePVO, vgl. BR-DRS. 145/17) erhöht. Obwohl Art. 95 DSGVO anordnet, dass die z.B. für den Einsatz von Cookies (vgl. zuletzt EuGH, 1.10.2019, Rs. C-673/17) maßgeblichen Regelungen der RL 2002/58/EG fortgelten soll, besteht weiterhin Konsens darüber, dass auch die Regelungen zum Schutz der Vertraulichkeit elektronischer Kommunikation an den technologischen Fortschritt angepasst werden müssen.
Angesichts zahlreicher Detailfragen konnte auch die bis Jahresende 2019 amtierende finnische Ratspräsidentschaft trotz intensiver Verhandlungen und zahlreicher Kompromissvorschläge nicht die erforderliche Mehrheit der Mitgliedstaaten dafür gewinnen, den Trilog mit dem Parlament aufzunehmen.
Neben der ePrivacy-Verordnung wird die erste Evaluation der Datenschutz-Grundverordnung (vgl. Art. 97 DSGVO) die europäischen genauso wie die deutschen Datenschutzexperten beschäftigen. Die Mitgliedstaaten haben bereits Beratungen über eine Stellungnahme des Rates aufgenommen, die die Erwartungen der Mitgliedstaaten an den Bericht der EU-Kommission zusammenfassen soll. Begleitend dazu hat nunmehr auch der Bundesrat die Anliegen der Länder in einem 22 Einzelpunkte umfassenden Forderungskatalog gebündelt (BR-Drs. 570/19).
Angesichts der vielfältigen Prüfanliegen darf aber nicht vergessen werden: eine Evaluation ist nichts anderes als eine Bestandsaufnahme und Bewertung, kein Gesetzgebungsverfahren in dem über Änderungen der Datenschutz-Grundverordnung entschieden wird. Die Datenschutz-Grundverordnung wird uns also auch im Jahr 2020 unverändert begleiten!
München, den 27. November 2019
Michael Will
Mitautor bei „Datenschutz in Bayern“
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